LEDcave Berlin: Virtual Reality für immersive dynamische Hintergründe
Rent Event Tec und Lichthaus stellen ihre VR-Entwicklungen LEDcave und CARcave vor.
Das Grundprinzip begleitet die Filmtechnik schon seit langer Zeit: die 1907 erstmals eingesetzte Rückprojektion. Sie war nie weg, aber sie hat sich seither natürlich massiv weiterentwickelt: mit LED-Wänden und schneller Computergrafik in Echtzeit haben sich neue Möglichkeiten eröffnet — und diverse LED-Volumes zeugen davon.
Nun zeigten Rent Event Tec und Lichthaus mit ihren Entwicklungen LEDcave und CARcave, was Stand der Technik ist: die Kombination realer und fantastischer Welten mit Schauspielern genauso wie die Neuerfindung von Fahrszenen.
»Das Interesse an der Technologie ist groß«, sagt Thilo Strack, Geschäftsführer und Initiator der LEDcave. Rund 200 Produzenten, Dienstleister, Werbeagenturen und Studenten von Filmhochschulen haben ihren Weg zum zweitägigen Open House der LEDcave sowie der CARcave an den Stadtrand Berlins gefunden, um sich selbst von der Technik überzeugen und beeindrucken zu lassen.
»Der Kunde kann es sich oft nicht vorstellen, welchen Nutzen und welche Wertigkeit unser Angebot für seine Produktion haben kann«, erläutert Strack.
Das ist nachvollziehbar, denn die LEDcave als Drehort mit einzubeziehen, bedeutet auch Routinen zu durchbrechen. Das muss man sich schon ansehen und zeigen lassen. Hinzu kommt die Frage, inwieweit sich der Einsatz neuer Technologie auf das Budget auswirkt.
Seeing is Believing
Die Branche befindet sich in einer »rasanten Entwicklung«, so Strack. Jedoch sei gerade die Kinobranche immer etwas zurückhaltender. Es sind Werbung, Produktionen für die Streamer, aber auch für das klassische Fernsehen, die den Weg bereiten und die die ersten Kunden der LEDcave sind.
Stracks Partner Mike Zimmermann von Lichthaus sagt: »Bei einer neuen Technologie wird immer erst einmal abgewartet. Das war mit den digitalen Kameras genauso. Doch dann kommt alles ins Rollen – wie auch jetzt!«
Auslöser für das Comeback der Produktion mit virtuellen Hintergründen war die Disney+-Serie »The Mandalorian«, die seit Ende 2019 verfügbar ist. Sie nutzt die gleiche Technologie, wie sie auch LEDcave anbietet. Für die Erschaffung der auf die Wand projizierten Welten wird Unreal Engine genutzt, eine Software zur Erstellung von fotorealistischen Echtzeit-3D-Visualisierungen, die aus dem Games-Bereich kommt. Die 3D-Synchronisierung der virtuellen Welt mit den Schauspielern vor der LED-Wand erfolgt mit Hilfe des Kamera-Tracking-Systems RedSpy von Stype.
RedSpy ist ein optisches Tracking-System, das mit Infrarot-LEDs arbeitet und auf der Kamera positioniert wird. Die von RedSpy gesammelten Tracking-Daten werden verwendet, um die Parallaxen-Verschiebungen im Hintergrund zu realisieren, wenn die Kamera Fahrten in die Tiefe, zur Seite und um Gegenstände herum durchführt.
Da die LEDcave mit einer Decke ausgestattet ist, sind auch Untersichten möglich.
Erste LED-Wand 2019 installiert
Die erste LED-Wand baute Rent Event Tec 2019 für die Netflix-Serie »Biohackers«, um dort einen Zug »fahren« zu lassen. Im gleichen Jahr entstand eine ARD-Produktion, die ebenfalls in einem Zug spielte.
Mit dem Beginn der Corona-Pandemie ein paar Monate später kam es zu einer Zwangspause des Veranstaltungsgeschäfts. Diese Zeit wurde genutzt, um über alternative Geschäftsideen nachzudenken. So wurde die erste LEDcave für die Werbeproduktion 2020 in Mannheim, dem Standort von Rent Event Tec, gebaut. Später kamen die Standorte in Köln und Berlin hinzu.
Um die Schwelle zur Nutzung der neuen Technologie für die Kinobranche abzusenken, geht Strack direkt zum Nachwuchs, der sich durch seine Technologieoffenheit auszeichnet, aber auch intensiver nach neuen visuellen Möglichkeiten Ausschau hält, um auf sich aufmerksam zu machen. Zum Open House wurde die riesige LEDcave von Studierenden der Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf bespielt. Cadenza Zhao drehte hier ihren Abschlussfilm, den dystopischen Sci-Fi-Kurzfilm »Ewigkeit in einem Traum«, der in Kooperation mit 3Sat entsteht und dessen Welt bis auf ein paar Props im Vordergrund komplett in Unreal Engine entstanden ist.
LEDcave Berlin
Die LEDcave Berlin hat eine Höhe von 6,5 m und beschreibt einen Bogen von 40 m Länge. Die einzelnen LED-Panels sind 50 x 50 cm groß. Durch den modularen Aufbau lassen sich fehlerhafte LEDs nicht nur schnell austauschen, die Wand kann bei Bedarf auch kleiner ausfallen — je nachdem was benötigt oder gewünscht wird. In der großen Version, wie sie in Berlin präsentiert wurde, sind rund 1.020 Panels in der Wand und rund 1.000 in der Decke verbaut. Die Panels sind eigene Designs und werden in Asien gefertigt und auch dort vor Ort abgenommen.
Rent Event Tec hat die Entwicklung der LEDcave angestoßen. Das Unternehmen kommt aus dem Veranstaltungsbereich, hat dort schon lange Erfahrung mit LED-Wänden gesammelt und konnte diese Erfahrungen mit den daraus resultierenden Anforderungen in eigene Entwicklungen überführen. Als nächstes Produkt kommt ein gebogenes LED-Panel mit High-End-LEDs auf den Markt, um konkave Wände noch nahtloser bauen zu können. »Wir glauben an die Zukunft der LED-Technologie und werden unser Standbein LEDcave deshalb weiter führen und entwickeln, auch wenn das Veranstaltungsgeschäft mit Wucht zurückgekommen ist«, erklärt Thilo Strack.
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CARcave
Ergänzt wird die LEDcave Berlin durch die kleinere CARcave. Hier können Fahrtszenen neu gedacht und realisiert werden. Die Kamera ist in ihrer Position absolut frei, so dass sie sich dynamisch am Fahrzeug bewegen kann. Durch die Leuchtkraft der LEDs wird gleichzeitig eine Spiegelung auf dem Fahrzeuglack und den Scheiben erzeugt, so wie es auch in einem natürlichen Umfeld geschieht.
»Die CARcave ist absolut revolutionär!«, erzählt Mike Zimmermann begeistert. »Es ist ein Quantensprung! Man hat andere Blicke auf eine Autofahrt, kann andere Perspektiven herstellen und durch die Spiegelungen wirkt sie absolut authentisch.«
Die Plates für die Hintergründe dreht LEDcave entsprechend den Anforderungen der Produktion: mit einem Fahrzeug, das mit bis zu neun Kameras bestückt wird. Dabei kann auch der Himmel erfasst werden, um auch hier authentisch und realistisch wirkende Reflexionen erzeugen zu können.
Beispielproduktionen
Zu den Produktionen, die LEDcave und CARcave bisher genutzt haben, gehören neben Kunden aus der Werbung die Realfilm-Produktion für Netflix »Schlafende Hunde«, der Berlin-Tatort »Das Mädchen, das alleine nach Hause ging« oder die Sci-Fi-Comedyserie »Tender Hearts« von Odeon Fiction und Sky Deutschland (Bericht) sowie als Kinoproduktion »Tár« mit Cate Blanchett.
Mehr Möglichkeiten, mehr Locations
Die LEDcave in Köln ist darüber hinaus für Live-Produktionen, Industriepräsentationen oder Produkt-Launches für bis zu 500 Menschen ausgerüstet und zugelassen.
Die Technologie ist prinzipiell nicht an ein Studio gebunden. Sie kann überall aufgebaut werden. Aber in der Regel ist es einfacher, ein Büro in die LEDcave zu bringen, als die LED-Panels als Backdrop vor einem echten Bürofenster aufzubauen. Es sei denn, man macht es wie jener Kreative, der sich seine eigene LEDcave hat bauen lassen, um sie zugleich als privaten Kinosaal zu nutzen.