Wertvolles Filmmaterial digitalisiert: IWF-Filmarchiv
In Filmarchiven finden sich wahre Schätze, aber das Heben ist ein enormer administrativer wie auch technischer Aufwand. Nun wird das Archiv des IWF digitalisiert — von der Technischen Informationsbibliothek in Hannover in Zusammenarbeit mit Film-Digital.
Film-Digital digitalisiert das Filmmaterial mit dem Scanner Spinner S – und rettet damit im Auftrag des TIB wertvolle Filme, die für Wissenschaftler, aber auch für Produzenten verfügbar werden sollen.
Manche kennen es noch aus früheren Zeiten: das Institut für den wissenschaftlichen Film (IWF) in Göttingen, das als gemeinnützige Einrichtung von Bund und Land die Wissenschaft und Bildung förderte. Das Institut machte wissenschaftliche Filme zugänglich und brachte es seit seiner Gründung im Jahr 1956 auf über 8.500 Medien, die man einsehen, ausleihen und später über ein Online-Portal auch abrufen konnte. Die Zeit ging aber auch am IWF nicht spurlos vorbei, es wurde 2010 aufgelöst.
Der Filmbestand des IWF inklusive aller Rechte ging Ende 2012 auf die Technische Informationsbibliothek (TIB) in Hannover über. Die TIB macht nun die Filme sukzessive über ihr TIB AV-Portal online zugänglich – und klärt auch die Rechte, die damit verbunden sind. Dahinter steckt ein enormer administrativer wie auch technischer Aufwand.
»Die Erhaltung des Filmbestandes des IWF ist eine besonders anspruchsvolle Aufgabe«, betont Thomas Bähr, Leiter des Bereichs Bestandserhaltung und Langzeitarchivierung an der TIB. Er erklärt weiter: »Es geht dabei nicht nur um die Frage der Umwandlung einer analogen Nutzungsform in eine digitale, sondern um einen Transformationsprozess, der auch umfangreiche Metadaten erfasst.« Um diesen Transformationsprozess erfolgreich zu gestalten, braucht es eine intensive Zusammenarbeit zwischen Restaurierung, Digitalisierung und Langzeitarchivierung.
Das IWF-Filmarchiv
Die ethnologische Filmsammlung des ehemaligen IWF umfasst 1.953 Filme. Was die Sammlung so besonders macht, sind die Inhalte, denn der Filmbestand dokumentiert Bräuche und handwerkliche Traditionen, aber auch kulturelle Prozesse unterschiedlichster Volksgruppen und Ethnien. Viele davon existieren heute gar nicht mehr, sodass diese Filme die letzten Zeugnisse vergangener Völker und Kulturen sind. Durch die Digitalisierung sollen sie für die Forschung und Lehre – in erster Linie in den kleineren Fächern Ethnologie, Anthropologie und Filmwissenschaften – zugänglich gemacht werden.
Das findet aktuell statt, und zwar im Rahmen von DELFT, was für »Digitalisierung Ethnologischer Filmbestand« steht. Teil des Projekts sind auch Langzeitarchivierung, Erschließung von Metadaten und Einbindung der digitalisierten Filme in das Portal für audiovisuelle Medien der TIB.
Film-Digital
Film-Digital aus Wedemark bei Hannover ist ein Unternehmen, das sich bereits seit 18 Jahren mit dem Thema Filmdigitalisierung auseinandersetzt. Die Firma hat schon eine Vielzahl an Lösungen entwickelt, um Super-8, Normal-8- und 16-mm-Filme zu digitalisieren (siehe auch früherer Artikel). Das Unternehmen bietet dafür Produkte, aber auch Dienstleistungen an.
Im vergangenen Jahr wählte die TIB dann Film-Digital als Dienstleistungspartner für das Delft-Projekt aus. »Wir dürfen somit den ethnologischen Filmbestand des IWF digitalisieren«, erläutert Ulrike Schmidt, Inhaberin von Film-Digital.
»Bevor es soweit war, mussten allerdings viele technische Fragen geklärt werden«, ergänzt Karl-Heinz Wulff, der als technischer Leiter von Film-Digital für die Entwicklung zuständig ist. Wulff hat unter anderem etliche eigene Produkte des Unternehmens entwickelt, die es ermöglichen, S8 und 16-mm-Filme mit umgebauten Filmprojektoren zu digitalisieren (Artikel).
Standards für die Digitalisierung von Archiven
Wenn es darum geht, ein Filmarchiv zu digitalisieren, stellen sich viele Fragen: In welchem Format liegen die Filme des Archivs vor? In welchem Zustand sind die Filme? Sind die Filme durch das Essigsäure-Syndrom schon geschrumpft, gewellt oder verdreht? Welcher Scanner eignet sich für das Abtasten des jeweiligen Materials am besten? Welcher passt vom Budget her in das Projekt? Und zudem: In welcher Auflösung und in welchem Format soll digitalisiert werden?
All das sind Fragen, die in Fachkreisen immer wieder diskutiert werden— und mit jeder neuen Entwicklung, jedem neuen Format und jedem neuen Scanner verändert sich die Diskussionsgrundlage.
Viele große Filmarchive, etwa die Library of Congress in den USA oder das Irish Film Institute haben für ihre Archive bestimmte, eigene Standards definiert. Andere beschäftigen sich noch weiter mit dem Thema. Für die Digitalisierung von 16-mm-Material haben sich jedoch die folgenden Parameter als gemeinsamer Nenner der Digitalisierung herauskristallisiert.
- Es wird mindestens in 2K gescannt, das originale Seitenverhältnis wird in jedem Fall erhalten.
- Hochwertige Einzelbildscanner nehmen dpx-Dateien auf. Je nach Framerate entstehen bei 16-mm-Filmen 1.440 Frames pro Minute. Die entsprechenden Bild- und Datenraten sollen in Echtzeit gescannt werden.
- Der Film wird nur über zahnlose Walzen transportiert, damit er durch den Scanvorgang nicht beansprucht wird.
- Die Schrumpfung wird gemessen und die Spannung des Films wird daran angepasst.
- Alle auf dem Film befindlichen Informationen, auch im Randbereich, werden mitgescannt (Overscan).
- Die Rohdaten werden nach dem Scan über Skripte verlustfrei komprimiert, etwa mit Matroska-Containern (mkv). Die Einzelbilder können später wieder verlustfrei extrahiert werden.
- Die Transkodierungen werden mit Hilfe von Prüfsummen überwacht.
- Die Metadaten des Scans werden mitgeliefert.
- Derivate, also »handlichere« Nutzungskopien, werden zusätzlich für den Gebrauch kodiert.
- Alle Informationen über den Urzustand des Films (etwa pH-Wert) und über die Vorgänge in der Digitalisierung werden dokumentiert.
Seite 1: IWF, TIB, Standards für Digitalisierung von Archiven
Seite 2: Technik bei Film-Digital, Spinner S
Seite 3: Workflows und Anforderungen
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