TU München: Rauch und Wolken für die Computeranimation
Rauch und realistisch aussehende Wolken sind immer noch extrem schwer zu simulieren. Forscher und Forscherinnen der Technischen Universität München (TUM) haben dafür eine neue Methode entwickelt, die sogar die Animationstechnik insgesamt revolutionieren könnte.
Nils Thürey, Professor für Games Engineering an der TU München, und die Doktorandin Mengyu Chu stellen eine neue Methode vor, mit der sich Wolken und Rauch realistischer animieren lassen — und die auch andere Bereiche der Animationstechnik revolutionieren könnte. Chu und Thürey haben dabei klassische Simulations-Algorithmen mit Deep-Learning-Techniken kombiniert. Deep Learning gehört zum Bereich des maschinellen Lernens, bei dem Muster und Zusammenhänge aus großen Datenmengen erkannt werden.
Prof. Dr. Nils Thürey weiß aus eigener Erfahrung, wie zeitaufwändig, mühsam und auch teuer die Produktion von Simulationen ist – er hat in Hollywood als Research & Development Lead unter anderem an Spezialeffekten von Filmen wie „»Iron Man 3« und »Super Man: Man of Steel« mitgearbeitet. Für seine Forschung auf dem Gebiet der physikalischen Simulation für visuelle Effekte und Computer Generated Imagery (CGI) gewann er bereits einen Technical Oscar. Der Professor für Games Engineering an der TU München beschäftigt sich in seiner Forschung vor allem mit der Simulation von Flüssigkeiten und Gasen, sogenannten Fluiden. Diese realistisch darzustellen, ist extrem schwierig.
»Um die Feinheiten von realem Rauch oder Wolken darstellen zu können, benötigt man eine extrem hohe räumliche Auflösung«, erklärt Doktorandin Mengyu Chu. »Das erfordert sehr viel Rechenleistung und führt zu enorm teuren Simulationen, die quälend lange brauchen, bis sie ausgespielt sind.«
Thürey ergänzt: »Die Simulation einer Rauchwolke kann einen ganzen Tag in Anspruch nehmen – oder auch mehr. Und wenn dem Regisseur die Simulation dann nicht gefällt, muss der Grafiker wieder bei Null anfangen.«
Der virtuelle Bibliothekar
Bei der neu entwickelten Methode dient ein umfangreiches Archiv von bereits bestehenden Simulationen als Basis. Von den Simulationen existieren jeweils zwei Versionen: Eine grobe, ungenaue Vorberechnung und die physikalisch korrekte, aufwändig erstellte Version. Der deep-learning-basierte Algorithmus weiß, welche Paare zusammengehören und lernt daraus, einem unbekannten groben Entwurf die entsprechenden ausgefeilten Simulationen zuordnen zu können. Bei dem Algorithmus handelt es sich sozusagen um einen virtuellen Bibliothekar.
Algorithmus könnte in der Medizin angewendet werden
Chu und Thürey haben das Ziel, ein umfassendes Archiv von Simulationen zu entwickeln. »Wenn wir ein solches Archiv für digitale Spezialeffekte aufbauen könnten, hätten auch Produzenten mit einem kleinen Budget die Möglichkeit, einen Wolken- oder Rauch-Effekt zu nutzen, der bereits produziert wurde und ihn so zu verändern, dass es ihren Anforderungen entspricht«, sagt Chu.
»Momentan ist unsere Arbeit vor allem für die Film- und Computerindustrie interessant«, sagt Thürey. »Aber unser Ziel ist es, die Methode für alle Arten von realistischen Simulationen einzusetzen, zum Beispiel auch in der Medizin. Mich interessiert dabei besonders der Blutkreislauf im menschlichen Körper.«
In der Filmindustrie könnte die neue Methode viel Zeit und Geld sparen – im Krankenhaus sogar Leben retten.