IP-Special: Imagine, Jochen Kuhnen
Jochen Kuhnen ist Strategic Solution Manager EMEA bei Imagine. Im folgenden finden Sie die vollständige Version seiner Antworten auf die Fragen von film-tv-video.de.
IP for Broadcast gehörte zu den Topthemen der vergangenen Messen. Was verstehen Sie unter IP-basierter Produktion?
Im weitesten Sinne geht es bei IP-basierter Produktion darum, Signalverbindungen in einem Produktions-Workflow nicht mehr in SDI über Koax, sondern über Standard-IP-Netze zu führen. In der momentanen Diskussion geht es dabei um unkomprimierte SDI-Signale über IP. Geht es um komprimierte Signale, ist IP schon seit mehreren Jahren gängige Praxis. Unser Beitrag als Hersteller ist es zum einen, die Netzinfrastruktur bereitzustellen, zum anderen aber auch zunehmend Geräte wie Server, Processing-Equipment, Master Control Switches und mehr, mit IP-Schnittstellen auf den Markt zu bringen.
Aktuell gibt es unterschiedliche Ansätze und Standards, wenn es um IP-basierte Übertragung geht, darunter SMPTE 2022 und AVB. Welchen Standard unterstützt ihr Unternehmen und warum?
Es geht ja nicht darum, Koax-Kabel durch Ethernet-Kabel zu ersetzen, sondern es geht darum, Workflows mit Standard-IT-Technik zu realisieren, damit unsere Kunden die Effizienz und die Flexibilität erreichen, die nötig ist, um in dem sich schnell wandelnden Markt zu bestehen. Dafür ist IP-Konnektivität eine Voraussetzung. Wir befinden uns am Anfang der Entwicklung hin zu IP und die Kernfragen sind: »Was ist verfügbar?« und »Was funktioniert?«.
SMPTE 2022 hat zur Zeit die breiteste Unterstützung und erlaubt uns heute schon, Netze basierend auf Standard-IP-Switches mit hunderten Quellen und Senken zu realisieren, die auch die strikten Anforderungen nach Synchronität und Deterministik der Signale erfüllen. Daher: heute SMPTE 2022. Das heißt aber nicht, dass wir uns anderen Ansätzen verschließen. Wir erwarten kontinuierlich neue Ansätze, um etwa Video, Audio und Metadaten separat zu transportieren, um UHD oder andere neue Formate zu unterstützen. Entscheidend ist, das es sich um offene Standards handelt, auf deren Basis ein breites Ecosystem entstehen kann.
Welche Produktionsbereiche adaptieren nach Ihrer Einschätzung die neue IP-Technologie zuerst?
Vor einem Jahr hätte ich noch gesagt: Zuerst die Programmproduktion und Playout, Live-Produktion etwas später. Zwar sind in der Live-Produktion noch einige technische Herausforderungen zu meistern, aber ich glaube, dass gerade dort die Vorteile einer IP-Infrastruktur so gravierend sind, dass wir auch in diesem Bereich auf der IBC einige Ankündigungen erleben werden.
Was ist Ihr IP-Flaggschiff-Projekt oder -Produkt?
Lösungen, die wir bereits heute anbieten, sind eine IP-Infrastruktur basierend auf unseren SDI-IP-Gateways kombiniert mit Standard-IP-Switches verschiedener Hersteller, sowie integrierte Playout-Lösungen — Stichwort: Channel In A Box — mit IP-Schnittstellen. Beides ist bereits in einem Projekt mit ABC/Disney in USA installiert und geht kurz nach der IBC in den Live-Betrieb. Dabei handelt es sich um ein 8-Kanal-Playout System, das komplett virtualisiert ist und geografisch verteilt in Data-Centern in Las Vegas und Charlotte auf Standard-IT-Servern läuft. Die Master-Control-Einheit ist in New York, von dort werden bis zu 50% Live-Anteile in die Programme eingespielt. Alle Verbindungen sind über IP, zum Teil JPEG2000-komprimiert und zum Teil unkomprimiert nach SMPTE 2022-6. Das Schalten der Verbindungen erfolgt über Standard-IP-Switches, gesteuert über den Magellan SDN Orchestrator.
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