Postproduction, Test, Top-Story: 06.03.2009

Motu V4HD: HD-I/O über Firewire

Die I/O-Box V4HD von Motu in 19-Zoll-Rackbreite beinhaltet alle wichtigen Audio- und Video-Anschlüsse für das Einspielen, Konvertieren und das Monitoring von Audio- und Videosignalen mit einem PC-System. Der Nettolistenpreis von rund 2.500 Euro positioniert die Motu-Box näher an der etwas teureren Aja I/O HD als etwa an der MXO2 von Matrox, die für rund die Hälfte angeboten wird.

Schon mit der ersten Generation seiner Konverterbox, der V3HD, überraschte der Audiospezialist Motu und positionierte das Produkt vom Preis her unterhalb des damals einzigen direkten Konkurrenzprodukts I/O von Aja. Dabei hatte die V3HD vor allem mehr Audioanschlüsse und Anzeige-Instrumente zu bieten, war allerdings bei der Konvertierung auf den DVCPROCodec beschränkt.

Der Nachfolger V4HD kann jetzt zusätzlich direkt in Apples ProRes 422 wandeln — in voller HD-Auflösung im Raster 1.080 x 1.920. Damit ist bei der V4HD ein wesentlicher Nachteil gegenüber der I/O von Aja beseitigt. Außerdem beherrscht die V4HD nun auch den Umgang mit weiteren Formaten wie XDCAM EX.

Die Wandlung der Daten wird von der Hardware in der Box übernommen, so dass der Betrieb der V4HD wesentlich geringere Anforderungen an den Rechner stellt als etwa die MXO2 von Matrox (Test). Als Software-Partner akzeptiert die V4HD bei Mac-Systemen Final Cut Pro ab Version 6, bei Windows-Systemen Premiere Pro ab Version 2. Die Unterstützung von Premiere Pro auf Mac-Systemen ist nicht gegeben und laut Hersteller derzeit auch nicht geplant. Im Test wurde V4HD an verschiedenen Mac-Systemen im Zusammenspiel mit Final Cut Pro eingesetzt.

Software und Bedienung

Das massive und sehr stabile Gehäuse wirkt fast schon überladen, die Rückseite ist komplett mit Anschlüssen und die Vorderseite mit Bedienelementen und Anzeigen vollgepackt. Ein beiliegendes Befestigungsset erlaubt es, die Motu-Box in ein 19-Zoll-Rack einzubauen. Wie Ajas I/O HD wird V4HD über Firewire-400 oder -800 an den Rechner angeschlossen. Erfreulicherweise liefert Motu ein gedrucktes, ausführliches, wenn auch nur englischsprachiges Handbuch mit — heutzutage eine Seltenheit. Das Handbuch gibt zu den unterschiedlichsten Fragestellungen und Anforderungen kompetent und ziemlich verständlich Auskunft. Der deutsche Vertrieb Klemm-Media stellt zusätzlich eine deutsche Übersetzung zum Download bereit.

Vor der ersten Benutzung der Box muss zusätzliche Software auf dem Host-Rechner installiert werden. Nach Abschluss der Installation findet der Anwender vier neue Programme vor: Ein Setup-Programm für Audio, eines für Video, eines für den SMPTE-Setup sowie den Software-Audiomischer CueMix FX. Nach dem Anschließen und Einschalten der Box startet das Audio-Setup-Programm automatisch — zumindest am von film-tv-video.de für den Test eingesetzten Mac-System, funktionierte das so. Ein LC-Display an der Front der V4HD zeigt dann sofort den aktuellen Audio- und Video-Status an.

Das Kontrollfeld der Software für den Video-Setup ist grafisch ansprechend gestaltet und übersichtlich gegliedert, hier können die Videoeinstellungen vorgenommen werden. Das geht aber alternativ auch mit den Menütasten direkt an der V4HD-Hardware. Dort ist die Einstellung zwar letztlich wesentlich umständlicher, aber man kann viele Funktionen der Box auch im Stand-alone-Betrieb ohne Rechner nutzen und dann ist dieses autarke Bedienkonzept unabdingbar.

Mittels CueMix-Software, einem virtuellen Audiomischer, ist es möglich, am Rechner relativ komfortabel Pegel und Pans aller acht analogen Eingänge und von acht SDI-Eingängen einzustellen. Die am Rechner vorgenommenen Einstellungen bleiben auch im Stand-alone-Betrieb ohne Rechner erhalten. Das nachträgliche Justieren der Lautstärke mittels LC-Display direkt an der Box ist nicht ganz so komfortabel und einfach, aber auch das ist möglich.

Die Box ist im Betrieb zwar insgesamt recht leise, das Surren des Lüfters ist aber immer zu hören und so sollte man die V4HD möglichst nicht unmittelbar am Schnittplatz platzieren.

Audiofähigkeiten

Mit seinen Anschlüssen und der Samplingrate von bis zu 192 kHz ersetzt die V4HD-Box fast schon eine vollwertige, professionelle Audiokarte — lediglich Vorverstärkung und Phantomspeisung fehlen. Beides kann aber bei Bedarf in Form der 19-Zoll-Hardware Motu 8Pre zum Netto-Listenpreis von 620 Euro nachgerüstet werden.

Am V4HD-Gehäuse selbst stehen für den Ton vier XLR-Eingänge und vier XLR-Ausgänge zur Verfügung. Mittels einer optionalen Kabelpeitsche für den DB25-Anschluss kann die Audio-I/O-Funktionalität auf jeweils acht analoge Kanäle erweitert werden. Leider lassen sich die eingebauten XLR-Anschlüsse dann aber nicht mehr verwenden, so dass es bei maximal acht analogen Audiokanälen bleibt — digitale Kanäle stehen dagegen zusätzlich in größerer Zahl zur Verfügung (mehr dazu weiter unten).

Da alle Audiokanäle innerhalb der Softwares Motu Audio Setup und CueMix frei zugewiesen werden können, ist man mit der Motu-Box für fast alle Monitoring-Aufgaben gerüstet. Das Einstellen der Kanäle mittels CueMix ist übrigens sehr einfach, man darf nur nicht vergessen, die richtigen Einstellungen für das Zuweisen der Kanäle aus Final Cut Pro oder Premiere Pro vorzunehmen. In Premiere Pro ist dies übrigens erst ab der Version CS4 möglich.

Unter Einbeziehung allen Audiowege stehen bis zu 32 Audiokanäle zur Verfügung: Acht Embedded Audio-Kanäle über SDI, acht digitale AES/EBU-Kanäle und acht ADAT-Kanäle über die optischen Ein-und Ausgänge. Die AES/EBU-Kanäle verfügen über eine maximale Samplingrate von 96 kHz, die SDI-Audiokanäle über 48 kHz.

Nutzt man die HDMI-Schnittstelle als Ausgang, können maximal acht eingebettete Audiokanäle ausgeben werden. CueMix stellt neben der Lautstärkeanpassung auch übliche Mixerfunktionen wie Solo, Mute, Stereo-Pan und Talkback bereit. Es können bis zu 16 separate Stereo-Monitor-Mischungen erstellt werden. Die V4HD-Hardware ist somit auch eine gute Grundlage für eine Abhöranlage mit 7.1 Surround- und zwei Stereo-Mischungen — dafür ist nur relativ wenig weiteres Zubehör nötig.

Ein weitere kleine, aber wirklich gute Eigenschaft der Box ist die automatische Audio-Versatz-Kompensation, die bei der Ausgabe auf die verschiedenen Ausgänge zuverlässig funktionierte. Sollte dennoch die Synchronität verloren gehen, lässt sich das auch manuell nachjustieren.

Ein weiterer Unterschied der V4HD-Box zum Vorgängermodell ist die Integration von VITC und D-VITC.

Videoanschlüsse

Dass die Ausstattung auch im Videobereich üppig ist, zeigt ein Blick auf die Geräterückseite, wo die Buchsen dicht an dicht angeordnet sind. Es geht so eng zu, dass bei intensiver Bestückung das Lösen der BNC-Stecker zu einer Geduldsprobe werden kann und spitze Finger erfordert. Die beiden SD- und HD-Komponenten-Kanäle sind farblich gekennzeichnet. Das üppige Anschlussfeld bietet so gut wie alles, was man aktuell braucht — bis auf einen HDMI-Eingang: analoge Komponenten-, ein S-Video– und ein Composite-Ein- und Ausgang, sowie SDI-Buchsen. Dass HD- und SD-SDI-Anschlüsse dabei separat ausgeführt sind, bietet den Vorteil, Signale beider Typen parallel an unterschiedlichen Monitoren begutachten zu können. Sowohl die Aja I/O als auch die Matrox MXO2 bieten beispielsweise nur einen kombinierten SD- und HD-SDI-Ausgang. Auch eine RS-422-Schnittstelle bietet die Motu-Box.

Einspielen

Nach der Installation stehen zahlreiche Presets für DVCPROHD, ProRes 422 HD und unkomprimiertes SD zur Verfügung. ProRes 422 SD fehlt zwar in der Liste der Voreinstellungen, kann aber in den Aufnahmeeinstellungen selbst erstellt werden. Allerdings gibt es beispielsweise kein Offline-RT-Format, wenn man als »Digitizer« die V4HD auswählt. Vor der Aufnahme ist es notwendig, die entsprechenden Eingänge mit der Video-Setup-Software einzustellen.

Mit Firewire-800 klappt das Einspielen von SD-Daten und die Konvertierung auf HD problemlos. Da für das Kodieren der Daten die Hardware in der Motu-Box zuständig ist, stehen keine Bildparameter im Aufnahme-Fenster von Final Cut Pro zur Verfügung — anders als bei der MXO2 von Matrox. Kontrast, Helligkeit und Farbton für die SD-Komponenten- und S-Video-Eingänge in lassen sich in der Video-Setup-Software einstellen. Der Timecode bleibt beim Einspielen und beim Konvertieren erhalten.

Beim Konvertieren hat man die Wahl zwischen 720p und 1080i, inklusive einstellbarem De-Interlacing. Dazu gibt es einen Scharfzeichner, der sich in 100 Stufen justieren lässt und der beim Hochkonvertierten von SD-Material auf HD im Bereich zwischen 10 und 30 tatsächlich visuell bessere Ergebnisse lieferte, ohne dass eine zu extreme Kantenaufstellung erfolgte.

Für die Anpassung des Seitenverhältnisses bei der Up-Konvertierung von Bildmaterial gibt es vier Optionen, die alle Möglichkeiten mit und ohne Letterbox berücksichtigen. Im Test wurde überwiegend der Fullscreen-Mode verwendet. Die Ergebnisse beim Konvertieren von SD auf HD waren beim Einsatz der V4HD teilweise minimal besser, als die reine Software-Konvertierung innerhalb von Final Cut Pro. Je nach Quellmaterial und Filter kann FCP aber auch gleichwertig gute Ergebnisse liefern, allerdings muss man dafür aber Zeit fürs Rendering einplanen, während die Motu-Box in Echtzeit wandelt. Vor allem der adaptive De-Interlacer der V4HD leistet gute Arbeit.

Neben dem Umwandeln von SD auf HD kann man auch den umgekehrten Weg gehen und HD-Material als SD-Signal ausspielen. Die Cross-Konvertierung von HD-Material eines Rasters in ein anderes Raster bietet V4HD aber nicht, auch die Wandlung von Bildfrequenzen ist nur in begrenztem Rahmen möglich: von 23,96/24 auf 29,97/30/59,94/60. Mit Formatwandlungen zwischen PAL und NTSC kann die V4HD nicht dienen.

Die Motu-Box bietet verschiedene Synchronisationsmöglichkeiten zwischen Audio- und Videosignalen. So können Daten beim Einspielen von einer Videoquelle auch mit einem externen Audiorecorder synchronisiert werden. Dass Motu aus dem Audiobereich kommt und dort Kompetenz und Praxisnähe vorweisen kann, zeigt sich hierbei besonders deutlich, denn beim Einspielen kann auch gleich die Samplingrate angepasst werden: Mit 96 kHz aufgenommene Daten lassen sich beispielsweise gleich in 48-kHz-Audio wandeln.

Anders als im Handbuch angegeben, kann der zweite integrierte Firewire-Anschluss auch dazu verwendet werden, um Daten direkt an den angeschlossenen Computer durch zu schleifen. Dann stehen zwar keine Formatkonvertierungen zur Verfügung, aber man hat einen zusätzlichen Firewire-Port zur Verfügung. Über den Firewire-800-Anschluss unkomprimiertes HD aus zu spielen, ist wegen der hier maximal realisierbaren Datenrate nicht möglich, in unkomprimiertes SD kann aber gewandelt und ausgespielt werden.

Video-Monitoring

Neben dem Ingest ist das Monitoring eine der wichtigsten Funktionen der Motu V4HD. Hier ermöglicht die Hardware einerseits das Skalieren von SD auf HD, aber andererseits auch die Darstellung von HD-Videos auf einem SD-Monitor. Über HD-SDI und SDI lassen sich ein SD- und ein HD-Monitor gleichzeitig anschließen.

Eine preiswertere Monitoring-Lösung ist es, einen Computer-Monitor oder einen Fernseher am HDMI-Ausgang zu verwenden. Dieser sollte allerdings native 1-zu-1-Pixel-Darstellung beherrschen, sonst kann es zu Bildverzerrungen kommen. Leider fehlen der V4HD interne Testbilder und auch eine Blue-Only-Funktion um Farbe und Kontrast des Monitors/Fernsehers so exakt wie möglich einzustellen, sucht man vergeblich. Man kann sich zwar in Final Cut Pro selbst einen Blue-only-Farbbalken bauen, komfortabel ist dieser Umweg aber nicht.

Für niedrigere Monitoring-Ansprüche gibt es auch einen analogen Komponenten- und einen S-Video-Ausgang.

Stand-alone-Betrieb

Die Motu V4HD kann auch im Stand-alone-Modus benutzt werden, etwa um Signale direkt zwischen SD und HD zu wandeln. Die Box gibt dabei das am Eingang angelegte Signale direkt auf die Ausgänge. Um im Stand-alone-Betrieb die jeweils gewünschte Funktion einstellen zu können, werden das LCD-Panel und die Bedienelemente auf der Gerätefront verwendet. Prinzipiell stehen die gleichen Optionen wie im Video-Setup und in CueMix zur Verfügung. Ein eigenes Kapitel im Handbuch hilft, auch dabei rasch Routine zu entwickeln. Das Handbuch erklärt alle Nutzungsmöglichkeiten gut und ist insgesamt sehr ausführlich und übersichtlich gestaltet.

Fazit

Mit der V4HD ist Motu eine sehr überzeugende Lösung für das PC-basierte Videostudio gelungen. Die Integration des ProRes-422-Codecs ist zwar letztlich nur eine kleine Erweiterung, sie verbessert aber die Position gegenüber den Mitbewerbern, da man nun die Wahl zwischen mehr Formaten hat.

Beim Einspielen und Konvertieren der Daten kann die V4HD auf ganzer Linie überzeugen und bietet alle wichtigen Videoanschlüsse für ein professionelles Umfeld. Allerdings gibt es keine Cross-Konvertierung zwischen HD-Formaten. Durch die Firewire-800-Anbindung stellt die Box unter dem Schnittstellenaspekt keine hohen Anforderungen an die PC-Seite und die V4HD kann prinzipiell sogar als mobile Lösung an den meisten aktuellen Laptops betrieben werden. Allerdings ist der Firewire-800-Anschluss auch der Flaschenhals, der unkomprimiertes HD verhindert. Bei den Möglichkeiten in puncto Audiomonitoring und mit den zahlreichen professionellen Audioanschlüssen ist die V4HD ihren Konkurrenten überlegen.

Da die Formatkonvertierung von der V4HD-Hardware vollzogen wird, ohne den Prozessor des angeschlossenen Rechners zu belasten, stellt die Box auch bei der Rechenleistung nur geringe Anforderungen an den Host-Computer und kann selbst mit älteren Prozessoren sinnvoll genutzt werden. Für das Monitoring mit HDMI-Monitoren wäre eine Blue-only-Funktion aber eine wirklich sinnvolle Ergänzung.

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