HDV-Camcorder mit HD-SDI: Alles muss raus
Wer als Profi mit HDV arbeitet, möchte maximale Qualität rausholen. Eine gute Möglichkeit dazu bieten die HDV-Camcorder Canon XH G1 und JVC GY-HD251 mit ihren HD-SDI-Ausgängen. (PDF-Download am Ende des Textes, 1,5 MB groß, 7 Seiten).
Trotz aller Problembereiche, die das Format in puncto Robustheit (Stichwort Drop-Outs) und Kompressionsartefakten aufweist, ist HDV auch bei Profis längst als preisgünstige Formatalternative etabliert: Kompromisse sind beim Arbeiten mit HDV unvermeidlich, aber immerhin bieten einige der HDV-Camcorder mittlerweile eine Funktionalität, mit der sich auch etliche Profis anfreunden können. Begrenzt waren bisher aber die Möglichkeiten, HDV-Camcorder auch im Live-Bereich einzusetzen. Ein Knackpunkt von HDV lag bislang auch stets im Übergang von Produktion zu Postproduktion. Beide Themenbereiche sollen nun mit einer bei kompakten Semiprofi-Geräten noch unüblichen Schnittstelle schlagartig eine Verbesserung erfahren: Canon und JVC präsentieren mit ihren neuen HDV-Camcordern zwei Geräte, die serienmäßig über HD-SDI-Ausgänge verfügen. Beide bieten auch jede Menge professioneller Funktionen, die einen genaueren Blick auf die Camcorder lohnen.
Eckdaten
JVCs GY-HD251 ist ein kompakter Schultercamcorder aus der 200er-Reihe. Rein äußerlich unterscheidet er sich vom HD100 durch einen fest mit dem Gerät verbundenen Adapter an der Rückseite, der zusätzliche Anschlüsse bietet — unter anderem HD-SDI. Außerdem bringt es der Adapter mit sich, dass der 251er nicht mehr mit dem kleinen Akku des HD100 betrieben werden kann, sondern mit einem professionellen Akku-Anschluss-System auf der Rückseite versehen ist.
In der Grundausstattung kostet der Camcorder 9.450 Euro netto. Dafür bekommt der Kunden den Camcorder samt HD-SDI-Ausgang und mit Fujinon-16fach-Wechselobjektiv. Eine Besonderheit des HD251: Er kann Bilder mit 720 Zeilen in 50p aufzeichnen, was aufgrund der höheren Bildrate deutlich flüssigere und aufgrund der progressiven Auflösung auch schärfere Wiedergabe von bewegten Objekten im Bild bewirkt.
Canon präsentiert mit dem XH-G1 einen HDV-Camcorder im kompakten Henkelmann-Design. Er ist schon für rund 6.145 Euro netto zu haben, bietet einen HD-SDI-Ausgang, ein Festobjektiv und verfügt wie der HD251 über zahlreiche Funktionen, um das Bild zu beeinflussen. HDV zeichnet der G1 im Normalfall mit 1080 Zeilen und 50i-Bildfolge auf. Einen 50p-Modus wie der HD251 bietet der G1 nicht, doch er kann mit 25p aufzeichnen.
Warum HD-SDI?
Sowohl JVCs HD251 wie auch Canons G1 verfügen über einen HD-SDI-Ausgang und schlagen damit eine wichtige Brücke in die Profiwelt. Über den HD-SDI-Ausgang geben die beiden Camcorder unkomprimierte digitale Bild- und auch Tonsignale aus. Das bringt im Live-Betrieb einen Vorteil, denn es entfallen interne Kompressions- und Wandlungsschritte, wenn man Bild und Ton (als Embedded Audio) über die HD-SDI-Buchse ausgibt. Außerdem ist die BNC-Buchse mechanisch sicher das Ausgereifteste und Belastbarste., was die Videotechnik zu bieten hat. Auch bei den möglichen Kabellängen schlägt HD-SDI alle Alternativen, die sich für Semiprofi-Camcorder und –Kameras bieten: HD-Bild und Ton in maximaler Qualität, die der Camcorder zu bieten hat, über ein Koaxkabel zu übertragen, das hat schon Einiges für sich, denn man kämpft weit weniger als bei anderen Schnittstellen mit den üblichen Problemen wie etwa Signalstörungen oder –dämpfungen bei großen Kabellängen. Abgesehen davon ist HD-SDI eine im Profibereich etablierte Verbindungsart, man kann darüber den G1 und den HD251 relativ leicht an professionelle Infrastrukturen anbinden: Monitore und Projektoren mit HD-SDI-Eingängen gibt es im Profibereich in reicher Auswahl. Monitore oder Projektoren mit FireWire-Eingang etwa, die komprimierte HDV-Signale direkt verarbeiten könnten, gibt es schlicht und ergreifend nicht, weshalb die meisten Anwender auf analoge Komponentensignale zurückgreifen, wenn sie HDV-Material betrachten oder in Bearbeitungssysteme übertragen wollen.
Neben den Vorteilen, die HD-SDI beim Arbeiten Live-Signalen bietet, lassen sich auch HDV-Aufnahmen via HD-SDI in bestmöglicher Qualität ausgeben: Es ist ganz zweifellos sinnvoller, die Signale eines digitalen HD-Systems auch digital auszugeben und zu verarbeiten, anstatt sie — wie bisher bei vielen HDV-Anwendern üblich — als analoges Komponentensignal weiterzuleiten.
In der Praxis konnten die Tester allerdings keine massiven Unterschiede zwischen den verschiedenen Signalarten feststellen – weder beim HD251 noch beim G1. Je nach Motiv war es manchmal sogar schwer, zwischen Live-Signal und — zwischendurch MPEG-komprimierter und -dekomprimierter — HDV-Wiedergabe zu unterscheiden. Hier spielen eben heutzutage viele Faktoren eine Rolle: Motiv, verwendeter Signalweg und Monitortyp.
Dennoch: Wer im Live-Betrieb arbeitet, fährt in jedem Fall besser, wenn er die Signale über HD-SDI statt über analoge Komponente ausgibt.
Einen Vorteil, den der HD251 gegenüber dem G1 hat: er kann im Live-Modus 720P, aber wahlweise auch native 1.080i-Signale ausgeben — nur Aufzeichnen kann er diese nicht. Der 720/50p-Camcorder von JVC ist also gleichzeitig auch eine zwischen
Auch in der Postproduktion bietet der HD-SDI-Ausgang Vorteile: Bei vielen professionellen Schnittsysteme ist es möglich, Videomaterial via HD-SDI in bestmöglicher Qualität einzuspielen. Weit seltener findet man die Möglichkeit, HDV-Material auch direkt übers IEEE-1394-Terminal einzuspielen. Meist bleibt dann nur, das Material über analoge Komponenten-Eingänge zu übertragen: Dabei verschenkt man definitiv Bildqualität.
Objektiv
Einer der großen Kritikpunkte am GY-HD100 war das Fujinon-Objektiv, das der Hersteller als Standard mit dem Camcorder ausliefert. Es hatte mit chromatischen Abberationen zu kämpfen: an Objektkanten im Bild zeigten sich leicht versetzte Farbkanten. Das Problem wurde teilweise sicher überbewertet, aber ein qualitativ höherwertiges Objektiv, wie es Fujinon und auch Canon anbieten, kann diese Probleme beheben und die Bildqualität verbessern. Auch den HD251 liefert JVC mit dem einfachen Objektiv aus, hat es aber geschafft, das Farbkantenproblem zu reduzieren: Objektiv und Signalverarbeitung wurden besser aufeinander abgestimmt, JVC hat in die Elektronik eingegriffen, um diese Effekte zu reduzieren. Wem die Qualität des mitgelieferten 16fach-Objekivs von Fujinon dennoch nicht ausreicht, der kann auf nunmehr viere weitere Wechselobjektive von Fujinon und Canon zurückgreifen, die es für JVCs HD-Camcorder gibt.
Canons G1 lässt sich nicht mit Wechselobjektiven ausrüsteten, diese schöne Möglichkeit hat der Hersteller seinem Topmodell H1 vorbehalten. Dafür ist das Objektiv des G1 ausgesprochen weitwinklig. Im normalen Drehalltag erweist sich ein weitwinkligeres Objektiv meist als sehr vorteilhaft. Fehlende Telewirkung kann oft kompensiert werden, in dem man sich näher ans Objekt bewegt, bei fehlender Weitwinkligkeit steht man — im wahren Wortsinn — meist schneller mit dem Rücken an der Wand. Aber dank 20fach-Zoom ist auch die Telewirkung des G1-Objektivs stattlich.
Stichwort Objektiv: Beide Camcorder bieten gängige Scharfstellhilfen, wobei JVC mit dem farbig einstellbaren Peaking im Vergleich zum Canon die bessere Lösung eingebaut hat.
Bildrate/Fomat
Der HD251 kann Vieles, aber was ihn von all seinen Konkurrenten unterscheidet, ist die Fähigkeit, 720 Zeilen nicht nur mit einer Bildrate von 24P, 25P oder 30p aufnehmen zu können, sondern auch mit 50p oder 60p. Die Bilddatenrate beträgt dabei lediglich 19 Mbps. Wie schafft das JVC? Mit einem speziellen MPEG-Codec, der dafür sorgt, dass die Datenrate trotz eines eigentlich höhere Datenstroms bei der höherer Bildrate von 50P nicht steigt.
Canons G1 beherrscht die Aufzeichnung in 50p nicht. Im Gegensatz zum HD251, der HDV von Haus aus mit 720 Zeilen aufzeichnet, hat sich Canon beim G1 auf 1080 Zeilen festgelegt. Auch bei den Bildraten gibt es weniger Auswahl: Der G1 zeichnet entweder mit 50 Halbbildern auf oder aber mit 25 Vollbildern, wobei der G1 jeweils zwei identische Halbbilder zu einem Vollbild zusammenfasst (deshalb 25F statt 25P).
Bildeinstellmöglichkeiten
Wer mit einer progressiven Bildrate aufzeichnet, hat in der Regel entweder eine Filmauswertung im Kopf oder möchte einfach Bilder aufzeichnen, die »Filmlook« aufweisen. Das gelingt zum einen durch die Aufzeichnung von Vollbildern, so wie es 25p/F oder 50p vorsehen, zum anderen durch die gezielte Veränderung von Bildparametern. Hier bieten beide Camcorder sehr viele Möglichkeiten, wobei der G1 zumindest bei der Menge der einstellbaren Parameter eine Nasenlänge vorn liegt.
Hierüber lassen sich beim G1 unter anderem die Gammakurve, Knie, Black Stretch, diverse Pegel, Schärfe und vieles mehr vorjustieren. Eine Besonderheit biete t der G1 auch beim Weißabgleich: Die Farbtemperatur lässt sich in 100er-Schritten verändern, und zwar von 2.800 bis 12.000 Kelvin. Das ist sehr komfortabel, um die grundlegende Farbwiedergabe so zu tunen, wie man es gerne hätte — und natürlich auch hilfreich, um mehrere Camcorder aufeinander abzustimmen.
Doch auch der JVC hat einige Einstellmöglichkeiten im Angebot: Dort lassen sich im Menüpunkt Camera Process zahlreiche Parameter einstellen, mit denen sich das Bild feintunen lässt. Unter anderem kann man hier den Master-Schwarzpegel einstellen, der als Bezugswert für Schwarz dient, aber auch den Pegel für die Detailschärfe festlegen, die Kniefunktionen automatisch oder manuell zuschalten sowie Black-Stretch, -Compress, White Clipping und eine Rauschunterdrückung einstellen. Auch der gezielte Eingriff in die Gamma-Korrektur ist möglich, wobei JVC hier zusätzlich schon drei Modi vorgibt hat: Standard, Cinema und Film Out. Bei letzterer Variante ist die Wiedergabe von Schwarz an die von Film angenähert, was in der Praxis jedoch immer bedeutet, dass die Bilder einfach dunkler wirken, weil sich der Tonwert in den hellen Flächen verschlechtert. Wer mit den Voreinstellungen beim JVC nicht ganz glücklich ist, kann die Gamma-Kurve innerhalb bestimmter Werte nach anpassen, ebenso auch die Farbmatrix. Die Menüpunkte hierfür sind sehr umfangreich.
Wer sich die Mühe macht, das Bild für seine Zwecke via Menü zu optimieren, der möchte diese Einstellungen auch gerne speichern. Canon und JVC bieten hierfür bei ihren Camcordern entsprechende Möglichkeiten – und speichern die Einstellungen wahlweise direkt im Camcorder oder auf SD-Card. Canon bietet hier etwas mehr Speicherplätze als JVC.
Timecode snchronisieren
Wer mit mehreren Camcordern dreht, kann sich das Leben leichter machen, wenn er die Timecodes der unterschiedlichen Camcorder synchronisieren kann. Sowohl Canons G1 wie auch JVCs HD251 bieten diese Möglichkeit: wahlweise über die Timecode-In-Buchse, wenn das Signal eines externen Timecodegenerators aufgezeichnet wird oder auch via Genlock, wenn der interne Timecode der Camcorder mit der externen Quelle synchronisiert werden soll.
Akku-System
JVC hat den HD251 mit einem professionellen Akkusystem ausgerüstet und damit auf die Kritik am Vorgänger HD100 reagiert. Jetzt lassen sich an der Rückseite des Camcorders leistungsfähige IDX-Akkus, aber auch andere professionelle Akkusysteme befestigen. Canons G1 kann diese Möglichkeit nicht vorweisen, er ist mit einem einfachen Lithium-Ionen-Akku ausgerüstet, der aber immerhin eine sehr lange Laufzeit aufweist.
Anschlüsse
Bei den Anschlüssen zeigen sich beide Camcorder sehr großzügig, wobei JVCs HD251 noch etwas mehr Möglichkeiten bietet: Fürs Bild sind Anschlüsse für HD-SDI / SDI (BNC), Komponente (BNC), DV/HDV (IEEE1394), Composite in (BNC) und sogar noch ein Cinch-Ausgang für Composite-Video vorgesehen. Für den Ton ist der HD251 mit zwei XLR-Anschlüssen sowie mit zwei Cinch-Ausgängen ausgerüstet. Weitere Anschlüsse: TC in/out, Genlock In und ein Fernsteueranschluss. Eine weitere Besonderheit des JVC-Camcorders ist die Möglichkeit, ihn mit einem Studio-Kit zu erweitern. Dafür steht ein 10poliger Anschluss zur Verfügung, an den sich der Aufrüst-Kit KA-HD250 anschließen lässt. In dieser Konfiguration wird der JVC zu einer konkurrenzlos günstigen HD-Studiokamera.
Weiteres JVC-Zubehör, das gemeinsam mit Tandberg entwickelt wurde, ist ein drahtloses HD-Übertragungs-System. Der kompakte Sender CT2200HDV wird direkt via FireWire mit dem MPEG-2-komprimierten HDV-Signal gespeist, das er dann unverändert überträgt. Ein Drahtlos-Komplettsystem inklusive Camcorder und den anderen Komponenten kostet rund 25.000 Euro, was deutlich günstiger ist als andere HD-Drahtlos-Kamerasysteme.
Auch Canon bietet vielfältige Anschlüsse, kann allerdings mit der JVC-Fülle nicht ganz mithalten. Fürs Bild stehen beim G1 ein DV-/HDV-Terminal, ein HD-SDI-Ausgang (BNC), eine AV-Kombibuchse, ein Spezial-Komponentenausgang sowie weiterer Composite-Ausgang (Cinch) zur Verfügung. Den Ton gibt der Canon entweder als Enmbedded Audio an der HD-SDI-Buchse, oder über die AV-Kombibuchse aus, als Eingänge stehen wie beim JVC zwei XLR-Buchsen bereit. Weiter bietet auch der G1 eine Genlock-Buchse und eine umschaltbare In/Out-Timecode-Buchse — im Gegensatz zu JVCs HD251, der getrennte Buchsen für Timecode In und Out vorweisen kann.
Fazit
Die Investition in einen Camcorder mit HD-SDI-Ausgang lohnt sich in jedem Fall für alle, die in der Live-Produktion mit HD arbeiten wollen. Aber auch für jene, die ihre HDV-Aufzeichnungen in maximaler Qualität ausgeben und weiterverarbeiten wollen. macht HD-SDI das Leben leichter. Deshalb punkten hier beide Camcorder mit einem dicken Plus. Ob die Entscheidung für JVCs HD251oder für Canons G1 fällt, das hängt nicht vom HD-SDI-Ausgang ab, sondern von anderen Ausstattungs- und Bedienungsmerkmalen — und natürlich vom Preis. Die rund 3.300 Euro, die der JVC teurer ist als der Canon, machen sich dann bezahlt, man Wert legt auf 50p-Aufzeichnung, ein professionelles Akkusystem und natürlich auf das Wechselobjektiv, das Profis gewohnt sind. Außerdem ist der 251 als Schultercamcorder ausgelegt, der G1 als Handheld.
Kompakter ist aber Canons G1, der für alle, die nicht spezielle Wünsche haben, die nur JVC erfüllen kann, die passendere und vor allem günstigere Lösung darstellt.
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