Branche, Broadcast, Report, Top-Story, Trend: 20.07.2005

720p vs. 1080i

Die öffentlich-rechtlichen Sender in Deutschland wollen nach ihren derzeitigen Plänen mit der regulären Ausstrahlung von HDTV im Jahr 2010 beginnen. Noch ist unklar, mit welcher Zeilenzahl und Bildfolge das Programm dann produziert und an die Haushalte verteilt werden soll. Im Rahmen ihrer Diplomarbeiten führten Tobias Schwahn und Alexander Schuch beim ZDF einen Vergleich durch, bei dem Experten und Nichtexperten die beiden HD-Standards in Sichttests anhand von speziell hierfür produziertem, direkt vergleichbarem Bildmaterial beider Standards beurteilten. (PDF-Download des Beitrags mit zusätzlichen Informationen am Ende des Textes.)

Vorbemerkung der Redaktion
Um es gleich klar auszusprechen: Dieser Vergleich hat, obwohl er aufwändig umgesetzt und sehr gewissenhaft durchgeführt wurde, im Aspekt der Vorführung einen deutlichen Schwachpunkt, der letztlich in den technischen Gegebenheiten der derzeit verfügbaren HD-Vorführgeräte wurzelt.
Es standen für den Vergleich keine Vorführgeräte zur Verfügung, die sowohl 720p wie 1080i jeweils optimal und auf dem technisch identischen Weg hätten darstellen können. Wenn man ganz streng wäre, dann könnte man sagen, dass in dem Vergleich nicht 720p und 1080i verglichen wurden, sondern die elektronischen Schaltungen zweier Vorführgeräte.
Der für die Bilddarstellung verwendete Projektor und der Plasmaschirm bieten nämlich technisch nicht die gleichen Voraussetzungen, um 720p und 1080i darzustellen. Das liegt an der nativen Auflösung des progressiven Plasmaschirms, die 1.366 x 768 Bildpunkte beträgt. Das bedeutet, dass der Schirm sowohl die 1.080i-, wie auch die 720p-Signale einem internen Processing unterzieht, um sie darstellen zu können, wobei die 1080i-Signale auch ein De-Interlacing durchlaufen müssen. (Weitere Erläuterungen hierzu finden Sie weiter unten).
Die Autoren kennen diesen Schwachpunkt, benennen und erläutern ihn im Lauftext, sie haben versucht, seine Auswirkungen auf das Ergebnis zu minimieren.
Deshalb ist der Vergleich trotz seines Schwachpunkts interessant und liefert teilweise überraschende Ergebnisse, weshalb die Redaktion eine Veröffentlichung für sinnvoll hielt – auch wenn man sich über die Versuchsdurchführung und teilweise auch über die gezogenen Rückschlüsse ganz sicher trefflich streiten kann.

Vergleichende Untersuchung
Ein Hemmschuh für die Einführung von HDTV in Europa ist die Existenz zweier zur Diskussion stehender HD-Standards, die eine vergleichbare Datenrate aufweisen, sich bezüglich Auflösung und Abtastung jedoch grundlegend voneinander unterscheiden: 720/50p und 1080/50i.
Derzeit wird heftig diskutiert, wie man am besten die Koexistenz von zwei HDTV-Standards, wie sie etwa in den USA Realität ist, im europäischen TV-Markt vermeiden und statt dessen einen einheitlichen europäischen Sendestandard etablieren könnte. Dabei geht es vor allem um die Frage, welches der beiden Systeme eine höhere Bildqualität liefert und folglich zu bevorzugen wäre. Diese Frage ist in Fachkreisen sehr umstritten und wird leider oftmals von marktpolitischen und firmenstrategischen Argumenten bestimmt.
Der von den Autoren durchgeführte Vergleich geht von der Broadcast-Akquisition in Europa aus: Es ging darum, herauszufinden, wie man produzieren und ausstrahlen sollte, um den optimale Bildeindruck beim Zuschauer zu erreichen.
Szenische Produktionen, auch für die Fernsehausstrahlung, werden aufgrund der besonderen Ästhetik oftmals mit vom Film her stammenden, niedrigen Bildwechselfrequenzen von 24 oder 25 Bildern pro Sekunde und einer Belichtungszeit von 1/48 s oder 1/50 s aufgenommen. Bei schnell bewegten Objekten, etwa bei Sportaufnahmen, führt dies zu starken Shutter-Effekten. Würde man die Belichtungszeit auf 1/25 s erhöhen, ergäben sich hingegen starke Bewegungsunschärfen. Aus diesem Grund kommen weder 1.080/24p noch 1.080/25p als Sendestandards in Frage und werden deshalb in dieser Untersuchung nicht berücksichtigt.
Um die Effekte von 24 und 25p zu vermeiden und auch bei schnell bewegten Sequenzen eine hinreichend hohe Bewegungsauflösung zu gewährleisten, verwendet man im Broadcast-Bereich eine Bildwechselfrequenz von 50 Hz mit 1/50 s Belichtungszeit.

720/50p und 1080/50i
Die beiden Systeme 720/50p und 1080/50i unterscheiden sich in zwei wichtigen Punkten: in ihrer räumlichen Auflösung und in der Art der Abtastung. Durch die in der Bezeichnung genannte Anzahl der Bildpunkte in vertikaler Richtung, die Bildwiederholfrequenz und »i« oder »p« für die Art Abtastung, greifen die beiden Begriffe die wichtigsten Parameter auf.

Pixelzahlen, Bildgrößen, Begriffe
Durch das für alle modernen HD-Systeme vorgeschriebene Bildseitenverhältnis von 16:9 bei quadratischen Pixeln (Square Pixel), ergibt sich für das 720/50p-System eine Horizontalauflösung von 1.280 und für das 1.080/50i-System von 1.920 Bildpunkten. Rein rechnerisch betrachtet folgt daraus für das 720/50p-Format ein um den Faktor 1,5 kleineres Bild.
Der Buchstabe p steht für »progressiv« und kennzeichnet eine Vollbildaufzeichnung, bei der in jedem Bild alle Bildpunkte abgetastet und dargestellt werden.
Der Buchstabe i hingegen steht für »interlaced«, im deutschsprachigen Raum besser unter dem Begriff »Zeilensprungverfahren« bekannt. Bei dieser Technik wird jedes Bild in zwei Halbbilder aufgeteilt. Bei der Aufnahme werden zunächst die ungeraden Zeilen des ersten Halbbildes und anschließend die geraden Zeilen des zweiten Halbbildes abgetastet. Bei der Wiedergabe im entsprechenden Betrachtungsabstand integriert das Auge zwei benachbarte Zeilen (die beiden Halbbilder), so dass der Eindruck eines Gesamtbildes entsteht. Grund für die Entwicklung des Zeilensprungverfahrens waren technische Limitationen in der Pionierzeit des Fernsehens.
Das 1080/50i-System arbeitet mit 25 Vollbildern, unterteilt in 50 Halbbilder, während das 720/50p-System mit 50 Vollbildern arbeitet.
Leider verursacht die Interlace-Technik bei der Wiedergabe auf einem Röhrenmonitor einige unerwünschte Effekte, wie Zwischenzeilenflimmern, Kantenflackern, Zeilenwandern sowie verstärktes Großflächenflimmern.
Diese Effekte treten bei progressiver Abtastung und Bilddarstellung nicht auf. Bei der Wiedergabe auf progressiv arbeitenden Displays, wie sie alle heute verfügbaren Flachdisplays und Projektoren darstellen, muss hingegen die fehlende Bildinformation (50 % der Bildpunkte) mit Hilfe eines De-Interlacers interpoliert werden. Die einfachste Methode eines solchen De-Interlacings wäre die Kombination der beiden zusammengehörigen Halbbilder zu einem Vollbild. Wegen des Zeitversatzes bei der Aufnahme der Halbbilder führt dies bei bewegten Objekten zu Kammstrukturen. Hochwertige De-Interlacer bestehen daher aus sehr viel komplexeren Algorithmen, können aber niemals völlig fehlerfreie Ergebnisse liefern.
Empirische Untersuchungen haben ergeben, dass bei gleichem Betrachtungsabstand eine progressive Bildwiedergabe im Verhältnis zu einer Interlaced-Bildwiedergabe rund 35 % (Faktor 1,6) weniger Zeilen benötigt, um eine vergleichbare Vertikalauflösung zu erzielen. Auf dieser Grundlage fußt das 720/50p-System, das als Alternative zum bestehenden 1.080/50i-System entwickelt wurde.

Produktion der Testsequenzen
Für die geplante Untersuchung mussten zunächst inhaltlich gleiche Aufnahmen in den beiden Formaten produziert werden. Um möglichst zu allen fernsehspezifischen Genres wie Sport, Studio / Moderationen, Reportage, Show und Theater eine Aussage treffen zu können, wurden die Aufnahmesets im Vorfeld entsprechend ausgewählt:

– Sport: Tanz-WM, Bodenturnen, Kunstradfahren, Fußball
– Studio / Moderationen (Studio mit Deko und Moderator): »Hallo Deutschland« (ZDF), »Logo« (Kika), »Nano« (3Sat)
– Reportage: Variation von bewegten und unbewegten Aufnahmen; entstanden im Holiday-Park Hassloch
– Show: »Gala zugunsten der Welthungerhilfe«, Gladiatorenshow im Europapark Rust
– Theateraufführung »Der Menschenfeind«
– Landschaftsaufnahmen: Weltkulturerbe Mittelrheintal

Das Aufnahme-Equipment wurde so ausgewählt, dass nativ in den beiden zu untersuchenden Standards ohne Konvertierungen und Komprimierungen jeglicher Art aufgenommen werden konnte. Dadurch sollten möglichst alle verfälschenden Faktoren in der Signalverarbeitungskette ausgeschaltet werden. Als Abtastformat wurde das in Broadcast-Anwendungen übliche Y, Cr, Cb-Format in 4:2:2 und 10-Bit-Quantisierung gewählt. Zur Datenübertragung zwischen den verschiedenen Geräten kam die HD-SDI-Schnittstelle (SMPTE 292M) im Single-Link-Modus mit einer Datenrate von 1.485 GBit/s zum Einsatz.
Zum Zeitpunkt der Untersuchung existierte nur eine einzige Kameraserie, die es ermöglichte, sowohl in 1.080/50i als auch in 720/50p zu produzieren: die High-Definition-Kamera der LDK-Serie von Thomson. Deren Bildsensoren erlauben es, in vertikaler Richtung mehrere Bildpunkte zu einem »Superpixel« zusammenzuschalten und somit das jeweils gewünschte Abtastformat schon in einer sehr frühen Phase der Bildentstehung zu realisieren.
Eingesetzt wurde die Thomson LDK6000 in zwei verschiedenen Konfigurationen: zum einen als Studiokamera, zum anderen als kompakte Kamera ähnlich der Filmstream-Kamera »Viper« mit Akku-Betrieb und HD-SDI-Ausgang direkt an der Kamera.
Das Kamera-Setup war bei beiden Formaten grundsätzlich identisch, wobei je nach Aufnahmesituation das Factory-Setup oder das Custom-Setup gewählt wurde.
Das Factory-Setup beinhaltete Standardwerte für alle Kameraparameter wie Shutter, Sättigung, Detail und Gamma (Standard-Gamma gemäß ITU-R BT.709-5). Zusätzlich wurden Kniefunktion, Black-Stretch, -Compress, Gain und Skin Detail ausgeschaltet. Der Weiß- und Schwarzwert wurde je nach Umgebungslicht entweder auf ein 3200-K-Preset (im Studio) eingestellt oder mit Hilfe der Verstärkung in den einzelnen Farbkanälen angepasst (manueller Weiß/Schwarzabgleich). Bei Außenaufnahmen mit der kompakten Kamera wurde auf den automatischen Weißabgleich zurückgegriffen.
Das Custom-Setup entsprach praktisch dem Factory-Setup, es wurde lediglich die Auto-Kniefunktion der Kamera eingeschaltet, um extrem kontrastreiche Motive besser verarbeiten zu können.
Der Umschaltvorgang zwischen den einzelnen Formaten dauert bei der LDK6000 nur wenige Sekunden und es bleiben dabei sämtliche Einstellungen erhalten. Lediglich die Blendenöffnung musste nach beim Umschalten gelegentlich korrigiert werden, da sich resultierend aus der Sensor-Technologie für das 720/50p-Format eine etwas geringere Empfindlichkeit als für das 1080/50i-Format ergibt.
Als Objektive kamen zwei ENG-Zoom-Optiken mit Brennweiten von rund 7,5 mm bis 160 mm zum Einsatz: Canon HJ21x7.5 IASD SX12 und Fujinon HA22x7.3 BERDS48. Aufgrund der stark voneinander abweichenden Meinungen bezüglich der besseren Abbildungseigenschaften, wurden für die Untersuchung zwei von den Eckwerten nahezu identische Objektive dieser beiden führenden Hersteller von Broadcast-Objektiven verwendet. Bei jedem Aufnahmeset wurde die gleiche Optik für die Aufnahmen in beiden Standards benutzt, so dass die später zu vergleichenden Sequenzen immer mit derselben Optik aufgenommen wurden. Falls es eine Beeinträchtigung durch das Abbildungssystem gab, erfolgte diese also bei beiden Standards und ist somit zu vernachlässigen. Insgesamt wurde ungefähr die Hälfte der Aufnahmen mit der Fujinon-, die andere Hälfte mit der Canon-Optik erstellt.
Um die maximal mögliche Qualität zu gewährleisten und optische Abbildungsfehler soweit wie möglich auszuschließen, wurde darauf geachtet, die Objektive immer innerhalb bestimmter Toleranzbereiche bezüglich Brennweite und Blendenöffnung zu verwenden. So wurden Brennweiten im extremen Weitwinkel- und Telebereich sowie der Einsatz der in beiden Objektiven vorhandenen Zweifach-Extender vermieden. Die Blendenöffnung wurde ebenfalls im mittleren Bereich, also. zwischen Blende 11 und Blende 2.8 gehalten.
Die für den Vergleich geforderte unkomprimierte Aufzeichnung ist mit einem erheblichen Mehraufwand in der Produktion verbunden, nicht zuletzt aufgrund der hohen Datenmengen. So fallen bei 720/50p rund 7 GByte pro Minute und bei 1080/50i rund 7,9 GByte pro Minute an. Um diese Datenmengen in Echtzeit unkomprimiert aufzeichnen zu können, kam ein Diskrecorder zum Einsatz.
Konkret genutzt wurde HDStation RGB von DVS, als Datenformat wurde »YUV10« gewählt, das die von der Kamera gelieferten Y/Cb/Cr-Daten (4:2:2, 10 Bit) direkt in diesem Format ablegt, ohne eine verlustbehaftete Rückkonvertierung in den RGB-Farbraum vorzunehmen, wie es bei fast allen anderen File-Formaten wie etwa BMP, DPX und Cineon geschieht.
Für Außenaufnahmen ist die HDStation leider nicht geeignet, da es sich hier um ein vergleichsweise schweres 19“-Gerät handelt, das nicht mit Akkus betrieben werden kann. Für Außenaufnahmen wurde daher der RAM-Recorder CineRam von DVC eingesetzt, der 16-GByte-Speicherkapazität bietet und mit einem 12V-Akku betrieben werden kann.
Mit dem RAM-Recorder konnten jeweils zwei Minuten unkomprimiertes Material in den zu untersuchenden Formaten aufgezeichnet werden. Anschließend wurde das Material via HD-SDI auf die HDStation übertragen.
Aufgrund der hohen Bandbreite des HD-Signals war es nicht möglich, herkömmliches 75-Ohm-Koaxialkabel zu verwenden, wie es zur Übertragung von Standard-Definition-SDI-Signalen mit 270 MBit/s verwendet wird. Nach Messung der Signalqualität mit Hilfe des Tektronix WFM700HD wurde festgestellt, dass diese Leitungen den Ansprüchen nicht genügten. Nach einigen Tests wurde auf kurze (rund 1,5 m lange) Koaxialleitungen größeren Querschnitts von Dielektrikum, Außenleiter und Mantel zurückgegriffen. Die Signalqualität eines über diese Leitungen übertragenen Farbbalkens erfüllte bei Messungen die Anforderungen des Standards SMPTE 292M (HD-SDI).
Die für den Test benötigten Showreels wurden mit dem nonlinearen Schnittsystem Clipster von DVS geschnitten, das die Verarbeitung von unkomprimiertem HD-Material in Echtzeit erlaubt.

Grundlagen für den Sichtvergleich
Die Qualität eines Bildes wird gewöhnlich individuell unterschiedlich beurteilt und lässt sich messtechnisch nicht ermitteln. Sie ist eine rein subjektive Wahrnehmungsempfindung. Um eine Aussage über die qualitative Bevorzugung eines der beiden Systeme treffen zu können, kommt also nur eine subjektive Methode der Bildqualitätsbestimmung in Frage: ein Sichttest.
Für solche Sichttests gibt es von der ITU eine Empfehlung (ITU-R BT.500). Diese umfasst Vorgaben von der Einrichtung der Testkonditionen bis hin zur Präsentation der Ergebnisse. Der Vergleichstest wurde auf Basis dieser Empfehlungen als »double-stimulus continuous quality scale method« (kurz DSCQS) durchgeführt.
Die DSCQS beinhaltet eine gewisse Anzahl an Sessions, die aus den Sequenzen A und B bestehen, stellvertretend für die beiden Systeme 720/50p und 1080/50i. Zunächst wird den Probanden die Sequenz A vorgeführt, anschließend die Sequenz B. Zwischen den Sequenzen ist eine drei Sekunden dauernde Grausequenz (18 % Remission) zur Neutralisierung geschaltet. Das Ganze wird einmal wiederholt. Die ITU-Empfehlung gibt eine Dauer von 10 Sekunden pro Sequenz vor. Die einzelnen Sessions werden durch eine 10-sekündige Grausequenz getrennt.
Die Probanden nehmen ihre Bewertung anhand einer Markierung in Form eines horizontalen Strichs auf einer vertikalen Skala vor. Zur allgemeinen Orientierung werden fünf Abschnitte gebildet und mit qualitätscharakterisierenden Adjektiven versehen.

Vorführbedingungen
Die Wahl des Wiedergabemediums hat entscheidenden Einfluss auf die vom Betrachter wahrgenommene Bildqualität. Den Probanden wurde das Material auf zwei Arten gezeigt: Auf einem 50-Zoll-Plasma-Flatscreen des Typs TH-50PHD 6EX von Panasonic mit einer nativen Auflösung: von 1.366 x 768 Bildpunkten und mit einem LC-Projektor mit einer Auflösung 1.920 x 1.080 auf einer Leinwand (LCD-Projektion).
Auf den Einsatz eines Röhrenmonitors wurde verzichtet. Zum einen stehen derzeit nur wenige Röhrengeräte zur Verfügung, die beide Formate unterstützen. Zum anderen werden diese Geräte nur bis zu einer Bildschirmdiagonalen von 23 Zoll hergestellt: Mit einem solchen Gerät kann der optimale Betrachtungsabstand von 3H (dreifache Bildhöhe) nur bei einer sehr kleinen Personengruppe gewährleistet werden, was für den Vergleich aber unpraktikabel gewesen wäre. Des Weiteren haben Marktforschungsstudien ergeben, dass Flachbildschirme in den nächsten Jahren die derzeit in den Haushalten noch dominierenden Röhrengeräte zunehmend ablösen werden.
Die native Auflösung des Plasma-Bildschirm von 1.366 x 768 Bildpunkten hat zur Folge, dass sowohl das 720/50p- als auch das 1080/50i-Material bei diesem Geräte einem internen Processing (Skalierung) unterzogen werden muss, um es darstellen zu können. Diese Tatsache musste bei der Interpretation der Ergebnisse berücksichtigt werden.
Um diesen Sachverhalt zu umgehen, wäre eine native Darstellung der beiden Formate (1.280 x 720 und 1.920 x 1.080) wünschenswert gewesen. Da jedes Display eine eigene Wiedergabecharakteristik aufweist, ist es jedoch nicht möglich, die beiden Formate auf unterschiedlichen Geräten direkt miteinander zu vergleichen, ohne starke Verfälschungen in den Ergebnissen zu erhalten. Die sehr interessante Vergleichsuntersuchung der beiden Formate in nativer Darstellung ließe sich daher nur mit zwei komplett baugleichen Displays durchführen, die sich ausschließlich in ihrer Auflösung unterscheiden. Leider ist ein solcher Gerätetyp nach Kenntnis der Autoren auf dem Markt nicht verfügbar.
Lediglich eine sehr geringe Anzahl an LC-Displays arbeitet momentan überhaupt mit einer nativen High-Definition-Auflösung von 1.280 x 720 oder 1.920 x 1.080 Bildpunkten; Plasma-Displays mit dieser Konfiguration sind den Autoren völlig unbekannt.
Den weitaus größten Marktanteil stellen derzeit Flachdisplays mit Auflösungen abseits jeglicher Fernsehnorm. Grund dafür ist, dass die meisten Flachdisplays für den Einsatz in der Computerwelt mit ihren weit höheren Absatzahlen konzipiert werden.
Um praxisnahe Ergebnisse erzielen zu können fiel die Entscheidung für das Panasonic-Plasma-Display mit der sehr weit verbreiteten Auflösung von 1.366 x 768 Bildpunkten.
Um einen möglichst neutralen Vergleich der beiden Formate in ihrer nativen Auflösung zu ermöglichen, war der zusätzliche Vergleich mit einem LC-Projektor vorgesehen, da dieses System mit einer Auflösung von 1.920 x 1.080 Bildpunkten laut Herstellerangaben auch in der Lage sein sollte, dass 720/50p-Material nativ darzustellen. Projiziert wurden die Showreels mit einem Zoom-Objektiv. Theoretisch hätte eine native Darstellung des 720/50p-Materials zu einer Bildverkleinerung um den Faktor 1,5 führen müssen, die durch eine optische Vergrößerung hätte ausgeglichen werden können. Leider führte das Geräte aber eine Skalierung des 720/50p-Signals auf 1.920 x 1.080 Bildpunkte durch, die nicht umgangen werden konnte.
Bei den Sichttests wurde das 720/50p-Showreel von der HDStation und das 1080/50i-Showreel vom Schnittsystem Clipster gleichzeitig synchron abgespielt. Jedes der Abspielgeräte war dabei mit beiden Vorführgeräten verbunden. Die Vorführgeräte wurden jeweils während der Grau-Sequenzen des Showreels zwischen den beiden Quellen umgeschaltet.
Die 142 Probanden betrachteten die Bilder in Gruppen von maximal elf Personen. Basierend auf der Annahme, dass in einer Heimumgebung die Zuschauer eher weiter entfernt sitzen, als 3 H und dass es in einem Kinosaal häufiger vorkommt, dass Personen in einem geringerem Abstand als 3 H zur Leinwand sitzen, wurden die Probanden auf zwei Sitzreihen verteilt. Der Plasma-Flatscreen wurde so im Raum positioniert, dass die erste Sitzreihe in optimaler Entfernung von 3 H zum Monitor platziert war, während die hintere Sitzreihe 4,5 H vom Monitor entfernt war. Bei der Projektion mit dem LC-Projektor saß die erste Reihe in einer Entfernung von 2 H zur Leinwand, während die hintere Reihe in optimaler Entfernung von 3 H platziert war.
Die Probanden wurden ihrer beruflichen Tätigkeit nach in Experten und Non-Experten unterschieden. Die Gesamtanzahl von 142 setzte sich aus 28 Experten und 114 Non-Experten zusammen.

Ergebnisse
Insgesamt flossen die Ergebnisse von 26 Sessions in die Wertung ein. Wegen der Dauer eines Testdurchlauf von rund 45 min, war es zeitlich nicht möglich, allen Probanden sämtliche 26 Sessions sowohl auf dem Plasma-Panel als auch auf dem LC-Projektor vorzuführen. Daher wurden die Probanden in verschiedene Gruppen aufgesplittet. Wie in der Tabelle zu erkennen, wurden sowohl bei den Experten als auch bei den Non-Experten annähernd die gleiche Anzahl an Sessions auf den beiden Vorführgeräten gewertet.
Die Ergebnisdiagramme auf den folgenden Seiten zeigen, welches der beiden Formate nach Meinung der Probanden in einer Session jeweils die höhere Bildqualität aufweist. Hierbei stellt die Höhe der Balken die Anzahl der Votings für das entsprechende Format dar, wobei der entsprechende Zahlenwert jeweils am oberen Ende des Balkens zusätzlich mit angegeben wird. So wurden beispielsweise auf dem Plasma-Panel von den 28 Experten insgesamt 462 Votings vorgenommen. Hierbei wurde in 290 Fällen das 720/50p-Format als höherwertig, in 107 Fällen das 1080/50i-Format als höherwertig und in 65 Fällen beide Formate als gleichwertig empfunden.

Fazit
Die Untersuchungen haben unter den beschriebenen Bedingungen gezeigt, dass bei einem High-Definition-Signal mit 50 progressiv aufgezeichneten Bildern pro Sekunde und einer räumlichen Auflösung von 1.280 x 720 Bildpunkten, auf einem Display mit einer Auflösung abseits jeglicher Fernsehnorm (1.366 x 768), die vom Betrachter wahrgenommene Bildqualität in allen untersuchten Genres als höherwertiger eingestuft wird, als bei einem High-Definition-Signal mit 50 interlaced aufgezeichneten Bildern pro Sekunde und einer räumlichen Auflösung von 1.920 x 1.080 Bildpunkten.
Da sowohl das 720/50p- als auch das 1080/50i-System durch eine sehr aufwändige Skalierung an die Auflösung solcher Displays angepasst werden muss, kann davon ausgegangen werden, dass die dadurch entstehenden Bildqualitätsverluste in beiden Systemen annähernd gleich stark ausfallen.
Diese Erkenntnisse lassen darauf schließen, dass das beim 1080/ 50i-Format zusätzlich notwendige De-Interlacing, welches die Bildqualität bekanntermaßen weiter beeinträchtigt, den Ausschlag für das 720/ 50p-System gegeben hat.
Da Displays mit »schrägen« Computerauflösungen momentan und voraussichtlich auch in naher Zukunft den Flachdisplay-Markt dominieren werden, ist dieses Ergebnis von besonderem Interesse.
Als weiteres Ergebnis kann die Bevorzugung des 1080/50i-Formats auf einem LC-Projektor mit nativer 1.920 x 1.080-Auflösung festgehalten werden, die jedoch im Vergleich zur Bevorzugung des 720/50p-Formats bei der Plasma-Panel-Untersuchung als verschwindend gering bezeichnet werden kann. Es gilt festzuhalten, dass die Bewertungen in manchen Genres fast ausgeglichen sind, so dass in diesen Fällen von einer gleichwertigen Bildqualität der beiden untersuchten Systeme ausgegangen werden kann. Wie oben erwähnt, war eine native Darstellung des 720/50p-Signals auf dem LC-Projektor nicht möglich. Daher musste das Signal um den Faktor 1.5 aufwärts skaliert werden, wohingegen das 1080/50i-Signal lediglich einem De-Interlacing unterzogen werden musste. Aus den Ergebnissen lässt sich folgern, dass die Qualitätsminderungen der beiden Formate durch Skalierung und De-Interlacing entscheidenden Anteil an der wahrgenommenen Bildqualität hatten. Aufgrund der Tatsache, dass bei einer ungeradzahligen Skalierung jeder einzelne Bildpunkt neu berechnet werden muss, während das De-Interlacing nur die fehlenden Zeilen jedes Halbbildes (50% der Bildpunkte) interpoliert, kann man folgern, dass die Beeinträchtigung der Bildqualität, hervorgerufen durch die Skalierung des 720/50p-Signals, stärkere Auswirkungen hat, als das reine De-Interlacing beim 1080/50i-Signal.
Bei stark bewegten Sequenzen führt das De-Interlacing allerdings zu extremen Beeinträchtigungen der Bildqualität, da der zuständige Algorithmus nicht oder nur noch teilweise auf die Bilddaten der benachbarten Halbbilder zugreifen kann. Dies würde die höhere Bildqualitätsbewertung der 720/50p-Sportsequenzen erklären.
Mit Hilfe dieser Ergebnisse lassen sich des Weiteren Rückschlüsse auf die Darstellung der beiden Formate auf einem Flachdisplay mit einer Auflösung von 1.280 x 720 Bildpunkten ziehen. Da das 720/50p-Format hier keinerlei Signalverarbeitung (in Bezug auf Skalierung bzw. De-Interlacing) unterzogen werden muss, das 1080/50i-Signal jedoch sowohl skaliert als auch de-interlaced wird, kann von einer deutlich höheren Bildqualität des 720/50p-Formats auf einem solchen Display ausgegangen werden.
Die Abwärtsskalierung eines progressiv aufgezeichneten Ausgangssignals kann dessen Qualität im Vergleich zu einem nativ in der niedrigeren Auflösung aufgezeichneten Bild sogar erhöhen (Überabtas-tung). Durch unvermeidbare Fehler des vorangegangenen De-Interlacings bei einem Interlaced-Signal, verschlechtert sich die Qualität des abwärtsskalierten Bildes (Fehlerfort-pflanzung bei der Skalierung) jedoch im Vergleich zu einem nativ in der niedrigeren Auflösung aufgezeichneten Bild.
Aufgrund dieser Erkenntnisse lässt sich die Vermutung anstellen, dass ein 720/50p-Signal, dargestellt auf einem 1.280 x 720-Panel, eine deutlich bessere Bildqualität liefert als ein 1.080/50i-Signal, dargestellt auf einem 1.920 x 1.080-Panel.
Folglich muss eine Empfehlung für einen Produktions- und Sendestandard im Broadcast-Bereich zugunsten des 720/50p-Systems ausfallen. Neben der in dieser Untersuchung ermittelten höheren Bildqualität spielt bei der Übertragung digitaler Signale die Datenreduktion eine entscheidende Rolle. Progressiv arbeitende Systeme lassen sich um rund 15 – 20% effektiver komprimieren als vergleichbare Interlaced-Systeme, so dass die Übertragungsrate bei vergleichbarer Qualität um diese 15 – 20% reduziert werden kann. Dieser nicht unerhebliche wirtschaftliche Aspekt wird durch die Vorteile, die ein progressives System in Bezug auf Techniken wie Chromakeying, Slow-Motion oder Standbildwiedergabe besitzt, zusätzlich untermauert.

In Zukunft: 1.080/50p?
Langfristig sehen viele Sendeanstalten, Hersteller und Gremien das 1.080/50p-Format, also 1.080 Zeilen mit progressiver Bildfolge, als das Fernsehsystem der Zukunft. Dieser Standard ist sowohl in der ITU-R BT.709-5 als auch in der SMPTE 274M spezifiziert; die EBU hat diesen ebenfalls bereits perspektivisch in ihrer EBU Tech. 3298-E aufgenommen.
Mit dieser zukünftig anvisierten Einführung eines 1.080/50p-Standards könnte allerdings eine erneute Diskussion ausbrechen, ob man nicht besser auf ein Interlaced-System mit 1.620 Zeilen (mit identischer Datenrate) setzen sollte.

AUTOREN
Tobias Schwahn studierte Audiovisuelle Medien (Medientechnik) an der Fachhochschule Stuttgart – Hochschule der Medien. Alexander Schuch studierte Photoingenieurwesen und Medientechnik an der Fachhochschule Köln.
Der vorliegende Beitrag entstammt ihren Diplomarbeiten, die im Rahmen einer gemeinsamen Untersuchung im Geschäftsbereich Informations- und Systemtechnologie des ZDF entstanden sind.

Downloads zum Artikel:

T_0705_1080vs720.pdf

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