Kamera, Test, Top-Story: 11.03.2004

Erzrivalen

Sony und Panasonic zielen mit den DV-Camcordern PD170 und DVX100AE auf den gleichen Markt: Wer trifft die Ansprüche und Wünsche der Prosumer und Profis besser?

Zwei Camcorder, eine Philosophie – Sonys DSR-PD170 und Panasonics AG-DVX100AE haben viel gemeinsam: Die beiden Dreichip-Camcorder basieren auf DV-Technologie, ähneln sich von Bauform und grundsätzlicher Ausstattung und beide sind mit Profi-Funktionen bestückt. Sie sollen dort abräumen, wo sich Consumer- und Profiwelt am stärksten überschneiden: bei den anspruchsvollen, aber kompakten DV-Camcordern, die Prosumer und Profis gleichermaßen einsetzen.

Größere Unterschiede gibt es bei der Ausstattung. Das plakativste Feature ist dabei zweifellos die 25P-Funktion, die nur das Panasonic-Gerät bietet. Genau so falsch, wie den DVX100AE nur auf diese eine Funktion zu reduzieren, wäre es aber zweifellos auch, 25P zum KO-Kriterium zu machen: Im täglichen Betrieb werden wohl die meisten Anwender den DVX100AE selten im 25P, meist aber im normalen 50i-Modus verwenden.

Sowohl Sonys PD170, wie Panasonics DVX100AE müssen sich jeweils auch im eigenen Haus als Nachfolger messen lassen. Die Unterschiede des DSR-PD170 zu seinem Vorgänger PD150 können Sie hier in einem separaten Artikel nachlesen.

Die neue A-Version des DVX100 von Panasonic sieht auf den ersten Blick bis auf die dunklere, dezentere Gehäusefarbe, genau so aus wie der Vorgänger DVX100. Erst bei näherem Hinsehen entdeckt man auch äußerlich noch weitere Detailunterschiede, so sind ein paar Tasten anders belegt und beschriftet. Größere Unterschiede gibt es bei den inneren Werten des DVX100AE und zwar besonders auf der Software-Seite. Hier haben die Panasonic-Ingenieure die neue Version in Teilaspekten deutlich optimiert.

Die wichtigsten Neuerungen betreffen die Signalverarbeitung und alle Einstellmöglichkeiten, die damit zusammen hängen. Vor allem der 25P-Aufzeichnungs-Modus, bei der ersten Version noch mit etlichen Einschränkungen behaftet, profitiert von diesen Änderungen.
So war es etwa mit dem Vorgängermodell nicht möglich, in 25P einen Farbbalken auf zu zeichnen, was nun geht. Auch der Autofokus ließ sich im 25P-Modus nicht nutzen, was nun ebenfalls der Vergangenheit angehört. Das funktioniert auch in der Praxis recht zuverlässig, bei schwacher Beleuchtung gerät der Autofokus allerdings hin und wieder etwas aus dem Tritt.

Beim DVX100AE hat Panasonic auch bei den Einstellmöglichkeiten noch eins draufgelegt: So etwa beim Gamma, wo »Cine-Like« auf guten Signal-/Rauschabstand optimiert ist, »Cine-Like-D« auf maximale Dynamik. »Cine-Like-V« optimiert den Kontrastumfang. Mit dem Slow-Shutter stehen beim DVX100AE auch längere Belichtungszeiten zur Verfügung.

AUSSTATTUNG UND BEDIENUNG
25P – hinter dieser Zahl verbirgt sich der wichtigste Unterschied der beiden Camcorder. Panasonics DVX100AE kann in 25P aufzeichnen, Sonys DSR-PD170 dagegen nicht. Über die tatsächliche, praktische Bedeutung von 25P kann man durchaus diskutieren, aber zweifellos ist es schön, die 25P-Option zu haben. Wer 25P als KO-Kriterium sieht, für den ist der Wettkampf hier schon zu Ende: der Panasonic kann’s, der Sony eben nicht.
Die Bildentstehung im Camcorder fängt beim Objektiv an: Sony hat mit seinem 12fach-Zoom die Nase beim Zoomfaktor gegenüber Panasonic (10fach) vorn. Bei der maximalen Öffnung, also letztlich bei der Lichtstärke des Linsensystems herrscht mit Blende 1.6 Gleichstand. Umgerechnet auf 35-mm-Fotobrennweiten deckt Sony beim PD170 den Bereich von 43,2 bis 518,4 mm ab, Panasonic dagegen 32,5 bis 325 mm.
Die meisten Kompakt-Camcorder-Objektive sind für den praktischen Betrieb nicht weitwinklig genug. Das lässt sich auch vom Sony-Objektiv sagen. Daher legt Sony dem PD170 einen Weitwinkelkonverter bei, der sich vor das Objektiv schrauben lässt. Eine passende zweite Sonnenblende, die diesen Konverter aufnehmen kann, liegt ebenfalls bei. Das Ganze ist kein schlechter Kompromiss und immerhin kann Sony am anderen Ende des Brennweitenbereichs mit größerer Telewirkung punkten.
Panasonic spendiert dem DVX100A eine mechanische Zoom-Verkopplung, wie man sie von Wechselobjektiven her kennt. Sony bietet diese Möglichkeit beim PD170 nicht.

Eine besonders in der Praxis von Industriefilmern nützliche Funktion ist Syncro Scan. Sonys PD170 kann damit leider nicht dienen, der DVX100 dagegen schon. In dieser Disziplin geht der Sieg an Panasonic.

Zur Belichtungskontrolle bieten beide Camcorder eine Zebra-Funktion. Sowohl der PD170, wie auch der DVX100 sind mit jeweils zwei zuschaltbaren ND-Filtern ausgestattet. Das erlaubt die bessere Anpassung an unterschiedliche Lichtverhältnisse, man muss die richtige Belichtung nicht ausschließlich über Shutter und Blende regeln, hat also etwas mehr Gestaltungsmöglichkeiten in puncto Schärfentiefe und Bewegungsunschärfe.

Bei der grundlegenden Bildqualität schenken sich die beiden Camcorder so gut wie nichts. Es gibt durchaus Unterschiede zwischen den Bildsignalen, die von den Camcordern im Automatikbetrieb erzeugt werden, die lassen sich aber nicht wirklich qualitativ fassen und bewerten, sondern spielen sich eher im Bereich des persönlichen Geschmacks und der individuellen Vorlieben ab. Auch wenn man auf dem Niveau der beim PD170 verfügbaren manuellen Funktionen eingreift, lassen sich nur marginale Unterschiede herausarbeiten, eher lassen sich die Bilder der beiden Kontrahenten damit noch eher aneinander angleichen.

Beim DVX100AE gehen die Möglichkeiten aber darüber hinaus. Per Menü sind beim Panasonic-Gerät Eingriffe in die Signalverarbeitung möglich, mit denen sich der Look der Aufnahmen bis in feine Details hinein beeinflussen lässt: Sie können damit filmartiger, härter, weicher, knalliger, flacher oder steiler abgestimmt werden. So viel Funktionalität, wie sie der DVX100 mit Knie-, Gamma-, Matrix-, Detail-, Chroma-, Schwarzwert- und Farbtemperatur/Weißabgleich-Einstellung aufweist, bietet kein anderer Camcorder dieser Preisklasse.

Bei der Bedienung überzeugt der Sony PD170 durch ein einfaches, sehr schlüssiges Konzept. Der Camcorder liegt gut in der Hand, wichtige Tasten befinden sich da, wo man sie erwartet, und die Verarbeitung ist generell sehr gut. Sehr schön gelöst ist die Bedienung des Laufwerks. Das Tastenfeld des PD170 ist übersichtlich strukturiert, groß und sehr gut zu erreichen.
Trotz des sehr guten Ansatzes mit den Scene-Files und einiger sehr pfiffiger Detaillösungen kann Panasonics DVX100AE in dieser Disziplin nicht so ganz überzeugen, bisweilen treten bei der Bedienung des Camcorders kleinere Hürden auf. So kann man sich etwa an den Joystick gewöhnen, der das Laufwerk steuert und für die Navigation durchs Menü zuständig ist und man kann damit durchaus passabel arbeiten. Eine optimale Lösung ist dieses Bedienelement aber letztlich nicht.
In einem Aspekt bei der Bedienung macht Panasonic jedoch wieder Boden gut: Es gibt beim DVX 100AE drei »User«-Tasten (beim Vorgänger waren es zwei), auf die sich jeweils eine von elf Funktionen legen lässt. Gain, Farbbalken, Gegenlicht oder Slow-Shutter etwa, stehen hier mit einem Tastendruck, ohne Umweg übers Menü zur Verfügung, wenn man das vorher so festgelegt hat.

Neben vielen Parallelen, wie etwa den jeweils zwei XLR-Buchsen, gibt es im Tonbereich auch Ausstattungsunterschiede. Sony liefert ein Zusatzmikro mit, das via XLR an den Camcorder angeschlossen wird. Panasonic legt zwar kein Aufsteckmikro bei, aber der Camcorder verfügt im Unterschied zum PD170 über ein integriertes Mikro. Bei der manuellen Tonaussteuerung setzt Sony auf einen Kombiregler, während Panasonic zwei separate Stellrädchen eingebaut hat.

BILD UND TON
Dass die Bilder des Sony PD170 und des Panasonic DVX100AE gut aussehen würden, damit war bei der Vorgeschichte der beiden Camcorder zu rechnen. Dass sie jedoch nicht nur sehr gut, sondern auch sehr ähnlich aussehen würden, das überraschte die Tester in seiner Deutlichkeit dann doch.
Die Bilder, die parallel unter exakt gleichen Bedingungen mit dem DSR-PD170 und dem AG-DVX100AE im Automatikmodus aufgenommen wurden, waren im Test kaum voneinander zu unterscheiden. Beim Umschalten zwischen den Signalen war, anders als sonst bei Vergleichstests üblich, keineswegs immer sofort klar, die Bilder welchen Geräts gerade auf dem Hauptschirm zu sehen waren. Vorbei sind allem Anschein nach die Zeiten, als Sony für stärker farbgesättigte, eher wärmere, gelbere Farbstimmungen stand und Panasonic für etwas entsättigte, kühlere, blauere Bilder.
Nun beschränkten sich die Unterschiede auf feinere Nuancen. So ließen sich fast nur noch in Bilddetails bisweilen Differenzen entdecken.
Mehr Detailzeichnung als der PD170 erreicht der DVX100A im progressiven Aufnahmemodus mit 25 Vollbildern. Das ist der anderen Chip-Auslesung und Signalverarbeitung in dieser Betriebsart zu verdanken, wird aber im Gegenzug erkauft mit der in 25P erforderlichen größeren Blendenöffnung, der bei dunklen Szenerien notwendigen, höheren Signalverstärkung mit ihrem zwangsläufig höheren Rauschanteil und der schlechteren Bewegungsauflösung.

Beim Ton gibt es Unterschiede, die je nach Einsatzzweck zu gewichten sind. Der PD170 klingt bei Sprachaufnahmen eine Spur präsenter und betont generell höhere Frequenzen etwas mehr. Der DVX100AE reproduziert Höhen und Tiefen mit dem integrierten Mikrofon etwas ausgewogener, zeichnet aber auch seine selbstverursachten Geräusche (Zoomantrieb, Autofokus) deutlicher mit auf, was bei besonders leisen Passagen stören kann. Verwendet man ein zusätzliches Mikrofon, das sich über die XLR-Buchsen anschließen lässt, tritt dieser Effekt kaum mehr auf. Insgesamt entkoppelt der mitgelieferte Zusatzmikrohalter des Panasonic das Mikro in puncto Körperschall etwas besser als das Äquivalent von Sony.

FAZIT
Sowohl Sony DSR-PD170 wie auch Panasonic DVX100AE überzeugen im Bild- und Tontest und liefern sehr gute und vor allem recht ähnliche Ergebnisse. Kaufentscheidend für den einzelnen Anwender ist deshalb letztlich die Frage, wofür der Camcorder eingesetzt werden soll: Da können durchaus einzelne Features den Ausschlag geben.
Für Rundum-Sorglos-Filmer, die hauptsächlich im Automatikbetrieb filmen und eine leichte, intuitive Bedienung wünschen, ist der DSR-PD170 die richtige Wahl. Die Redaktion empfiehlt diesen Camcorder, wenn Reportage- und News-Einsätze den Schwerpunkt der Arbeit mit dem Camcorder darstellen.
Für experimentierfreudige Videofilmer, die möglichst viel Profi-Funktionalität inklusive 25P wollen, empfiehlt sich dagegen eher der Panasonic DVX100AE. Er eignet sich aus Sicht der Redaktion besser für szenische Produktionen oder Dokumentationen, bei denen man ohne den extremen Zeitdruck des News-Bereichs arbeiten kann und mehr Zeit für die kreative Bildgestaltung hat. Vorteile bietet die nur beim DVX 100 verfügbare 25P-Funktion, wenn man an eine Kopierung auf Film und eine Kinoauswertung denkt.
Natürlich lassen sich beide Camcorder auch jeweils in den anderen Bereichen einsetzen, ihre Stärken können sie aber aus Sicht der Redaktion am besten in den genannten Feldern ausspielen.

Downloads zum Artikel:

T_0403_PD170_DVX100A.pdf

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