Kamera, Test, Top-Story: 27.02.2003

Kronprinz

JVC stellt mit dem GY-DV5000 das neue Camcorder-Topmodell seiner Profi-DV-Linie vor. Ein würdiger Nachfolger für den DV500?

Vor rund drei Jahren präsentierte JVC den Vorgänger des GY-DV5000 und landete damit einen echten Hit: Der GY-DV500 war als Schulter-Camcorder im DV-Format konzipiert. Nicht DVCAM, nicht DVCPRO, einfach DV. Er hatte so einiges zu bieten, was es bis dahin bei einem DV-Camcorder nicht gab: Wechselobjektiv, einen großen Winkelsucher, alle typischen Funktionen und Designmerkmale eines Profi-Schulter-Camcorders. Perfekt in einer bis dahin offenen Marktlücke platziert, waren die Weichen für einen Verkaufserfolg in den Bereichen Industriefilm, News und Dokumentation gestellt. (Um zum Test des GY-DV500 aus dem Jahr 1999 zu gelangen, bitte hier klicken.)

Der GY-DV5000 ist von JVC als legitimer Nachfolger des DV500 konzipiert und wird auch so vermarktet. Camcorder, Winkelsucher und ein 14fach-Objektiv von Fujinon packt JVC zum Nettopreis von 6.995 Euro als Set zusammen (Bruttopreis: 8.114 Euro). Ohne Objektiv und Sucher sinkt der Nettopreis für den nackten Camcorder auf 5.950 Euro.

Die Eckdaten des Testgeräts im Überblick: Der GY-DV5000 ist mit drei Halbzoll-IT-CCDs mit je 440.000 Bildpunkten bestückt. Er akzeptiert Mini- und Standard-DV-Kassetten. Seitlich kann ein Farbdisplay ausgeklappt werden. Zum Test trat der DV5000 anstelle des 14fach-Fujinon-Objektivs mit einem teureren 19fach-Zoom von Canon an (YH19x6.7).

Bild und Ton schreibt der Camcorder prinzipiell im DV-Standard auf das Band. Wie bei DV-Camcordern üblich, können immer nur zwei Tonkanäle aufgezeichnet werden, das aber wahlweise mit 16 Bit / 48 kHz oder mit 12 Bit / 32 kHz. Abweichend von üblichen DV-Geräten sind beim Aufnehmen mit dem DV5000 aber die Tonsignale fest mit dem Bild verkoppelt (Locked Audio). Das führt nach Redaktionserfahrungen aber nicht zu Kompatibilitätsproblemen, hat also letztlich nur Vorteile. (Mehr Infos zu Locked Audio und Kompatibilitätsfragen bei DV finden Sie hier.)

Neben DV-Bändern in beiden Größen spielt der DV5000 auch DVCAM-Kassetten ab. Bei der Wiedergabe können immer auch Kanal 3 und 4 abgehört werden, wenn sie auf dem Band vorhanden sind. Allerdings stehen keine vier getrennten Ausgangsbuchsen zur Verfügung.

Das Betriebsgewicht des Camcorders liegt bei rund 5,5 kg, was in etwa dem Gewicht des Vorgängermodells entspricht. Seinen Lebenssaft holte sich der DV5000 im Test aus Lithium-Akkus der im Profibereich weit verbreiteten NP-1-Baugröße. Andere Akkugehäuse und Akkus lassen sich ebenfalls montieren und verwenden.

DIE WICHTIGSTEN UNTERSCHIEDE ZUM VORGÄNGERMODELL
Für den DV5000 gibt es ein optionales Networkpack. Ähnlich wie beim JVC-Streamcorder GY-DV300 (einen Test dieses Geräts finden Sie hier) ist es damit möglich, ein DV-Signal auf Band und parallel dazu ein MPEG-4-Signal auf eine Compact-Flashcard auf zu zeichnen oder unmittelbar ins Web zu streamen.

Beim Sucher setzt JVC wie beim Vorgängermodell auf einen scharfen Schwarzweiß-Röhrensucher mit großem Kontrastumfang. Zusätzlich spendierten die Entwickler dem DV5000 aber ein ausklappbares 2,5-Zoll-Farbdisplay. Schönes Detail: Das Display bietet drei verschiedene Betriebsmodi, zwischen denen man direkt per Tastendruck umschalten kann. Das Kamera- oder Wiedergabebild kann auf dem kleinen Schirm ohne jegliche Einblendungen dargestellt werden, mit klein ins Bild eingeblendeten Status-Infos, oder mit einem großen Audio-Balkeninstrument und gut ablesbaren Timecode-Daten auf schwarzem Hintergrund. Einstellmenüs können auf Wunsch ebenfalls im Display angezeigt werden.

Änderungen gibt es im Vergleich zum Vorgänger bei der Menüführung: Die Einstelltasten fürs Menü, die vormals mitten im Audiobedienfeld platziert waren, sind verschwunden. Statt dessen kann der Videofilmer nun mit einem Rändelrad, das vorne beim Objektiv sitzt, durch die einzelnen Menüpunkte scrollen.

AUSSTATTUNG
Der DV5000 bietet, wie auch sein Vorgänger schon, eine Fülle an Funktionen, die im Profilager gefragt sind. Es gibt zwar auch einen Full-Auto-Modus, der Blende, Shutter und Weißabgleich während der Aufzeichnung automatisch regelt und dabei recht ordentliche Ergebnisse liefert, aber alle Parameter lassen sich selbstverständlich auch manuell regeln.

Der Shutter mit Variable-Scan-Funktion offeriert einen üppigen Regelbereich von 50,1 bis 2067,8 Hertz in kleinen Schritten. So kommen Computerbildschirme auch ohne Störstreifen ins Bild. Ohne variablen Shutter geht heute im Doku- und Institutionsbereich eigentlich gar nichts mehr und der DV5000 meistert diese Anforderung mit Bravour.

Wie bei Profi-Camcordern üblich, lässt sich der Weißabgleich für zwei unterschiedliche Beleuchtungsverhältnisse manuell einstellen und speichern. Ergänzend gibt es die Funktion FAW, den permanenten, vollautomatischen Weißabgleich.

Das Filterrad des DV5000 hat JVC im Vergleich zum 500er aufgewertet. Beim Vorgänger waren lediglich drei Positionen für Kunstlicht (3200 K), Tageslicht (5600 K) und Tageslicht mit ND vorgesehen. Beim DV5000 lässt sich der Neutrale-Dichte-Filter jedoch zweistufig zuschalten, mit den üblichen Werten von 1/8 und 1/64.

Für den Gain, also die elektronische Verstärkungsschaltung, sieht JVC verschiedene Stufen bis zu +18 dB vor. Wenn das noch nicht reichen sollte, obwohl der Camcorder zudem auch sehr lichtstark ist, hat JVC noch eine Lösung in petto: die Lolux-Schaltung. Dieser Turboschalter pusht um +36 dB. Wenn das dann immer noch nicht reichen sollte, kann auch noch die Belichtungszeit auf 1/25 Sekunde verlängert, also der Slow-Shutter aktiviert werden. Mit Lolux und Slow-Shutter ist selbst dann noch etwas auf dem Schirm zu sehen, wenn’s eigentlich schon stockdunkel ist. Lolux bringt verminderte Auflösung und auch kräftiges Rauschen mit sich. Dennoch: Wer unter widrigen Umständen dreht und als Bildbeweis oder für die News von einer bestimmten Szene auf jeden Fall eine Aufnahme braucht, der wird die Lolux-Funktion in solchen Situationen begeistert verwenden.

Bei den Anschlüssen zeigt sich der DV5000 etwas sparsam: Bild und Ton lassen sich über eine vierpolige Standard-DV-Buchse (IEEE-1394) ausgeben. Leider ist die DV-Buchse jedoch nur als Ausgang verwendbar und nimmt keine DV-Signale entgegen. Auch die analogen Buchsen (Y/C und BNC fürs Bild und Cinch für den Ton) sind ausschließlich als Ausgänge beschaltet. Zwei XLR-Buchsen für externe Tonquellen gibt es aber: Eine vorne am Gerät, also da, wo auch das Mikro montiert ist, die andere an der Rückseite. Das ist etwas ungeschickt, wenn man externen Stereo- oder Zweikanalton mitnehmen will, hierfür wären zwei Rückseitenbuchsen praktischer. Jede der vorhandenen Buchsen kann aber auf jeden der zwei Kanäle oder auf beide geschaltet werden.

Die Tasten des Audiobedienfelds lassen sich mit einer Klappe abdecken, so dass beim Dreh nur noch die Pegelsteller fürs manuelle Aussteuern zugänglich sind und die anderen Tasten nicht versehentlich verstellt werden. Der zusätzliche Frontregler für Kanal 1 freut den News- und Dokumentarfilmer, bei dem es auch mal hektisch werden kann, denn damit lässt sich auch mitten im Dreh der Ton schnell mal nachregeln. Als Anhaltspunkt dient dabei ein Balkeninstrument, das sich unten im Sucherbild einblenden lässt.

Vollwertig sind die Timecode-Funktionen des DV5000, denn der eingebaute TC-Leser/Generator ermöglicht die Aufzeichnung von Userbits und EBU-Standard-Timecode im Rec- und Free-Run.

BEDIENUNG IM PRAXISBETRIEB
Was im Praxisbetrieb des Testgeräts sofort auffiel, war dessen eindeutige Kopflastigkeit. Das kann in der Kombination mit einem anderen Objektiv als dem im Test verwendeten 19fach-Canon-Zoom schon wieder etwas anders aussehen, aber besonders in der Kombination mit den leichten Lithium-Akkus zieht der Camcorder nach vorne unten, sobald er auf der Schulter sitzt.

Neben all den Grundfunktionen eines professionellen Camcorders wie Zebra und Automatikschaltungen, hat der DV5000 noch deutlich mehr zu bieten als heute zur regulären Ausstattung gehört. Mit einer Vielzahl an Parametern lässt sich die Bildaufzeichnung im Advanced-Process-Menü vollkommen an individuelle Bedürfnisse anpassen: Farbmatrix und Gammakurve etwa lassen sich gezielt verändern. Zudem ist es möglich, eine Skin-Detail-Funktion ein zu schalten und deren Wirkungsbereich zu definieren. Der Kameramann kann weiter genaue Werte für Kniepunkt und Clipping am oberen Pegelende eingeben, den Schwarzpegel gezielt anheben oder absenken. Auch eine Scharfstellhilfe (Akku Focus) fehlt nicht.

Um mit Black-Stretch oder -Compress das Kontrastverhalten in dunklen Bildbereichen zu variieren, muss man nicht ins Menü eingreifen: hierfür gibt es einen Schiebeschalter. Auch für die Art der Belichtungsmessung (Spot, Normal, Gegenlicht) gibt es einen solchen Schiebeschalter.

Zweifellos existieren abweichende individuelle Auffassungen darüber, welche Funktionen ins Menü und welche in den direkten Zugriff gehören, den Testern aber sagte JVCs Auswahl zu.

Die Funktion Smooth Transition, die man im Menü wählen kann, sorgt dafür, dass beim Zuschalten der elektronischen Signalverstärkung oder beim manuellen Wechsel zwischen zwei Weißwerten kein abrupter Bildwechsel eintritt, sondern Verstärkung und Weißabgleich langsam auf den gewünschten Wert angehoben oder abgesenkt werden. Man kann dadurch auch längere Szenen am Stück verwenden, in deren Verlauf man die Verstärkung zuschalten oder beim Wechsel der Lichtverhältnisse den Weißabgleich umstellen musste.

Zwei verschiedene Einstellungen der unterschiedlichen Parameter kann der DV5000 speichern. Das Ablegen und Aufrufen dieser Files geht allerdings nur per Menü.

Über seinen aktuellen Zustand informiert der Camcorder, wenn die Status-Taste gedrückt wird: Dann werden Audiopegel, Timecode, Restbandlaufzeit und vieles mehr im Sucher und auf Wunsch auch auf dem eingebauten oder einem externen Monitor angezeigt. JVC sieht vier unterschiedliche Statusbildschirme vor, die sich mit mehrfachem Tastendruck nacheinander abrufen lassen und sich in der Anzahl der Einblendungen unterscheiden.

Kleiner Wermutstropfen beim kleinen Ausklapp-Display des DV5000 ist dessen eingeschränkter Sichtwinkel. Wer von leicht schräg oben drauf blickt, nimmt das Motiv nur noch schemenhaft wahr, lediglich bei frontalem Blick direkt auf den Schirm ist das Bild wirklich gut zu sehen.

BILD/TONQUALITÄT
Wäre es durch die Bauform nicht schon klar, die CCDs und die Signalverarbeitung des GY-DV5000 machen seine reinrassige Herkunft aus dem Profilager eindeutig. Die 12-Bit-A/D-Wandlung und die 24-Bit-Signalverarbeitung sorgen für eine Bildqualität, die in dieser Preis- und Geräteklasse von keinem Konkurrenten übertroffen wird.

Der zugegeben etwas unfaire Direktvergleich zu Panasonics kleinerem und preisgünstigerem AG-DVX100 (Test hier), der in seiner Klasse ebenfalls überzeugen kann, brachte es deutlich sichtbar an den Tag: Der GY-DV5000 schafft durch sehr realitätsnahe Bilder und mehr Detailschärfe einen plastischeren Bildeindruck als der DVX100. In der Grundeinstellung produziert der 5000er in fast allen Aufnahmesituationen etwas heller und kontrastreicher wirkende Bilder, was auch eine Folge des anderen Grund-Set-Ups für Gamma und Knie ist. Das lässt sich durch Menü-Eingriffe bei beiden Camcordern etwas angleichen, aber der DV5000 behält die Nase immer vorn, der Bildeindruck bleibt stets einen kleinen Tick besser, auch wenn die Unterschiede nicht wirklich frappierend sind. Beeindruckend beim DV5000 ist besonders die Bildruhe, die aber ganz im Gegensatz zu der beim Streamcorder GY-DV300 von JVC nicht unnatürlich künstlich, flächig oder steril wirkt.

Sehr überzeugend ist die hohe Lichtempfindlichkeit des GY-DV5000. Mit einer Empfindlichkeit von F13 bei 2000 Lux zeichnet der DV5000 auch dann noch gute Bilder auf, wenn andere Camcorder schon längst aufgeben. Und wenn es richtig dunkel wird, hat der DV5000 ja immer noch seine Lolux-Schaltung und den Slow-Shutter in petto.

Nicht ganz so überzeugend ist dagegen das mitgelieferte Monomikrofon, das allenfalls durchschnittliche Ergebnisse liefert. Bei den meisten Drehs wird man nicht umhin kommen, ein anderes, externes Mikro einzusetzen.

FAZIT
Der GY-DV5000 ist ein würdiger Nachfolger für den DV500. Er überzeugt mit beeindruckender Bildqualität, einer Vielzahl professioneller Funktionen und einem verbesserten, durchdachten Bedienkonzept. Einige Details hätte JVC beim Flaggschiff seiner DV-Camcorder-Palette noch üppiger gestalten können, etwa was die Audiobuchsen und das Fehlen eines DV-Eingangs betrifft. Der Preis aber stimmt: Beim Gegenwert, den man für rund 7.000 Euro beim GY-DV5000 bekommt, kann man letztlich nicht mäkeln.

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