Anthrazit oder Perlmutt?
Trotz unterschiedlicher Bauform, einer kräftigen Preisdifferenz und vieler Detailunterschiede haben die Camcorder DSR-PDX10 von Sony und XM2 von Canon auch viele Gemeinsamkeiten, die einen Vergleich reizvoll gestalten.
Beim Vergleich der beiden Camcorder sticht bei der Papierform ein Unterschied sofort ins Auge: Der Canon XM2 kostet rund 2.600 Euro, Sonys DSR-PDX10 dagegen rund 3.800 Euro (Nettopreise). Satte 1.200 Euro Preisunterschied liegen also zwischen den beiden 3-Chip-Camcordern. Im Test galt es also unter anderem, heraus zu finden ob Sonys PDX10 diesen stattlichen Preisunterschied durch ein entsprechendes Mehr an Leistung und Funktionalität aufwiegen kann – keine leichte Aufgabe.
SONY DSR-PDX10P
Der DSR-PDX10 ist bauähnlich zum Consumer-Camcorder DCR-TRV950 von Sony, letztlich basiert er also auf diesem Gerät und wurde für den professionellen Einsatz etwas abgewandelt.
Drei CCDs sorgen im PDX10 für die Bilder. Die Besonderheit dabei: Es handelt sich um Sensoren mit jeweils mehr als einer Million Bildpunkten, weshalb Sony den Camcorder mit dem Logo »Megapixel« schmückt. Wie viele andere moderne Camcorder auch, nutzt der PDX10 die maximale Pixelzahl aber nur für Standbilder, also wenn er als digitaler Fotoapparat verwendet wird. Für Videoaufnahmen im DV-Format greift der PDX10 dagegen auf effektiv 690.000 Bildpunkte pro Chip zurück. Das ist aber immer noch mehr, als viele andere 3-CCD-Camcorder aus dem Consumer-Bereich bieten können – so arbeitet etwa der XM2 von Canon bei Bewegtbildaufnahmen mit effektiv 440.000 Bildpunkten.
Die genannten Werte beziehen sich auf das Filmen im Seitenverhältnis 4:3. Schaltet man dagegen auf 16:9 um, arbeiten die allermeisten Consumer-Camcorder mit noch weniger Bildpunkten: Es bleiben dann einfach zwei zusätzliche Streifen am oberen und unteren Rand des Chips ungenutzt. Das gilt auch für die Consumer-Variante des PDX10, aber nicht für den kleinen Profi selbst. Hier haben sich die Ingenieure etwas einfallen lassen und nutzen die normalerweise nur im Fotomodus ausgelesenen Bereiche auf dem Chip teilweise auch im 16:9-Betrieb. Das Ergebnis: die für 16:9 genutzte Sensorfläche ist beim PDX10 laut Sony um 44% größer als bei seinem Consumer-Bruder, was sich natürlich direkt in deutlich sichtbar besserer Auflösung bei 16:9-Aufnahmen niederschlägt.
Das Objektiv des PDX10 ist ein 12fach-Zoom mit abschaltbarer optischer Bildstabilisierung. Im 4:3-Videomodus bietet das Objektiv einen Zoombereich, der mit 49 bis 588 mm Fotobrennweite vergleichbar ist. Der maximale Bildwinkel beträgt 36 Grad.
Zum PDX10 gehört ein Audio-Aufsteckadapter, der auf dem vorderen Zubehörschuh befestigt und über den hinteren, intelligenten Zubehörschuh angeschlossen wird. Der Adapter bietet zwei XLR-Anschlüsse mit getrennt schaltbaren Verstärkungsstufen, Windfilter und 48-V-Phantomspeisung. Ein zusätzliches, zum Adapter passendes Mono-Mikrofon legt Sony ebenfalls bei. Das eingebaute Stereomikrofon ist unterhalb des Objektivs ins Gehäuse des Camcorders integriert.
Manuelle Tonaussteuerung ist beim PDX10 mit einem kleinen Rändelrad möglich, die Kontrolle der Audiopegel erfolgt dabei über ein in Display oder Sucher eingeblendetes Balkeninstrument.
Ein mit 8,8 cm Bilddiagonale vergleichsweise groß dimensionierter Ausklapp-Bildschirm ziert den PDX10. Das LC-Display bietet 1.120 x 220 also 246.400 Bildpunkte, das ist mehr, als bei Consumer-Camcordern bislang üblich. Weil der Schirm als Touch-Screen ausgeführt ist, lassen sich etliche Menü-Funktionen des PDX10 direkt auf dem Schirm antippen.
Für die Belichtungskontrolle hat Sony in den PDX10 eine zuschaltbare, zweistufige Zebra-Funktion eingebaut, die wahlweise die Bildbereiche mit 70 oder 100% Pegel auf den eingebauten Displays schraffiert. Auch ein Farbbalken lässt sich zuschalten.
Neben dem zwischen DV und DVCAM umschaltbaren Bandlaufwerk ist der PDX10 auch mit einem Memory-Stick-Slot bestückt. Auf die hier verwendbaren Sony-Speichermedien schreibt der Camcorder Standbilder mit bis zu 1.152 x 864 Bildpunkten oder MPEG-1-Filme mit einer Auflösung von maximal 320 x 240 Pixeln. Zudem gibt der Camcorder Bild und Ton auch als Streaming-Files über den USB-Anschluss ab (
Der PDX10 kann zahlreiche Einstellmöglichkeiten bei den Bildparametern vorweisen: Farbsättigung und Farbton lassen sich verändern, der Arbeitspunkt der Blendenautomatik und die Kantenanhebung können eingestellt werden.
CANON XM2
Der XM2 von Canon ist ein 3-CCD-Camcorder im klassischen Henkelmann-Design, lediglich das perlmuttfarbene Gehäuse ist eher ungewöhnlich. Äußerlich fällt zudem sofort eine Besonderheit des Camcorders ins Auge: Das große Objektiv mit optischem
Zur Bildbeurteilung am Drehort ist der XM2 mit einem Farbsucher (180.000 Bildpunkte) und mit einem 2,5-Zoll-Ausklappmonitor (200.000 Bildpunkte) ausgestattet. Bei der Belichtungskontrolle hilft das fünfstufige Zebra (100, 95, 90, 85 und 80%), auch einen Farbbalken kann der XM2 anzeigen und aufzeichnen.
Im Tragegriff sind die Laufwerk-Bedientasten unter einer Klappe versteckt, eine zweite, kleinere Zoomwippe und ein Start/Stopp-Knopf finden sich hier im direkten Zugriff, ein Auslöser für die Fotofunktion ebenfalls.
Bei Bewegtbildaufnahmen arbeitet der XM2 mit effektiv 440.000 Bildpunkten pro Chip. Er speichert Bild und Ton auf DV-Kassetten, Standbilder schreibt er auf MMC- oder SD-Speicherkarten.
Der XM2 bietet weitreichende Einstellmöglichkeiten bei den Bildparametern. So lassen sich Farbsättigung und Farbton unabhängig vom Weißabgleich verändern, der Arbeitspunkt der Blendenautomatik und die Kantenanhebung können variiert werden.
Fürs manuelle Tonpegeln bietet der XM2 zwei getrennte Regler, er zeigt den Tonpegel auf Wunsch im Sucher und im Display an, aber es gibt auch ein separates LCD-Balkeninstrument hierfür. Das eingebaute Stereomikrofon befindet sich in guter, freier Position am vorderen Ende des Tragegriffs. Wer XLR-Mikrofone anschließen will, der wird im Zubehörprogramm des XM2 fündig: Für168 Euro kann man einen Aufsteckadapter kaufen, der zusätzlich zu den Tonanschlüssen auch noch einen BNC-Video-Ausgang bietet.
PRAXISVERGLEICH
Stellt man den XM2 und den PDX10 in der Grundkonfiguration nebeneinander, dann fallen die Unterschiede massiv ins Auge: Der Canon-Camcorder wirkt lang gestreckt und deutlich größer als das kurze, kompakte Sony-Modell. Klappt man die Displays aus, stellt sich ein Missverhältnis dar, denn der kleinere Sony hat den deutlich größeren Schirm. Der Sony-Schirm hat auch fast 50.000 Bildpunkte mehr als das Canon-Display. Außerdem wird den meisten Profi-Anwendern der Schwarzweiß-Sucher des PDX10 besser gefallen. Der bietet zwar nominell gleich viele Bildpunkte wie der Sucher des Canon XM2, aber weil die 180.000 Pixel beim Canon auch noch die drei Grundfarben reproduzieren müssen, ist die vom Sony PDX10 erreichte Auflösung und Schärfeleistung deutlich höher. Hier kann also der PDX10 punkten.
Nimmt man mit den Camcordern erste Testbilder auf, fällt sofort die größere Weitwinkligkeit des XM2 und dessen größerer Zoombereich positiv auf. Hier kann der Sony-Camcorder einfach nicht mithalten und der Canon hat immer die Nase vorn. Diese Runde geht klar an den XM2.
Mit einem Problem kämpfen indes beide Camcorder gleich stark: Ist bei Camcordern mit größeren CCDs neuester Bauart das Thema Smear nahezu passé, lassen sich bei den Semiprofis mit ihren kleinen Bildwandlern leicht die vertikalen Störstreifen provozieren, wenn man Punktlichtquellen im Bildausschnitt hat. Minus für beide, aber die Schwächen in diesem Bereich halten sich die Waage.
Betrachtet man die aufgenommenen Bilder, dann zeigt der Sony eine etwas bessere Auflösung. Wo der Canon bei Totalen das Blattwerk eines Baumes schon als unscharfe Wolke darstellt, zeichnen sich beim PDX10 von Sony noch wesentlich mehr Blattstrukturen ab. Auch beim Kontrast hat der Sony-Camcorder die Nase vorn: Er zeigt eine natürlichere Kontrastwiedergabe und hat einfach einen größeren Kontrastumfang vor zu weisen.
Schwächen gegenüber dem Canon leistet sich der Sony aber beim Ampeltest: Nimmt man eine Verkehrsampel vor hellem Hintergrund oder gar in einer Gegenlichtsituation auf, dann gehen bei gleicher Belichtung die Farben der Ampellichter beim Sony-Camcorder stark ins entsättigte Weiße, während der Canon die gewünschten, kräftigen Farben liefert.
Insgesamt bietet der Canon XM2 ein stimmiges, ruhiges Bild mit etwas gefälligerer Farbreproduktion, was sowohl für Innenaufnahmen mit Kunstlicht, wie für Außenaufnahmen mit Tageslicht gilt. Obwohl die Unterschiede nicht sehr groß sind und beide Geräten die jeweiligen Schwächen teilweise durch spezielle Einstellungen kompensieren können, geht diese Runde knapp an den Sony-Camcorder.
Anders sieht das Bild bei schwachen Lichtverhältnissen aus: Hier holt der Canon ganz klar mehr aus den schwierigen Bedingungen heraus, er ist insgesamt lichtstärker und schafft auch dann noch eine passable Farbwiedergabe, wenn der PDX10 schon kapitulieren muss. Canon schlägt Sony in dieser Disziplin klar.
Etwas komplexer stellt sich die Situation beim Ton dar: Beim Canon gehört der XLR-Adapter nicht zum regulären Lieferumfang, er stand für diesen Test auch leider nicht zur Verfügung. Also trat der Canon mit dem eingebautem Mikro gegen den Sony mit und ohne Adapter an. Um es kurz zu machen: Vergleicht man nur die eingebauten Mikros, ist der Canon besser, weil er den runderen, ausgewogeneren Ton bietet, obwohl er auch bei ausgeschalteter »Voice«-Funktion den Mittenbereich anhebt und etwas überbetont. Beim Sony-Camcorder mindern vor allem Bedien-, Laufwerk- und Zoomgeräusche den Hörgenuss, wenn man mit dem eingebauten Mikro arbeitet. Diese Nebengeräusche sind Beim Sony-Camcorder deutlich lauter und störender zu hören als beim Canon.
Mit dem Aufsteck-Adapter und dem mitgelieferten Mono-Mikro sind diese Probleme des PDX10 deutlich reduziert und der Sony hat mindestens bei Sprachaufnahmen die Nase vorn. Ihm fehlt allerdings etwas die Fülle im Bassbereich, die beim Canon beeindruckt. Generell gilt bei beiden Camcordern: Spätestens wenn es um Musikaufnahmen geht, sind externe Mikros unverzichtbar.
Beim manuellen Pegeln wird der PDX10-Anwender aber mit einem einzigen, kleinen Multifunktions-Rändelrad abgespeist und er muss zudem erst im Menü einige Einstellungen vornehmen, um den Pegel sehen zu können und das manuelle Aussteuern zu aktivieren. Da ist der Canon mit seinem LCD-Balkeninstrument und den beiden getrennten, ausschließlich fürs Pegeln genutzten Einstellrädchen deutlich bedienfreundlicher.
Generell gefiel der XM2 den Testern beim Stichwort Handling während der Aufnahme besser. Er ist zwar größer, aber mit seinem Henkelgriff in vielen Situationen einfach praktischer: Beim Transport, aber auch beim Drehen aus der Hand, wenn man ungewöhnliche Perspektiven sucht. Dabei bewährt sich dann auch die zweite Zoomwippe, auch wenn diese nur drei per Menü vorwählbare, feste Zoomgeschwindigkeiten bietet und nicht ganz so gut zu bedienen ist.
Beim Gewicht schenken sich die beiden Testkandidaten nicht viel, obwohl man es anders erwarten würde: Der kleinere PDX10 bleibt nackt um 50 g unterhalb der 1-kg-Grenze, der XM2 liegt 12 g drüber. Betriebsbereit kehren sich die Verhältnisse um, der dann schwerere Sony wiegt aber mit 1,4 kg nur 100 g mehr als der Canon.
Setzt man beim Sony den mitgelieferten Audio-Adapter auf und installiert das Mono-Mikro, verliert er seine organische, geschlossene Erscheinung und man hat zudem schon zwei Kabel am Gerät herumhängen: Eins vom Mikro zur XLR-Buchse und eins vom Adapter zum intelligenten Blitzschuh-Anschluss über den er elektrischen Kontakt zum Camcorder aufnimmt. Besser wäre es, wenn der Adapter direkt über den Montageschuh Kontakt aufnehmen würde, so wie das bei Canons Audio-Adapter gelöst ist.
Apropos Handling und Praxisbezug: Sony gibt dem Camcorder zwar etliches Zubehör mit, zeigt sich aber unverständlicherweise bei einem wichtigen Punkt knauserig. So liegt dem Camcorder nur ein Netzgerät bei, das keine externe Akku-Lademöglichkeit bietet. Der Akku kann also nur im Camcorder geladen werden. Das ist im Profibereich schlichtweg praxisfremd, auch wenn die Akkus der kleinen Camcorder oft erstaunliche Laufzeiten zu bieten haben. Der Anwender muss zum PDX10 also ein separates Ladegerät kaufen, das Sony in verschiedenen Varianten ab 80 Euro (Endpreis) anbietet. Das Standard-Canon-Netzgerät kann dagegen auch Akkus laden, während der Camcorder unterwegs ist.
Canon legt seinem Camcorder ein zweite, größere Augenmuschel bei und eine Sonnenblende. Auf eine alternative Augenmuschel verzichtet Sony, aber dem Camcorder liegen zwei unterschiedlich große Sonnenblenden bei – schade nur, dass der Objektivdeckel nicht mehr passt, sobald die Sonnenblende montiert ist.
FAZIT
Wer einfach nur einen praktischen 3-CCD-Camcorder im DV-Format für den Semiprofi-Einsatz sucht und dabei auf ein gutes Preis/Leistungs-Verhältnis Wert legt, für den ist der Canon XM2 eine sehr gute Wahl. Er schlägt in etlichen Aspekten den Sony, als besonders positiv ist das Objektiv zu nennen. Etliche Funktionen für den Profi-Einsatz sind schon integriert, XLR-Buchsen lassen sich nachrüsten.
Sony kann dagegen mit dem PDX10 eher in Spezialdisziplinen punkten: DVCAM-Aufnahme, Timecode, Streaming, Memory-Mix. Auch wer überwiegend in 16:9 produziert, für den hat der Sony-Camcorder mit seiner hier besseren Auflösung natürlich einen entscheidenden Vorteil zu bieten. Ohne Zubehör ist der PDX10 kompakter als der XM2, wenn für eine bestimmte Anwendung also geringe Baugröße entscheidend ist, liegt Sony vorn. Außerdem wirft Sony mit Silver Support auch noch ein Paket aus erweiterter Garantie und Zusatz-Dienstleistungen in die Waagschale, das besonders bei Profis gut ankommt.
Wer sich von den Spezial-Features des Sony PDX10 nicht angesprochen fühlt, greift dagegen besser zu Canons XM2, für »General Purpose« im Semiprofi-Bereich ist er die bessere und günstigere Wahl.
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