Euro, Live, Sport, Top-Story: 30.07.2024

Produktionsreport: EM im eigenen Land

Die Produktion der Fußball-Europameisterschaft bei ARD und ZDF.





ARD im Stadion

Die ARD verzichtete bei der EM auf ein eigenes Studio und entschied sich bewusst für Moderationspositionen in den Stadien.

©Nonkonform Screenshot
Thomas Koch, WDR.

Man wollte gezielt die Stimmung vor Ort einfangen. Moderatoren und Moderatorinnen sowie Experten und Expertinnen waren hierfür bei den ARD-Spielen jeweils in den Stadien unterwegs.

Thomas Koch, Technischer Leiter der Fernseh-Außenübertragung beim WDR, erklärt: »Wir haben auf ein Produktionskonzept gesetzt, das auch, aber nicht ausschließlich Remote-Anteile enthielt.« 

©D. Gebhard
Tribünenposition im Stadion.

So wurden Matching, Shading, Kommando und In-Ear-Monitoring jeweils vor Ort in den Stadien realisiert. Alle anderen Aufgaben erledigten die Teams hingegen remote beim WDR in der Regie B in der Kölner Innenstadt. Vor Ort in den Stadien waren jeweils Ü-Wagen des WDR, des SWR und des RBB für die Produktion im Einsatz.

Die ARD eröffnete die Spiele jeweils am Pitch, wechselte dann meist in der Pause auf eine Tribünenposition, bevor nach Spielende wieder vom Spielfeld berichtet wurde.

©D. Gebhard
Die ARD eröffnete die Spiele jeweils am Pitch.

»Im Gegensatz zur WM in Katar, wo wir mit Sony FX3 und FX9 gearbeitet haben, haben wir bei der EM jeweils zwei unserer klassischen Ikegami Broadcast-Kameras eingesetzt, sowohl am Spielfeldrand als auch auf der Tribüne«, so Thomas Koch. Zusätzlich hatte die ARD Flashpositionen gebucht, die jeweils mit einer eigenen Kamera genutzt wurden.

©Riedel Communications
Für die Kommunikation war Riedel Bolero im Einsatz.

Bei der WM in Katar wollte man mit den Sony-Kameras FX9 und FX3 mehr Bewegung ins Bild bringen. Von diesem Ansatz rückte man jedoch ab und versuchte bei der EM mit einer Steadicam mehr Bewegung in die Bilder vom Pitch und der Tribüne zu bekommen.

»Für die Kommunikation haben wir Riedel Bolero eingesetzt, das hat sich bewährt, wie auch Riedel Mediornet zur Anbindung der einzelnen Positionen im Stadion«, so Thomas Koch.

Nimbra-Anbindung der Venue-Fahrzeuge

Die Fahrzeuge an den Spielorten waren jeweils mit Nimbra-Technik ausgestattet, und es gab vier Videowege vom jeweiligen Stadion nach Köln und zurück.

Christian Vith, WDR.

»Wir haben das über eine Gigabit-Ethernet-Verbindung realisiert, die von der Uefa zur Verfügung gestellt wurde. Sie kam in Frankfurt an den Internet-Knotenpunkten an und wurde von dort über MTI nach Köln weitergeleitet«, erklärt Christian Vith, Technischer Leiter der Studioproduktion beim WDR.

Vor Ort fand kein Schnitt und keine Mischung statt, sondern alle Signale wurden nach Köln übertragen. Das heißt, weder Regie noch Bildmischung oder Zuspielung fanden im Fahrzeug vor Ort statt, und auch der Toningenieur mischte nicht. All dies wurde von der Regie in Köln geleistet.

Regie in Köln

Innerhalb der ARD lag der Schwerpunkt der Sportberichterstattung beim WDR. Hier werden beispielsweise die Sportschau und die Bundesliga-Berichterstattung produziert. Während der EM wurde diese Technik nun für die EM-Berichterstattung genutzt.

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Regie beim WDR.
Clemens Dieckmann, WDR.

In der Regie B in Köln kamen die Signale von NBC Mainz an und wurden dort vom Quantel Server im Ingest aufgezeichnet. Clemens Dieckmann, Technischer Leiter der Studioproduktion, erklärt, dass von der vorhandenen Hardware EVS-Systeme für schnelle Schnitte wie Highlights, Interviews oder Analysen eingesetzt wurden.

Er ergänzt: »Wir haben unsere große Zentralregie genutzt, um dort die komplette Sendung zu bearbeiten. Dort wurden die vier Kamerasignale aus den Stadien zusammengeschaltet. Außerdem schickten wir Tally zurück in die Stadien. Mit der Nimbra-Anbindung hat das alles sehr gut funktioniert, die Latenzen waren sehr überschaubar und nach einigen Tests auch gut beherrschbar.«

©WDR
In der Audioregie beim WDR.
Quantel und Adobe im Schnitt

Für die Produktion von Beiträgen nutzte der WDR die vorhandene Infrastruktur, die noch auf Quantel-Technik basiert, zumindest was den linearen TV-Bereich betrifft. Im Onlinebereich arbeitet der WDR hingegen mit Adobe-Schnittsystemen. Adobe-Technik war auch an Bord der drei Busse, die während der Euro durch Deutschland fuhren. Daraus soll ein Feature entstehen, das ebenfalls mit Adobe geschnitten werden soll.

©WDR
Die Audioproduktion spielte bei der ARD eine große Rolle.
Vollreportagen aller Spiele

Während der Euro bot die ARD erstmals Vollreportagen aller Spiele an. Diese wurden technisch realisiert im WDR Sportcampus. Zu hören waren sie als Streamingsendung unter dem Label »Sportschau live« in der ARD Audiothek, auf Sportschau.de, in den Web-Channels der Landesrundfunkanstalten und in der Sportschau-App. Auch im linearen Radio wurde live von den Spielen aus dem Stadion berichtet, mit Schaltungen im laufenden Programm und auf den Info-Wellen vor allem in den Abendstunden als Vollreportagen.

Die Radio-Mitarbeitenden waren vor Ort in den Stadien und konnten dort mit kleinem Technik-Besteck ihre Reportagen realisieren. Die zentrale Regie dafür war ebenfalls beim WDR in Köln eingerichtet.

©WDR
Der Dispatcher-Raum beim WDR.
Eigener Euro-Schaltraum

Beim WDR musste alles im laufenden Betrieb stattfinden, deshalb mussten auch alle Ressourcen und Räume genutzt werden. Der Dispatcher-Raum, den normalerweise die ARD Sportschau nutzt, wurde zum Euro-Schaltraum umfunktioniert, hier kamen alle Signale an, hier wurden sie überwacht.

Zusätzliches Personal war hier ebenfalls untergebracht, etwa Aufnahmeleitung, Mitarbeitende des ARD-Leitungsbüros, LiveU Dispatcher und mehr.

©Broadcast Solutions
Der WDR nutzte den Hi Controller von Broadcast Solutions im Zusammenspiel mit der Technik von Riedel Communications.
Video- und Audio-Signalverteilung mit Riedel

»Kurz vor der EM hatten wir noch die Europawahl und etliche andere Events, sodass wir recht flexibel auf- und umbauen mussten. Weil wir beim WDR ohnehin auf viele Gebäude verteilt sind, mussten wir für die Euro, die ja zusätzlich stattfand, noch Technik von Riedel leihen, um die Signalverteilung im Haus realisieren zu können. Hier waren Micron UHDs im Einsatz, und als Steuersystem nutzten wir den Hi Controller von Broadcast Solutions, der sich sehr schnell einrichten und auch gut mit der Riedel-Hardware nutzen ließ« erklärte Konstantin Steuer, Trainee im WDR.

©TV-Screenshot ARD
Vidi realisierte die Glasfaser-Anbindung für das Kneipenquiz.
Kneipenquiz ARD

Wenn am Tag der ARD-Übertragung in den Stadien die Lichter ausgingen, ging es in der Bochumer Kneipe »Zum Kuhhirten« erst los: Um 23:30 Uhr lief dann im Ersten das »Sportschau EM-Kneipenquiz«, das der WDR als klassische Ü-Wagenproduktion mit dem WDR Ü1 realisierte. Die Firma Vidi realisierte die Glasfaser-Anbindung für das Kneipenquiz.

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