Editing, Postproduction, Top-Story: 08.12.2023

SWR: Neue Workflows von TikTok bis Tatort

Der SWR hat seine bisher genutzten Avid Media Composer durch Adobe-Premiere-Schnittplätze ersetzt. Zwischenzeitlich wurde bereits schon ein erster SWR-»Tatort« mit Premiere geschnitten. Marc Weckenmann über einen großen Systemwechsel, der mehr Flexibilität bringen soll.



Premiere Pro Arbeitsplätze

Herzstück der neuen Schnittarbeitsplätze beim SWR ist jeweils die Software Adobe Premiere Pro. Neben der professionellen Farbkorrektur mit Baselight kann nun eine einfache Farbkorrektur bei vielen Projekten auch mit Bordmitteln realisiert werden. Grafiken stehen in den Bibliotheken übers Essential Graphics Panel zur Verfügung.

@SWR
Herzstück der neuen Schnittarbeitsplätze beim SWR ist jeweils die Software Adobe Premiere Pro.

»Bei besonderen Anforderungen nutzen wir bei anspruchsvolleren Projekten auch noch After Effects und Audition sowie diverse Effect PlugIns«, so Marc Weckenmann.

Als großen Vorteil wertet er nun die standardisierten Arbeitsplätze. »Im Prinzip kann jede Editor_In von Stuttgart nach Mainz fahren, sich dort an den Arbeitsplatz setzen und wird sofort zurechtkommen. Das war in der Avid-Welt definitiv nicht der Fall«, so der Fachbereichsleiter.
Aber natürlich umfassen die Arbeitsplätze mehr als die reine Software, denn wenn man einen multiformatfähigen Arbeitsplatz aufbauen will, muss man verschiedene Seitenverhältnisse, Frameraten, Farbräume mit einer ausreichenden Performance darstellen können. »Ich habe hier immer den Satz eines Editors im Ohr, der insistierte, dass die Wiedergabe sofort beginnen müsse, sobald er auf die Leertaste drücke, sonst könne er nicht arbeiten. Genau solche Dinge sind es, die Editor_innen bei ihrer Arbeit erwarten – wer professionell schneidet, braucht einfach Performance.«

Zunächst hatte der SWR für die Ausstattung der Schnittplätze ein SDI-Setup geplant, »aber aufgrund von Lieferschwierigkeiten angesichts der Corona-Pandemie entschieden wir uns schlussendlich für eine HDMI-Struktur, obwohl man davor als Fernsehtechniker zunächst zurückschreckt«, blickt Weckenmann zurück.

@SWR/Marc Weckenmann
Im jetzigen Setup kommen alle Signale aus der Grafikkarte und werden über einen HDMI-Splitter, der gleichzeitig noch Up-/Down-Konverter ist, verteilt.

Im jetzigen Setup kommen alle Signale aus der Grafikkarte und werden über einen HDMI-Splitter, der gleichzeitig noch Up-/Down-Konverter ist, verteilt. »Und das funktioniert wunderbar. Unser Learning daraus lautet: Wenn man Premiere so einsetzt, wie das wahrscheinlich die meisten Anwender tun, funktioniert es wunderbar.«

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Für zeitkritische Produktionen, etwa für Nachrichten oder Sport, wird das Signal an einer Stelle allerdings doch noch von HDMI nach SDI gewandelt, »denn manchmal kann es sein, dass wir keine Zeit mehr haben, um das Endprodukt zu exportieren — und im Notfall wird der Beitrag dann direkt über eine SDI-Strecke live in die jeweilige Sendung eingespielt.«.

Auch die abgesetzten Sprecherkabinen für Voice-Overs sind noch über SDI angebunden. Am Schnittplatz selbst läuft jedoch alles über HDMI und separates Audio über USB, »und das funktioniert sehr gut«, so Weckenmann.

@MoovIT
Die Projektmanagement-Software Helmut spielt beim SWR eine wichtige Rolle.
Zentrale Rolle für Helmut

Die Projektmanagement-Software Helmut von MoovIT spielt beim SWR eine wichtige Rolle, triggert und überwacht zahlreiche Abläufe. Der Austausch mit dem DAW-System ProTools und mit der Grading-Lösung Baselight wird etwa von Helmut angestoßen — und auch das zentrale Rendering mit dem Media Encoder wird über Helmut abgewickelt.

©Nonkonform
Helmut triggert und überwacht zahlreiche Abläufe.

»Das geht sogar so weit, dass ich über das Helmut-Panel in Premiere Beiträge direkt auf den Playout-Server exportieren kann. Ich kann beispielsweise in Mainz sitzen und auf den Playout-Server der Nachrichten in Stuttgart ausspielen«, erläutert Marc Weckenmann.

Er betont, dass der Materialaustausch über mehrere Standorte hinweg in dieser Form bisher nicht möglich war. »Helmut wird bei uns sehr intensiv eingesetzt, wir haben über 300 Nutzer. In der Corona-Zeit nahm der Einsatz an Fahrt auf, weil wir damit auch Remote-Setups realisierten«, führt der Fachbereichsleiter aus.

Fürs Erstellen der Proxies ist Telestream Vantage im Einsatz, und das eigenentwickelte Tool »SWR Transfer« sorgt für den VPMS-Austausch.

@SWR
Das eigenentwickelte Tool »SWR Transfer« sorgt für den Austausch mit VPMS von Arvato Systems.
Formate und Codecs

Jeder, der schneidet, weiß, dass es immer wieder Formate gibt, mit denen eine Software nicht so gut klarkommt. »Wir haben deshalb ganz viele Codecs getestet und auf diese Weise ermittelt, welche wir problemlos nutzen können und welche nicht so smooth laufen. Letztere wandeln wir standardmäßig in ein Proxy-Format um, bevor wir dann am Ende wieder das Original nutzen.«

Zugriff auf Originalformate

Auch im neuen Workflow wird ankommendes Material im Ingest ins SWR-Hausformat XDCAM HD gewandelt. Das bedeutet, dass moderne Formate wie Hochkant dann eben auch in 16:9 gewandelt werden. Für solche Fälle bietet der neue Workflow eine Lösung, denn im VPMS-2-System wird das Originalformat beibehalten.

Wenn aus dem MAM-System via Helmut etwas an Premiere geschickt wird, verwendet das System dabei tatsächlich das Original-File, das auf dem Isilon- oder Mediagrid-Speicher vorliegt. Das erleichtert die Postproduktion dieses Materials.

Seite 1: Hintergründe
Seite 2: Editing, Premiere Pro und Helmut
Seite 3: Change Prozess


Autor
Christine Gebhard, Gerd Voigt-Müller

Bildrechte
@SWR, Jürgen Pollak/Maor Waisburd/Christian Koch, Marc Weckenmann, Nonkonform

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