Backstage, Making-of: 01.08.2023

Hoyte van Hoytema drehte »Oppenheimer« mit 65-mm-Film

Der DoP berichtet über die Dreharbeiten und einige technische Besonderheiten von »Oppenheimer«.



Oppenheimer, BTS, © Melinda Sue Gordon, Universal Pictures, Universal Studios
Um die schwere, große Kamera während der Produktion bewegen zu können, wurden häufig Kräne und Dollies eingesetzt.
Großes, schweres Kamera-Setup

Um die schwere, große Kamera während der Produktion bewegen zu können, wurden Kräne und Dollies eingesetzt, aber wenn es darum ging, mit der Handkamera zu arbeiten, übernahm van Hoytema buchstäblich selbst die Verantwortung für die Bedienung der Imax-Kamera — auch physisch eine beträchtliche Leistung, denn das sperrige Kamera- und Objektivpaket wog mehr als 20 kg.

»Ja, das ist schwer, aber es ist absolut handhabbar«, sagt van Hoytema dazu. »Wir hatten keine langen Takes zu drehen, und ich hatte die Imax-Kamera immer nur für kurze Momente auf der Schulter. Außerdem hatte ich eine grundsolide Crew, mit der ich schon bei vielen Filmen zusammengearbeitet habe: Mein Key-Grip Kyle Carden und mein Dolly-Grip Ryan Monroe waren sehr einfühlsam und sensibel im Umgang mit der Kamera und sorgten dafür, dass ich sie rechtzeitig auf meine Schulter und wieder herunter bekam. Ich muss auch Keith Davis erwähnen, meinen genialen Focus-Puller, der die Kameras überhaupt erst aufgeriggt und vorbereitet hat, um ‚Run-and-Gun‘ mit der Kamera arbeiten zu können.«

Was die Beleuchtung des Films anbelangt, erläutert van Hoytema, dass es zwar eine gewisse kreative, interpretatorische Arbeit erforderte, sich in die Gedankenwelt eines Quantenphysikers an der Spitze der Atomwissenschaft hineinzuversetzen — aber das übergeordnete Ziel war für ihn, ehrlich zu zeigen, woher das Licht kommt, und ein naturalistisches Ergebnis zu erzielen. Unterstützt wurde er dabei von Gaffer Adam Chambers, einem weiteren festen Mitglied der Crew aus früheren Produktionen.

Oppenheimer, Still, © Melinda Sue Gordon, Universal Pictures, Universal Studios
Still aus »Oppenheimer«.

»Ich hatte bei den Dreharbeiten eine Mischung aus allem — altmodische Tungstens und 18 kw Arrimax HMIs, wenn ich etwas Punch brauchte, zusammen mit neueren Scheinwerfern wie Arri Skypanels«, erinnert sich der DoP. »Ich muss sagen, dass sich die LED-Beleuchtung in den letzten Jahren dramatisch weiterentwickelt hat. Das Licht ist satt, die Farbwiedergabe-Indizes sind sehr hoch, und die Steuerbarkeit ist großartig. Adam hat zusammen mit seinen Brüdern Noah und Shane ein extrem solides, latenzfreies, 100 % drahtloses DMX-Steuerungssystem entwickelt. Das bedeutete, dass unsere Leuchten sofort vom Board aus steuerbar waren, sobald wir sie aufstellten.

Oppenheimer, Still, © Melinda Sue Gordon, Universal Pictures, Universal Studios
Still aus »Oppenheimer«.

»Für die Szene in Raum 2021, in der es eine lange Anhörung mit Oppenheimer gibt, habe ich kein einziges Gerät innerhalb des Sets verwendet — alle Leuchten befanden sich  außerhalb der Fenster. Wir konnten uns an das natürliche Tageslicht per Lichtsteuerpult anpassen und nachregeln, wodurch unser gesetztes Licht perfekt an das Umgebungslicht abgestimmt war. Das ermöglicht eine sehr schnelle und praktische Arbeitsweise.«

Bilanz des DoPs

Über seine Erfahrungen bei den Dreharbeiten zu »Oppenheimer« sagt van Hoytema abschließend: »Nachdem ich mit Chris bereits drei Filme mit Kodak-65-mm-Film in Imax gedreht habe und das Medium jedes Mal für unsere Zwecke weiterentwickelt und perfektioniert wurde, fühlte sich die Arbeit mit diesem Medium sehr intuitiv an. Aber Chris geht immer an die Grenzen, und ich mag es auch, Teil der Innovationen zu sein, die er in jeden unserer gemeinsamen Filme einbringt — in diesem Fall, indem er die Kamera für die Nahaufnahmen ganz nah heranholte und Kodak ermutigte, das S/W-65-mm-Filmmaterial herzustellen.«

Oppenheimer, BTS, © Melinda Sue Gordon, Universal Pictures, Universal Studios
Christopher Nolan mit Schauspielerin Emily Blunt und Hauptdarsteller Cillian Murphy.

»Chris hat nicht nur ein sehr gutes Gespür für die Technik, sondern ist auch ein großartiger Vorplaner. Er weiß genau, wie lange ein Magazin reicht, bevor er nachladen muss. Er weiß, was er von jeder Aufnahme will. Und jede einzelne Aufnahme, die wir machen, kommt auch in den Film. Es gibt nie Nachdrehs, und wir werden in der Regel pünktlich oder früher als geplant fertig. Das ist supereffizientes Filmemachen. ‚Oppenheimer‘ ist ein großartiger Film, der zum Nachdenken anregt und ein intensives Erlebnis bietet — vor allem, wenn man ihn auf einer großen Leinwand sehen kann.«

Seite 1: Einleitung, Über den Film, Vorbereitung
Seite 2: Drehorte, Objektive, BTS-Video, Filmmaterial
Seite 3: Großes Kamera-Setup, Bilanz


Offizieller Trailer von »Oppenheimer«.