Sky Sport Summit 2023 in Berlin
Während der Special Olympics in Berlin richtete Sky den Sport Summit aus, der interessante Themen aus der Live-Produktion aufgriff.
Was 2015 als informativer Austausch einiger Live-Produktionsleute begann, ist über die Jahre zu einer wichtigen Veranstaltung im Live-Sport-Broadcasting in Deutschland geworden. Host der Veranstaltung ist bereits seit den Anfängen Alessandro Reitano, Senior Vice President Sports Production bei Sky Deutschland. Er moderierte den Sky Sport Summit in Berlin gewohnt routiniert.
Dass der Sky Sport Summit dieses Mal in Berlin stattfand, hatte einen guten Grund, denn dort fanden zum Zeitpunkt der Veranstaltung die Special Olympics für Menschen mit geistiger und mehrfacher Behinderung statt. An der Produktion dieses Groß-Events mit rund 7.000 Athletinnen und Athleten war der Sportsender Sky maßgeblich beteiligt.
Es gab für die Besucher des Summits daher im Vorfeld der Veranstaltung die Möglichkeit, einige Wettkämpfe vor Ort zu besuchen und sich ein eigenes Bild dieses tollen, integrativen Events in Berlin zu verschaffen.
Sven Albrecht, Bundesgeschäftsführer Special Olympics Deutschland, gab einen kurzen Überblick zu den Special Olympics World Games in Berlin (Meldung).
Die Idee, das Multisport-Event nach Berlin zu holen, gab es demnach schon 2015. Man wollte, so Albrecht, den Athletinnen und Athleten mit geistiger Behinderung eine Stimme geben, sie sichtbar machen in der Gesellschaft und damit nicht zuletzt mehr Chancen und Möglichkeiten schaffen — beispielsweise indem die vielen Sportvereine in Deutschland sich für mehr Inklusion begeistern.
Bei einem so großen Event dabei zu sein, dazuzugehören und einmal nicht angestarrt zu werden, war für viele Athletinnen und Athleten eine völlig neue Erfahrung, so Albrecht.
Sicht der Athleten und Athletinnen
Im Gespräch mit Daniela Ulbing berichteten die Athletenvertreter Juliana Rößler und Mark Solomeyer darüber, was die Special Olympics aus Sicht der Sportlerinnen und Sportler bedeuten. Sie betonten, wie wichtig es sei, in der Gesellschaft sichtbarer zu werden, und wünschten sich von den Medien ganz konkret auch Services wie etwa »leichte Sprache«, was teilweise im TV-Programmen schon abgerufen werden kann. Das Panel war sich einig darin, dass man definitiv etwas verändern könne, wenn man miteinander spreche.
Dass es in Bezug auf die Sichtbarkeit aber noch Luft nach oben gebe, sagte Albert Tuemann, Chief Marketing and Communications Officer bei den Special Olympics World Games Berlin 2023. Hier könne eine große Veranstaltung wie die Special Olympics mithelfen, zumindest einen Anfang zu machen.
Special Olympics
Charly Classen, EVP von Sky Sport Deutschland, erzählte im Gespräch mit Alessandro Reitano, wie viel Freude es bereite, aus Berlin zu berichten, und wie viele tolle Momente das gesamte Sky-Team mit den Teilnehmenden schon erlebt hätten. Er findet, dass es nun darum gehe, diesen Spirit der Special Olympics in Zukunft weiterzutragen und auch künftig mehr Inklusion zu leben. Das sei letztlich in einer sich verändernden Gesellschaft auch business-relevant, denn schließlich verändere sich kontinuierlich, was Menschen von einer Marke erwarteten.
Im nächsten Panel ging es um die TV-Produktion bei den Special Olympics. Die Teilnehmer Roman Steuer, Local Organising Committee (LOC), Zlatan Gavran, Geschäftsführer NEP Germany, Kate Jackson, VP of Production bei ESPN und Johanna Torchetti, Manager of Operations bei Sky Deutschland, berichteten hautnah aus ihren Bereichen.
Roman Steuer gab zunächst einen kurzen Überblick übers Host-Broadcasting, das rund 400 Stunden Programm von den 26 Sportarten umfasste. Steuer betonte, dass die Special Olympics die erste so große Multi-Sport-Veranstaltung in Deutschland seit den Olympischen Spielen von 1972 in Deutschland seien und dass man dieses Groß-Event mit viel Freude und Enthusiasmus geplant habe. Als technischer Dienstleister fürs Host-Broadcasting war NEP an Bord.
NEP-Geschäftsführer Zlatan Gavran erläuterte, dass man insgesamt 13 Ü-Wagen sowohl als IBC-Backbone wie auch vor Ort bei diversen Venues einsetzte. Im Fokus stand dabei immer, die Emotionen der Athleten bestmöglich einzufangen, so Gavran. Kate Jackson von ESPN berichtete, dass der US-Sportsender mit einem Team von rund 70 Personen aus Berlin berichtete und mit der Arbeit des Hosts hochzufrieden war. Seit 2015 berichtete ESPN über die Special Olympics. Man müsse offen sein bei dieser Berichterstattung und die besonderen Geschichten entdecken, von denen es bei den Special Olympics zweifelsohne viele gab.
Die meisten dürften zumindest einige Bilder gesehen haben, in denen sich Athleten und Athletinnen der Special Olympics gegenseitig halfen und einfach immer sehr menschlich miteinander umgingen. Kate Jackson ergänzte: »We think the Games are here for the athletes, but they are actually there for us.«
Diese Einschätzung teilt auch Johanna Torchetti, die sagte, dass das Produktionsteam bei Sky selten so berührt war von einer Veranstaltung wie bei den Special Olympics. »Das war etwas ganz Besonderes«, so Torchetti, die sich wünscht, bei künftigen Produktionen auch mehr inklusive Reporter einbinden zu können.
Remote-Kommentatoren in der 2. Bundesliga
Im nächsten Programmpunkt stellte Peter Wyrwich, Sales Director DACH von TVU Networks ein anderes Thema vor, das von den Special Olympics wegführte, zurück von diesem außergewöhnlichen Sport-Event, hin zu regelmäßigen Sportereignissen.
Wyrwich stellte kurz vor, wie Remote-Kommentatoren in der 2. Bundesliga mittlerweile dank TVU-Technik nahtlos in die Berichterstattung eingebunden werden können.
Trends in der Sportproduktion
Im Panel »Trends in der Sportproduktion« diskutierte Alessandro Reitano mit Christian Holzer, Geschäftsführer von Sportec Solutions, Thomas Riedel, CEO von Riedel, Mike Ward, Geschäftsführer von Reality Check Systems und Tim Achberger, Head of Innovation und Technology bei Sportcast.
Für Christian Holzer war dabei klar, dass der Trend in der Sportproduktion dahin gehe, in Echtzeit auch Daten-Content zu generieren. Derzeit spielten die Körperdaten der Sportler und Sportlerinnen eine zunehmend wichtige Rolle, so Holzer.
Thomas Riedel sprach davon, dass der Kostendruck für die Kunden steige, auch die Anforderung, effizienter zur produzieren. Das sieht auch Mike Ward so. Auf diese Situation müssten die Hersteller mit intelligenten Systemen reagieren, aber auch AI-Technologie komme hier ins Spiel. Sie könne helfen, effizienter zu produzieren, erfordere aber auch, dass man sich mit den neuen Möglichkeiten von AI beschäftige.
Für Christian Holzer von Sportec Solutions ist das ohnehin Pflicht, er berichtet, dass sein Unternehmen sich schon sehr früh mit AI beschäftigt habe – was bei dem Thema Datenerfassung und -analyse auch naheliegt. Thomas Riedel bilanzierte, dass man keine Angst haben müsse vor AI, denn alle hätten schließlich ein Personalproblem, und AI könne hier konkret helfen und entlasten, sodass Mitarbeitende dank AI besser eingesetzt werden könnten.
Tim Achberger von Sportcast erläuterte, dass nach der Pandemie noch vieles aus den vergangenen zwei, drei Jahren aufgearbeitet werden müsse. Achberger blickte auch in die nähere Zukunft: Mit der Entscheidung der Uefa, die Euro im kommenden Jahr in Deutschland nicht in UHD zu produzieren, sei der Rahmen für die nahe Zukunft zunächst einmal gesetzt.
Alessandro Reitano sprach nach diesen allgemeineren Themen Thomas Riedel auch auf sein Engagement beim Sail GP an: Thomas Riedel hat mit dem Formel-1-Fahrer Sebastian Vettel und dem Segler Erik Heil ein deutsches Sail-GP-Team gegründet.
Warum er sich dazu entschlossen habe, beantwortete Riedel damit, dass man eben sehr nah am Sport dran sein müsse, wenn man Dinge entwickle. Als Techniklieferant für Funkkommunikation und Telemetrie im Segelsport profitiere Riedel Communications von den Erfahrungen des neuen Segelteams.
Kurz vor dem Start: Dyn Media
Der Aufbau des neuen Sportsenders Dyn schreitet mit großen Schritten voran, und das Team um Christian Seifert, Andreas Heyden und Marcel Wontorra arbeitet mit Hochdruck an der Vorbereitung des Sendebetriebs, der im August starten soll.
Alessandro Reitano hatte Andreas Heyden zum Gespräch über diesen neuen Sportsender eingeladen, über den derzeit natürlich auch beim Sky Sport Summit alle sprechen.
Kann und wird Dyn funktionieren? Diese Frage bewegt derzeit die Branche, und Andreas Heyden gab sich selbstbewusst: »Wir bauen ein gesamtes Sky und ein gesamtes Dazn neu auf — und das in zehn Monaten«, sagte er. Pro Jahr werde man 2.400 Spiele zeigen. Auf die Frage, was Dyn Media anders mache als die anderen Sender, führte er aus, dass Dyn Media für die Produktion in Zusammenarbeit mit NEP verstärkt mit Remote Centern und Virtual Production Units arbeite.
Um mehr Reichweite aufzubauen, arbeite man mit Drittplattformen zusammen, und die Themen Metadaten-Generierung und Personalisierung von Inhalten spielen eine große Rolle, so Heyden.
Heyden betonte zudem, dass Dyn Media 10% seiner Abo-Einnahmen zurück an die Vereine gebe und damit Sportarten jenseits des Fußballs fördere und weiter aufbaue.
Frauenfußball im Aufwind
Frauenfußball stößt mittlerweile auch in Deutschland auf größeres Interesse. Darüber diskutierte Alessandro Reitano mit Benjamin Daub, Senior Manager Media Rights & Broadcasting beim DFB, Julia Böttger, Director of Operations bei Sky Deutschland und Michael Bracher, SVP Programming bei Dazn.
Dazn Rise widmet sich ausschließlich dem Frauensport und zeigt dabei auch viel Frauenfußball. Auch Sky hatte in der Vergangenheit stark auf Frauenfußball gesetzt, war aber bei der Rechtevergabe leer ausgegangen.
Doch nun produziert Sky im Auftrag des DFB das Basissignal, sowohl für Telekom, DAZN, Sport1 und ARD als auch für die Highlight-Rechtehalter.
Michael Bracher erläutert, dass man diesen Sport gemeinsam voranbringen wolle. Mit Steigerungsraten von 300% könne sich der Sport durchaus sehen lassen, findet Bracher und ergänzt, dass dies natürlich auch wirtschaftlich interessant sei.
Benjamin Daub vom DFB sieht ebenfalls großes Potenzial. In England müsse jeder Fußballverein auch ein Frauenteam haben. In Deutschland sei das nicht so geregelt, umso erfreulicher sei es aber, dass der Frauensport immer mehr Menschen begeistere.
Zukunftsszenarien
In der letzten Session des Tages sprach Alessandro Reitano mit Klaus Böhm von der Schickler Unternehmensberatung über Zukunftsszenarien und die Bedeutung von Daten. Für die nächsten 12 Monate prognostiziert er neue Geschäftsmodelle in der Branche, aber auch eine weitere Konsolidierung. Fast Channels betrachtet er als Zwischenschritt zur Personalisierung mit KI.
Generell ist sich Klaus Böhm sicher, dass der Umgang, die Analyse und die Nutzung von Daten von zentraler Bedeutung sind und Daten künftig noch wichtiger werden.