Editing, Interview: 18.01.2023

Workflow von »Avatar: The Way of Water«

Ein Gespräch mit den Editoren von »Avatar: The Way of Water« über den Workflow und ihre Arbeit.





»Avatar: The Way of Water«, Still, © 20th Century Studios
Die Szenen, die im Film gezeigt werden, entstehen auf Basis zahlloser Bildteile und Daten das letztlich kadrierte Bild entsteht auf Basis einer virtuellen Kamera.

Man hat also diese Performance-Captures oft mit mehreren Schauspielern und man hat zusätzlich auch noch totalere Aufnahmen, alles zusammen gehört aber letztlich zu einer Einstellung. Wie kann man das alles in einer Timeline kombinieren und darstellen – und das noch in einer Form, in der Jim aus den Szenen wählen kann?

Refoua: Wir legen ihm einen so genannten Pre-Cut vor, der von den Referenzkameras stammt. Den fügen wir dann ins Reel ein. Eine Zeit lang sieht man im Reel also Menschen mit Punkten im Gesicht und einem schwarzen Anzug auf einem grauen Band. Das ist die erste Ebene. Das bleibt also im Reel. Der Rest kommt nicht in das Reel, sondern das sind im Grunde Anweisungen an das Labor, die besagen: Nimm diesen Take von hier nach hier, nimm diesen Take von hier nach hier, kombiniere sie und gib dem Ganzen diesen Namen, damit Jim sie drehen kann.

Ich dachte an zwei Aufnahmen mit einem kleinen Bild im Bild der Gesichter. Aber das ist nicht die Art, wie ihr vorgeht.

Refoua: Manchmal machen wir das. Während der Captures dreht Jim manchmal auch mit einer Kamera, um zu sehen, wie der Ort aussieht. So kann man den Schauspielern zeigen: Du bist hier, du machst das, und das wird passieren.

Wir können darauf schneiden und dann Gesichter in Bild-in-Bild-Darstellungen einfügen, so dass die beiden, die sich unterhalten, das hier sehen. Aber wir versuchen, das nicht zu oft zu machen, weil es verwirrend ist, von einer Sichtweise auf den Film zu einer anderen zu wechseln.

Rivkin: Jim nutzt bei jeder Aufnahmesitzung auch die virtuelle Kamera und macht eine Referenzaufnahme der virtuellen Szene. Das können wir in den Performance-Schnitt einbauen. Es gibt also eine Zwischenphase, in der wir einen groben Kameradurchlauf machen. Das ist etwas, das zwischen dem Performance-Schnitt und dem Schnitt mit der virtuellen Kamera liegt.

Beim traditionellen Filmemachen kommt es häufig vor, dass ein Schauspieler seine beste Leistung in einer Totalen abliefert. Und wenn sie dann zur Nahaufnahme kommen, ist sie einfach nicht mehr so gut. Wie viele Editor haben sich schon über so etwas geärgert? ‚Wenn ich das nur in der Nahaufnahme hätte.‘ Nun kann jede Aufnahme so eine sein. Man hat die ideale Performance, die man sorgfältig ausgewählt und für die Aufnahme vorbereitet. Jim kann während der Erstellung der virtuellen Kamera jederzeit entscheiden, was er in der Nahaufnahme und was er in der Totalen haben möchte. Und es ist immer die gleiche Performance.

Man muss sich keine Sorgen machen, ob ein Schauspieler seinen Text versaut oder seine Markierung nicht trifft. Man muss sich keine Gedanken über so etwas machen wie: ‚Das war eine tolle Aufnahme, aber der Typ hat den Dolly angestoßen, und die Kamera bewegt.‘ All das spielt keine Rolle mehr. Es geht nur noch darum, die beste Performance abzurufen.

»Avatar: The Way of Water«, Still, © 20th Century Studios
Die Arbeitsweise von »Avatar: The Way of Water« ist aufwändig und kompliziert, ermöglicht aber Regisseur James Cameron volle Kontrolle über alle Aspekte und eine früher unerreichte Gestaltungsfreiheit.

Refoua: Ja! Es ist alles ganz einfach!

Rivkin: Ja. Ganz einfach. Richtig? Richtig. (Gelächter)

Ich weiß nicht, ob es einen komplexeren Weg gibt, einen Film zu machen. Deshalb braucht man auch vier Cutter — und in Wahrheit hatten wir noch zwei zusätzliche Editoren, denen ich ein Lob aussprechen sollte: Jason Gaudio und Ian Silverstein. Sie haben mit uns zusammengearbeitet. Und wir hatten eine ganze Armee von Assistenten — wirklich eine regelrechte Armee von Assistenten — VFX-Editoren und VFX-Assistenten. Und diese gesamte Crew war sehr engagiert.

Auch diejenigen, die an dieser Produktion mitmachten und schon etwas Erfahrung in der Live-Action-Welt hatten, hatten so etwas noch nie erlebt. Angefangen bei der Art und Weise, wie wir unsere Dailies für die Performance-Aufnahmen erstellen, bis hin zu der Art und Weise, wie wir die Referenzen für jeden Charakter in den virtuellen Aufnahmen stapeln müssen. All diese Dinge mussten berücksichtigt werden, wenn schließlich die virtuellen Schnitte der Szenen an WETA gehen sollen. Alles musste überprüft werden, und wir mussten für jede Figur die richtige Synchronisation vornehmen und sicherstellen, dass die Referenzen stimmten. Es ist unendlich detailliert — und unsere Crew hat einen wunderbaren Job gemacht.

Hatten Sie in der Avid-Timeline all diese Mocap-Referenzen auf verschiedenen Spuren?

Refoua: Eine Zeit lang haben wir das gemacht. Ab einem bestimmten Punkt lässt man das aber weg, denn die virtuelle Kamera ist da und hat Referenzen. Wenn man die virtuelle Kamera schneidet, spielt das keine so große Rolle mehr.

Rivkin: Letztendlich, wenn diese Szenen an WETA übergeben werden, bauen wir alle Referenzaufnahmen wieder auf, die in jeder einzelnen Aufnahme im oberen Teil der Zeitachse enthalten sind. Und all diese werden übergeben — jede Spur ist akribisch beschriftet: ‚Charaktergesicht‘. Und manchmal wurde das Gesicht versetzt. Manchmal machen wir unser ADR-Äquivalent, das wir FPR nennen, also Face Performance Replacement.

Es kam zum Beispiel vor, dass Jim eine Zeile umschreiben und einen Schauspieler etwas anderes sagen lassen wollte, damit wir den ursprünglich aufgenommenen Körper verwenden konnten, und der Schauspieler kam zu einer FPR-Sitzung und sagte die neue Zeile. Dann haben wir das Gesicht des Schauspielers — mitsamt dem Ausdruck — wieder auf seinen eigenen Körper übertragen. Oft wurden die Gesichts-Tracks also mit anderen Körper-Tracks verbunden.

Alles musste berücksichtigt werden. Und bei jeder Aufnahme in einer Szene — wenn sie an WETA übergeben wurde — musste jede Figur und jedes Gesicht in der Timline berücksichtigt werden.

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