Making-of, Postproduction, Report, Top-Story: 03.12.2021

No-Budget-Musikvideo »Bait«

Kein Geld, aber viel Freiheit: Warum unser Autor ein No-Budget-Musikvideo realisierte.




Die Story

Wie so oft bei No-Budget-Produktionen hatten wir eine grobe Idee, die wir dann an die vorhandene Location anpassten. Das finde ich letztlich bei ganz unterschiedlichen Arten von Kurzfilmen empfehlenswert: Schauen, was einem an Drehorten zur Verfügung steht und das Buch dann dahingehend anpassen — oder sogar komplett um die Location »herumschreiben«.

Musikvideo Bait, © Sas Kaykha
Still aus der düsteren Welt von »Bait«.

Das geplante Video wollten wir in zwei gegensätzlichen Welten spielen lassen: Die eine eher düster, die andere eher hell und freundlich. Und ein Zirkus sollte auch vorkommen.

So entstand im Lauf der Zeit die Idee, dass die Band zunächst in einem dunklen Setup spielt und dann nach und nach in eine helle und lustige Zirkuswelt gezogen wird. Die Sängerin sollte als »Bait« fungieren, als Lockmittel und Köder, um die weiteren Bandmitglieder in die andere Welt zu ziehen. Der Zirkus sollte wild und verrückt sein — und so haben wir im Vorfeld Akrobaten und Feuerkünstler gecastet. Auch hier ließen sich gute Symbiosen bilden: die Künstler profitieren indirekt vom Marketing und der Verbreitung des Videos — also wieder etwas Geld eingespart.

Musikvideo Bait, © Sas Kaykha
Nur gute Vorplanung ermöglichte den No-Budget-Dreh.

Bei der Planung der Szenen haben wir parallel schon die Kameraeinstellungen festgelegt. So sollte die dunkle Welt auch gleichzeitig hektisch und nervös wirken — und um dies zu realisieren, setzten wir hier ausschließlich auf Handkamera. Zusätzlich setzte ich den Shutter auf 90 Grad, um einen Look zu erreichen, der so ähnlich wirkt wie bei der Strandszene von »Der Soldat James Ryan«. Durch die Belichtung und das Grading unterstützte ich die düstere Wirkung des ersten Teils.

Musikvideo Bait, © Sas Kaykha
Still aus der Zirkuswelt von »Bait«.

Die Zirkuswelt mit Akrobaten und Feuer bot an sich schon sehr viel Bewegung im Bild, daher waren hier eher Slider-Fahrten und ruhige Kamerabewegungen im Kontrast zur anderen Welt vorgesehen. Alles war sehr hell beleuchtet und sollte freundlich aussehen. Das helle Grundlicht hatte noch einen weiteren Vorteil: Da ja Feuer im Spiel war, hat die hellere Grundbeleuchtung den Kontrast zwischen den Flammen und dem Rest im Bild etwas gesenkt — und wir konnten im Schnitt viel vom Feuer zurückholen, das ja bei dunklem Grundlicht zu sehr ausgebrannt wäre.

Musikvideo Bait, © Sas Kaykha
Still aus dem Musikvideo »Bait«.
Musikvideo Bait, © Sas Kaykha
Besonders in der düsteren Welt wurde Handkamera verwendet: Eine GH5 mit anamorphotischem Objektiv auf einem Schulterrig.
Das Setup

Das Tolle bei Musikvideos ist, dass man sich gestalterisch recht gut austoben kann: Sowohl beim Drehbuch als auch bei der Kameratechnik. Anamorphotische Optiken, sofern man Zugriff auf sie hat, sind hier ein gutes Beispiel: Ich habe ein Kowa 8z 2x Objektiv in Verbindung mit Canon FD 50- und 35-mm-Objektiven sowie einem Minolta Rokkor 85 mm als Taking-Lenses genutzt (Infos zu Vintage-Objektiven). Dazu die GH5 (Infos), weil sie als einzige 4K-Kamera in diesem Preissegment einen 4:3-Sensor hat. (Mehr Infos dazu, wie man mit günstigen Anamorphoten drehen kann, gibt es hier.)

Für eventuelle spätere Crops und gute Ergebnisse beim Herunterskalieren auf 4K habe ich im anamorphotischen 4:3-Modus in 6K gefilmt (den der Kamerahersteller aber in Wahrheit eher als 5K hätte benennen sollen). Für die 50P-Zeitlupen musste ich die Auflösung dann auf 4K reduzieren. Das Ausgabeformat im Verhältnis 1:2,39 hatte dann eine Auflösung von 4.096 x 1.716.

Musikvideo Bait, © Sas Kaykha
In der Zirkuswelt wurde ruhigere Kameraführung umgesetzt, auch mit einem Slider.
Musikvideo Bait, © Sas Kaykha
Acht Leuchten mussten für die Lichtgestaltung des Sets reichen.

Neben einem Shoulder-Rig kam noch ein Slider für die 85-mm-Aufnahmen zum Einsatz. Beim Licht bin ich wegen der relativ geringen Lichtstärke der GH5 auf Nummer sicher gegangen, und so konnten wir sechs Flächen-LEDs sowie zwei Skypanel-Imitate verwenden. Neben den ganzen Feuereffekten der Künstler habe ich es mir nicht nehmen lassen, auch meinen Druckluftmörser einzusetzen. Im Prinzip ein Druckbehälter, aus dem die Luft schlagartig entweichen kann. Dieser eignet sich gut, um Staubpartikel, Konfetti oder sogar Wasser in die Luft zu schießen. Die kleine Variante erzeugt einen Ausstoß von etwa zwei Metern Höhe. Im Musikvideo nutzt der Clown ihn am Ende als Konfettikanone.

Musikvideo Bait, © Sas Kaykha
Still aus dem Musikvideo »Bait«: hektische, shaky Bildgestaltung.

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