Live, Olympia, Sport, Top-Story: 04.08.2021

Olympische Spiele – wie nie zuvor

Seit dem 23. Juli 2021 finden in Tokio die 32. Olympischen Sommerspiele statt. Ein Report über die TV-Übertragungen von ARD und ZDF.



IBC in Tokio

Da Olympia weitgehend remote produziert wird, betreiben ARD und ZDF im IBC in Tokio lediglich noch einen Schaltraum. Zusätzlich sind noch einige Sprecherkabinen installiert (acht Offtubes), die in Kombination mit weiteren im NBC genutzt werden können. »Mehr haben wir im IBC nicht, im Grunde ist das nur das Notwendigste an Technik. Da wir das Studio außerhalb des IBC aufgebaut haben, laufen die Leitungen daraus am IBC vorbei und direkt zum NBC nach Deutschland «, so Gunnar Darge, ZDF.

©Florian Rathgeber
Im NBC in Mainz laufen die Fäden der Berichterstattung zusammen.
NBC in Mainz

Das NBC auf dem ZDF-Gelände in Mainz spielt in der Olympia-Remote-Produktion die zentrale Rolle. Auf zwei Stockwerken sind Regie, Sendetechnik, 27 Schnittplätze sowie Arbeitsplätze für Redaktion und Postproduktion untergebracht. Zusätzlich mussten noch einige Container aufgebaut werden, um das gesamte Team unterbringen zu können.

Florian Rathgeber, Techn. Leiter ZDF.

»Anders ging es unter Corona-Bedingungen nun mal nicht, denn die Einhaltung aller notwendigen Hygienevorschriften und Abstandsregeln ist essenziell auch für die Produktion dieses wichtigen Sport-Events«, erklärt Florian Rathgeber, Technischer Leiter ZDF und verantwortlich für die NBC-Planung.

Das NBC wurde schon im vergangenen Jahr offiziell übergeben, schließlich sollte es nach ursprünglicher Planung ja damals schon genutzt werden.

©Florian Rathgeber
Insgesamt betreiben die beiden Sender für Olympia im NBC in Mainz vier Regien.

»Aber dann kam eben Corona, und wir mussten umplanen«, so Rathgeber. So kam es letztlich zu einer Art Soft-Opening: »Wir haben uns vor diesem Hintergrund entschieden, die alpine und die nordische Ski-WM, gemeinsam mit dem Bayerischen Rundfunk, im vergangenen Winter als Gemeinschaftsproduktion von ARD und ZDF im NBC zu realisieren«, berichtet Rathgeber, quasi als Remote-Produktions-Premiere für die Euro und für Olympia.

Anbindung Mainz – Tokio

Das NBC in Mainz ist über eine zweifach ausgeführte 40-Gigabit-Glasfaserleitung mit NetInsight-Nimbra-Endgeräten an das IBC in Tokio angebunden (Diverse Routing). Die Venues und auch das Studio sind wiederum über weitere Nimbra-Knoten ans NBC angebunden.

Björn König.

»An einigen Venus setzen wir Power Core RP ein«, erläutert Björn König. Auch im Studio sind Lawo Power Cores im Einsatz, damit etwa die Moderatoren nicht mit zu starken Ton-Verzögerungen beim In-Ear-Monitoring zu kämpfen haben – und beispielsweise eine Antwort mit zu großer Verzögerung im In-Ear-Monitor hören.

©Florian Rathgeber
Im NBC gibt es bei Olympia insgesamt vier Regien.

Bei den Bildsignalen müssen die Operatoren in Mainz beim Aussteuern der Kameras mit einem Delay von rund 200 ms leben. »Das fühlt sich ein bisschen so an wie das Aussteuern einer Drahtloskamera«, erläutert Björn König.

Nicht ganz einfach ist das Delay auch für die Kommentatoren, die dann beispielsweise im Stadion mit dem Versatz zwischen In-Ear und tatsächlicher Stadionkulisse leben müssen – etwa beim Startschuss in der Leichtathletik.

©Florian Rathgeber
Hinter den Kulissen im NBC.

Für File-Übertragungen vor Ort und zwischen Japan und Deutschland sind diverse File-Beschleunigersysteme im Einsatz, unter anderem von Signiant, Tixel und Aspera. Sie sorgen dafür, dass auch große File-Mengen sicher und schnell zwischen den Produktionsorten übertragen werden.

Insgesamt betreiben die beiden Sender für Olympia im NBC in Mainz vier Regien: eine große Studio- und Senderegie, Subregien für Leichtathletik und Schwimmen und eine Streaming-Regie. Auch 18 Reporterkabinen sind im NBC in Mainz für Live-Programme und Streaming vorgesehen. Weitere acht Reporterkabinen gibt es, wie schon erwähnt, im IBC in Tokio.

©V. Zoiro
Diverse Routing bietet Sicherheit bei der Signalführung.

Sollte es wider Erwarten trotz zweifacher Absicherung Übertragungsprobleme geben, könnten ARD und ZDF das Studiosignal (1 x Kamera) aus Tokio auch mit Hilfe eines LiveU-Systems nach Deutschland übertragen. Dieses System würde dann letztlich direkt aus dem Studio in Tokio senden.

Das »Diverse Routing« der Signale, also die Zweiwegeführung, die umgesetzt wurde zwischen Tokio und Mainz, hält Vitino Zoiro, Technischer Leiter ZDF, für zwingend notwendig.

Vitino Zoiro, Technischer Leiter ZDF.

Denn auch wenn man es kaum glauben könne, sei in den vergangenen Jahren bei allen Großproduktionen wie WM und Olympia während der Produktion jeweils ein Weg ausgefallen. Die Gründe waren mitunter ganz profan: mal kappte ein Bagger versehentlich ein wichtiges Glasfaserkabel, mal wurden vermeintliche Kupferkabel geklaut, die für die Übertragung vorgesehen waren. Kurzum: es geht nicht ohne Netz und doppelten Boden.

Grass Valley LDK 86N-Kamerazüge sind unter anderem beim Schwimmen und bei der Leichtathletik im Einsatz.
Venues

Im Olympiastadion in Tokio haben ARD und ZDF zusätzlich vier eigene, unilaterale Kameras installiert, die sich auf die deutschen Athleten konzentrieren. Hierfür wurden Grass Valley LDK 86N-Kamerazüge zugemietet. Sie laufen gemeinsam mit den Host-Signalen in der Sub-A-Regie in Mainz auf, insgesamt kommt man in dieser Regie somit auf 20 Signalleitungen.

Alle ENG-Kameras sind mit LiveU LU600-Systemen ausgerüstet.

Die Signale aus dem Schwimmstadion sind an die Sub-B-Regie in Mainz angebunden. »Wir haben dort auch noch zwei eigene Kameras platziert«, ergänzt Gunnar Darge.

»In allen anderen Venues verzichten wir auf eigene Kameras und sind jeweils nur noch mit insgesamt 16 ENG-Kameras in der Mixed-Zone vertreten. All diese Kameras sind über LiveU-600-Systeme an den Server im NBC angebunden «, erklärt Darge. Dabei erhält jedes LiveU-System einen eigenen Kanal im Server im NBC, sodass es keine Zuordnungsprobleme des Materials aus Tokio gibt. Insgesamt kommen in Mainz rund 60 Leitungen aus Tokio an.

Übertragung via LiveU

Alle 16 EB-Teams wurden mit LiveU-Rücksäcken ausgestattet. »Die Teams können ihr Material damit direkt von ihrem jeweiligen Aufenthaltsort übertragen«, erklärt Björn König. Das gilt sowohl für Live-Übertragungen wie auch für File-Übertragungen, die der LiveU-Server im NBC in Mainz entgegennimmt. Das gute LTE-Netz in Tokio erweist sich hier natürlich als Vorteil.

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Autor
C. Gebhard, G. Voigt-Müller

Bildrechte
ZDF/Ulrike Lenz (1), NDR/Christian Spielmann (1), Screenshots (11), V. Zoiro (4), F. Rathgeber (4), B. König (1), Pixabay (4)

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