Kamera, Making-of, Postproduction, Test, Top-Story: 17.09.2020

Nachtdreh mit der S1H

Moderne, digitale Kameras haben eine ganz neue Qualität von Nachtszenen ermöglicht: Die Nacht kann heute im Film ganz anders aussehen als früher. Ein Erfahrungsbericht vom Drehen mit der Panasonic-Kamera S1H.

Schnitt

Raw stand mir im Schnitt leider nicht zur Verfügung, dafür aber 10-Bit-V-Log. Als Schnittrechner diente ein Schenker-Laptop mit I9 9900 Prozessor, RTX 2080-Grafikkarte und 64 GB RAM. Normalerweise ist dieses Gerät sehr belastbar, was sich aber schnell ändern sollte …

S1H, Nachtdreh, © Sas Kaykha
Das 5,9-K-10-Bit-Rohmaterial lief in Premiere einwandfrei in voller Auflösung.

Der Schnitt-Workflow sah wie folgt aus: Feinschnitt in Premiere, XML-Export zu DaVinci, dort die Farbkorrektur. Danach habe ich die einzelnen Clips in Cineform exportiert und wieder in Premiere geladen. Das hat unter anderem den Vorteil, dass ich wieder mit »sauberen« Files arbeiten konnte, auf denen keine Filter oder Farbkorrekturen liegen, was den Rechner entlastet.

Das 5,9-K-10-Bit-Rohmaterial lief in Premiere einwandfrei in voller Auflösung. Selbst eine schnelle Farbkorrektur über eine Einstellungsebene hat dies nicht geändert.

DaVinci Resolve (Praxistest) ist sehr ressourcenschonend, aber eine intensive Farbkorrektur in Verbindung mit der Noise Reduction war hier dann doch zuviel des Guten. Somit musste ich das Ganze am Ende in 4K rendern.

Die Rauschminderung war notwendig, weil ich die hohen ISO-Werte zum Aufhellen des Bildes genutzt habe und somit natürlich auch in Verbindung mit V-Log Rauschen entstand. Dazu kam, dass sich das Motiv recht schnell bewegte und offenblendig zu drehen keine Option darstellte.

Die Hauptaufgabe in DaVinci bestand darin, das Bild in Rec.709 zu wandeln und die Farb- und Helligkeitskontraste zu verstärken.

S1H, Nachtdreh, © Sas KaykhaZum Umwandeln habe ich eine Panasonic-LUT verwendet. Das ergibt jetzt insofern Sinn, als die hauseigenen LUTs ja eigentlich für die Panasonic-Videokamera VariCam gedacht sind und die S1H jetzt davon profitieren kann. Davor lagen im DaVinci-Workflow Rauschminderung sowie je ein Helligkeits- und Farb-Node. Danach kam die sekundäre Farbkorrektur und zum Schluss die obligatorische Schärfe. Auf Grain habe ich verzichtet, das gab es bereits sozusagen frei Haus.

S1H, Nachtdreh, © Sas Kaykha
Kein VFX-Effekt: Manchmal sprühen bei den Tricks auch live die Funken.

Ziel war es, die Lichtinseln im Bild zu verstärken, zu helle Bereiche zu reduzieren und den Farbkontrast interessanter zu gestalten. Neben getrackten Masken haben ich dazu auch oft den Keyer verwendet, der ebenfalls von dem 10-Bit-Material profitiert, das die Kamera ausgibt.

Oft boten sich natürlich blaue und rote Lichter zum Verstärken an. Dies ließ sich in einem ersten Schritt mit »Hue vs. Hue« bewerkstelligen, um die Farbtöne anzupassen. Danach kam die »Hue vs. Saturation«-Kurve zum Einsatz, um die jeweilige Farbe zu verstärken.S1H, Nachtdreh, © Sas Kaykha

Extreme Highlights habe ich ausgekeyt und mit einem leichten Blur versehen, um ein schöneres Roll-off zu bekommen.

Am unteren Ende der Belichtung ist es gerade bei Nachtaufnahmen natürlich wichtig, dass Schwarz auch wirklich Schwarz ist. Dies lässt sich mit dem Log-Modus der Farbräder bewerkstelligen. Über den Waveform-Monitor kann man gut kontrollieren, wann die Schatten anfangen zu clippen. Um nicht noch sichtbare Details in den Schatten zu verlieren, kann man über den Regler »Low Range« (LR) bestimmen, welchen Bereich DaVinci als Schatten ansieht, und diese dann runterziehen.

S1H, Nachtdreh, © Sas Kaykha
Die Entscheidung, in 5,9 K zu drehen, beruhte auch auf einem geplanten Downscaling, um dem Rauschen entgegenzuwirken.

Die Entscheidung, in 5,9 K zu drehen, beruhte auch auf einem geplanten Downscaling, um dem Rauschen entgegenzuwirken. Die Rauschunterdrückung in DaVinci leistet gute Dienste, allerdings war es immer ein Tanz zwischen Rausch- oder Detailverlust.

Nach der Farbkorrektur habe ich dann den Feinschnitt und ein paar Effekte in Premiere erledigt. Durch die neuen Files, die DaVinci mir in einem schnittfreundlichen Codec herausgerechnet hat, lief die Bearbeitung in Premiere und über Dynamic Link auch in After Effects reibungslos.


Nachtdreh mit Mood-Shots und BMX-Action, gedreht mit der S1H.
S1H, Nachtdreh, © Sas Kaykha
»Nachts sind alle Katzen grau«, sagt das Sprichwort.
Fazit

»Nachts sind alle Katzen grau«, sagt das Sprichwort. Aber seit dem Aufkommen von ISO-starken Kameras muss das nicht mehr zwangsläufig so sein. Heute reicht die Kombination aus einer modernen Digitalkamera und ganz wenig Zusatzbeleuchtung — und schon eröffnet sich eine neue Welt, wie sie früher bei Nacht im Film nicht möglich war.

S1H, Nachtdreh, © Sas Kaykha
Natürlich hätten wir auch einen ganzen Licht-LKW zu dem Nachtdreh mitnehmen können. Aber wozu?

Vielleicht kann man es so sehen: Heutzutage hat man nachts auch mehr Gestaltungsoptionen. Natürlich hätten wir auch einen ganzen Licht-LKW mitnehmen können – dann hätten wir aber sicher auch eine andere Kamera verwendet und viele Bilder wären dabei nicht entstanden. Es wäre eben ein anderes Video geworden. Und ganz sicher hätte man auch Drehgenehmigungen einholen und Absperrungen organisieren müssen.

Die S1H war mit ihrer Kompaktheit in diesem Fall also genau das richtige Werkzeug.

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Seite 4: Schnitt, Video, Fazit


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