Bundesliga: HDR-Test mit PQ
Wie kann man in der Praxis eine HDR-Live-Produktion mit dem PQ-Verfahren realisieren? TV Skyline hat das im Frühjahr im Auftrag von Sportcast und der DFL beim Bundesligaspiel Augsburg gegen Freiburg getestet. film-tv-video.de hat mit TV SKYLINE Geschäftsführer Wolfgang Reeh über die Testproduktion gesprochen.
Im Ü-Wagen
Zeitlupen spielen in der Fußballproduktion eine sehr große Rolle. »Ich war deshalb der Meinung, dass bei unserem HDR-PQ-Test auch die EVS-Slomo-Server mit PQ-HDR- und nicht mit SDR-Material arbeiten sollten, damit diese Szenen bestmöglich aussehen.«
Für die Testproduktion bedeutete das erheblich komplexere Setups, denn das EVS-Netzwerk musste mit 3G-PQ-Signalen versorgt werden. Das zog wiederum nach sich, dass auch der Avid-Schnitt in HDR-PQ stattfinden musste, denn das EVS-Slomo-Netzwerk war mit den Avid-Schnittplätzen vernetzt. Auch die Multireview-Arbeitsplätze der Redakteure mussten entsprechend versorgt werden, und das Material, das die EB-Teams bei ihren Interviews aufzeichnen und das üblicherweise in 1080 vorliegt, musste vor dem Schnitt ebenfalls in HDR PQ gemappt werden. Kurzum: Handling und Umfang der Signale waren deutlich aufwändiger als üblich.
»Ausgespielt wurde das Ganze während der ARD Sportschau live, indem es vom Avid-Schnittplatz übers EVS-Netzwerk über einen Mapper gesendet wurde, sodass es bei der Sportschau wieder in 1080i SDR ankam«, erklärt Wolfgang Reeh.
Weil der Videoassistent — also das Videoreferee-System für die Schiedsrichter —mit der Zentrale in Köln (Video Assistant Referee VAR) mit SDR-Material arbeitet, musste TV SKYLINE hierfür zusätzliche alle Signale nach 1080i SDR wandeln, damit das Hawk-Eye-System in der VAR-Zentrale Köln gefüttert werden konnte. Das war ein erheblicher Zusatzaufwand, weil dafür jede Menge HDR/SDR-Mapper notwendig waren. »Wenn in der Bundesliga auf breiterer Basis in HDR produziert wird, müsste das stringenter gelöst werden«, sagt Reeh. Er erklärt, dass TV SKYLINE die HDR-Testproduktion ohne die Zusatzaufgaben für den Videobeweis im Grunde ausschließlich mit dem Ü8 hätte umsetzen können.
HLG oder PQ?
Was ist besser: HLG oder PQ? Wolfgang Reeh windet sich nicht, sondern bezieht klar Stellung: Aus seiner Sicht ist HDR PQ das bessere System, was man auch an den Spezifikationen festmachen könne. HLG wiederum biete in Teilen Kompatibilität mit dem aktuellen TV-Standard, wenngleich der Farbraum dennoch nicht damit kompatibel sei.
»Ich sehe PQ aus verschiedenen Gründen nicht unbedingt als Sendeformat im Sport«, sagt er. Aber man könne problemlos in PQ produzieren und dieses hochwertige Signal an die Sender abgeben. »Die Sender sind ja in der Lage, dieses Signal in der Sendeabwicklung für ihre Bedürfnisse zu wandeln, aber so profitieren sie eben auch von der hohen Qualität des Ausgangsmaterials«, urteilt Wolfgang Reeh.
Der ideale Workflow
»Die besten Ergebnisse erzielt man derzeit, wenn man in HDR PQ produziert«, findet Wolfgang Reeh, ergänzt aber gleichzeitig, dass es ja unterschiedliche Möglichkeiten gebe, die Kameras auszusteuern, nämlich nach SDR oder eben nach HDR. »Das zieht große Unterschiede nach sich.« Damit man einen wirklichen Qualitätssprung erzielt, sollte man seiner Meinung folgenden Produktionsweg wählen: in HDR PQ produzieren, die Kameras nach HDR aussteuern und dann für die SDR-Kunden einen dynamischen Mapper verwenden, um von HDR nach SDR zu wandeln. »Dann profitieren alle von einer deutlich sichtbar besseren Qualität – auch die SDR-Kunden«, so Reeh.
Für die Produktion in Augsburg war zwar noch ein herkömmlicher statischer Mapper im Einsatz, und auch die Kameras wurden für SDR ausgesteuert, »aber wir haben parallel in aller Ausführlichkeit einen reinen HDR-Weg getestet und für besser befunden«, so Reeh.
Bei der Testproduktion nutzte TV Skyline fürs Mapping Lösungen von Aja (FS HDR), Lynx Technik (HDR Evie und HDR Evie Plus) und den internen Mapper im Kahuna 9600-Bildmischer.
Für weitere HDR-Produktionen hält Reeh es für sinnvoll, einen weiteren Bildingenieur an Bord zu haben, der sich speziell ums Mapping kümmert und für die Qualitätskontrolle zuständig ist.
Erkenntnisse
Für Wolfgang Reeh, wie auch für den TV SKYLINE-Auftraggeber Sportcast, war die HDR-Testproduktion in Augsburg ausgesprochen erkenntnisreich, so der Tenor. »Wir hatten Glück und konnten bei perfektem HDR-Wetter testen: Sonne am Himmel, ein Stadion, das zur Hälfte in der Sonne und zur Hälfte im Schatten war – besser hätte es nicht sein können.«
Was das Ergebnis betrifft, war sich das Produktionsteam einig: HDR liefert einen deutlich sichtbaren Mehrwert. »Das hat wirklich jeder auf den ersten Blick erkannt. Bei HD und 4K muss man teilweise schon sehr genau hinsehen, aber bei SDR und HDR ist der Unterschied unübersehbar«, urteilt Reeh.
HDR-Perspektiven
HDR scheint bei Zuschauern auf gute Resonanz zu stoßen, auch weltweit. In England etwa produziert BT Sports einzelne Fußballspiele in UHD/HDR, und die Zuschauer können dafür ein eigenes Abo erwerben. In den USA wiederum wurde der Superbowl in diesem Jahr erstmals in HDR produziert. HDR, so scheint es, ist auf einem guten Weg.
Seite 1: HDR-Standards, Testziel, Produktions-Workflows
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