Branche, Broadcast, HDR, Live, Sport, Top-Story: 03.07.2020

Bundesliga: HDR-Test mit PQ

Wie kann man in der Praxis eine HDR-Live-Produktion mit dem PQ-Verfahren realisieren? TV Skyline hat das im Frühjahr im Auftrag von Sportcast und der DFL beim Bundesligaspiel Augsburg gegen Freiburg getestet. film-tv-video.de hat mit TV SKYLINE Geschäftsführer Wolfgang Reeh über die Testproduktion gesprochen.



Starke Hell-/Dunkelkontraste wie hier im Stadion in Augsburg sind in der Produktion nicht leicht zu bewältigen.

Es ist so etwas wie der Klassiker unter den Stadionbildern: Die Sonne scheint, gut die Hälfte des Stadions erstrahlt in schönstem Sonnenlicht – und die andere taucht ab im dunklen Schatten.

Für die Bildtechniker bedeutet das vor allem eins: ständiges Nachregeln der Blende und anderer Parameter, damit für die Zuschauer das Geschehen rund um den Ball trotzdem immer bestmöglich zu sehen ist. Trotzdem sind die Ergebnisse bei solchen Bedingungen nicht gut.

Sportcast, eine 100-prozentige Tochter der DFL GmbH, produziert als Host Broadcaster das TV-Basissignal der Bundesligaspiele.

Eine Aufzeichnung in HDR könnte dieses Problem lösen oder zumindest stark reduzieren, denn dank des höheren Dynamikumfangs machen extreme Hell-/Dunkelunterschiede bei HDR-Produktionen weitaus weniger Probleme. In Kombination mit dem erweiterten Farbraum sehen HDR-Bilder zudem in der Regel eindrucksvoller aus.

In Augsburg war der TV-Dienstleister TV SKYLINE im Auftrag von Sportcast vor Ort und testete, wie die Produktion eines Bundesligaspiels in HDR PQ ablaufen könnte.

Das zeigte sich auch in diversen Tests und Pilotversuchen: Die klare Mehrzahl der Zuschauer bewertet HDR-Bilder im Vergleich zu SDR-Bildern als qualitativ besser. Die Verbesserung durch HDR wird meist als größer und deutlicher empfunden als der reine Auflösungsprung zwischen HD und UHD. Kein Wunder also, dass sich der Fußball für HDR interessiert und erste Tests realisiert hat.

HDR-Standards und Testziel
Das Fußballspiel fand schon im Februar statt, hier ein Archivbild des Stadions in Augsburg.

Wie genau die Umsetzung von HDR auf technischer Seite erfolgen soll, darüber gibt es von der ITU eine Empfehlung namens BT.2100-0. Darin sind zwei Möglichkeiten aufgezeigt, wie man aus Sicht der ITU HDR-Bilder produzieren soll: mit einem Verfahren namens Perceptual Quantization (PQ) oder mit Hybrid Log-Gamma (HLG).

HLG bietet gerade in den dunkleren Bildbereichen mehr Headroom, kämpft aber mit Nachteilen in helleren Bildbereichen. PQ wiederum bietet im Vergleich zu HLG einen besseren Dynamikumfang, eignet sich aber nur bedingt als Verfahren für alle Stufen der Produktion und Distribution. Es gibt also bei beiden Verfahren Vor- und Nachteile.

TV SKYLINE hat mittlerweile eine HDR-Testproduktion in HLG und eine weitere in PQ umgesetzt. Geschäftsführer Wolfgang Reeh resümiert: »Beide Produktionen haben funktioniert, und es war dabei möglich, den komplexen Workflow abzubilden, den es in der Bundesligaproduktion mit den vielen Signalen, mit bis zu 12 unterschiedlichen Sendeleitungen mit unterschiedlichen Embedded-Audioleitungen gibt.«

»Wir wollten bei dem Spiel in Augsburg testen, inwieweit ein PQ-Workflow bei einem Bundesligaspiel funktioniert und was es bei der Produktion zu berücksichtigen gilt«, berichtet Wolfgang Reeh, Geschäftsführer des TV-Dienstleisters TV Skyline. Das Unternehmen gehört zu den wenigen Anwendern, die schon beide HDR-Verfahren, also HLG und PQ, in der Praxis ausprobiert haben.

In HDR zu produzieren ist generell recht anspruchsvoll, findet Wolfgang Reeh. »Bei HDR ist alles erheblich komplexer, weil man nicht nur Pixel mathematisch verändert, sondern auch unterschiedliche Dynamikbereiche im Bild berücksichtigen und umrechnen, also mappen muss. Zudem muss man auch den Farbraum stets anpassen, von BT2020 zu Rec.709 und umgekehrt, was eine weitere Produktionsherausforderung ist.« Die Wandlungen sind notwendig, weil eben derzeit nicht jedes Gerät, das man bei einer Produktion benötigt, auch HDR und jeden Farbraum beherrscht.

Produktions-Workflows
Beim HDR-Test in Augsburg arbeitete TV SKYLINE in der Mehrzahl mit Grass Valley LDX 86n Kameras.

Bei den ersten HDR-Testproduktionen wurde meist mit einem parallelen SDR/HDR-Workflow gearbeitet: Man nutzte zum Teil bei jeder Kamera zwei Control Panels, um einmal für HDR und einmal für SDR zu matchen. Das hatte den Vorteil, dass beide Signale unabhängig voneinander und somit auch optimal für den jeweiligen Verbreitungsweg aufgezeichnet werden konnten.
Allerdings erfordert diese Produktionsweise auch annähernd doppelt so viele Ressourcen bei Mitarbeitern und Hardware. Deshalb wird mittlerweile üblicherweise ein effizienterer Workflow angestrebt, bei dem möglichst durchgängig in HDR produziert und daraus dann ein SDR-Signal generiert wird.

Wolfgang Reeh wünschte sich einen Workflow mit möglichst viel nativem HDR-Material.

»Wir haben schon frühzeitig ein Konzept für HDR-Produktionen entwickelt und sind überzeugt davon, dass es bei so einer Produktion wichtig ist, möglichst viel natives HDR-Material zu haben«, erklärt Wolfgang Reeh. Dabei sei es weniger entscheidend, ob das Material in UHD oder HD vorliege. Wichtiger sei es vielmehr, dass alle eingesetzten Kameras ein HDR-Signal im erweiterten BT-2020-Farbraum lieferten.

Beim Test in Augsburg arbeitete TV SKYLINE deshalb mit HDR/BT-2020-Kameras, konkret mit Grass Valley LDX 86n. Auch die Miniaturkameras und die Polecam hinterm Tor lieferten bei der Testproduktion in Augsburg ein HDR-PQ-Signal in UHD.

Seite 1: HDR-Standards, Testziel, Produktions-Workflows
Seite 2: Ü-Wagen, HLG/PG, idealer Workflow, Erkenntnisse

Anzeige:

Keine Story mehr verpassen und einfach den Newsletter abonnieren:

Autor
Christine Gebhard, Gerd Voigt-Müller

Bildrechte
TV SKYLINE (6), Nonkonform (2), Archiv (2), BT Sport (Screenshot)

Schlagwortsuche nach diesen Begriffen
Branche, Broadcast, HDR, Live, Sport, Top-Story