Dezentrales Produzieren mit Helmut4
Beim ORF ist ein Pilotprojekt erfolgreich gestartet, bei dem Redakteure zuhause arbeiten, aber dennoch auf die Inhalte und Prozesse der Senderzentrale zugreifen können. Wie das funktioniert, beschreibt dieser Beitrag.
Remote Production, dezentrales oder autonomes Produzieren – mit diesen unterschiedlichen Begriffen bezeichnet die Medienbranche ein und dasselbe Ziel: zentrale Medieneinheiten sollen mit dezentralen Arbeitsstrukturen verbunden werden. Im gleichen Zuge sollen möglichst vollautomatisierte Prozesse die Produktionsschritte sichern, beschleunigen, verwalten und die kreative Arbeit unterstützen.
Viele Player im Markt arbeiten schon länger an Planungen und Konzepten, und die aktuelle Corona-Situation wirkt dabei wie ein Beschleuniger. Weltweit reagieren die Sendeanstalten und Medienproduzenten auf die veränderten Anforderungen an die Arbeitsbedingungen.
Der ORF hat als eines der ersten Unternehmen ein Pilotprojekt zum professionellen dezentralen Produzieren entwickelt und hat nach Tests bereits mit einigen standardisierten Workplaces den Betrieb aufgenommen. Die Projektmanagement-Software Helmut4 übernimmt dabei steuernde und koordinierende Funktionen für den Schnittbetrieb basierend auf Adobe Premiere Pro, After Effects und Audition.
Der Hintergrund
Das Pilotprojekt »Autonomes Produzieren« wurde beim ORF vor einem Jahr auf den Weg gebracht. Es sollte eine Infrastruktur geschaffen werden, um auf unkomplizierte Weise von externen Standorten — auch vom Home Office aus — Beiträge direkt schneiden zu können. Die Planer definierten für das Projekt die folgenden Vorgaben:
- Die Mitarbeiter haben Zugriff auf die ORF-Produktionsinfrastruktur (MAM, Grafik und Regieplatz Server).
- Es sollte mit Adobe Premiere Pro gearbeitet werden, um die In-House Kompatibilität zu gewährleisten.
- Ein vereinfachtes User Interface der Schnitt-Software sollte eine unkomplizierte Bearbeitung sicherstellen.
- Die Projektmanagement-Software Helmut4 sollte die Steuerung der gewünschten Workflows im Hintergrund übernehmen.
- Die Schnittplätze in der Sendezentrale und die neuen dezentralen Schnittplätze sind zwar technisch getrennt, basieren aber auf denselben Grundlagen, was auch den Support erleichtert.
Steuerungs-Software Helmut4
Helmut4 organisiert Schnittprojekte in professionellen Videoproduktionsumgebungen, in denen Adobe Premiere Pro, aber auch Adobe After Effects oder Adobe Audition zum Einsatz kommen. Die Produkte im Helmut4 Eco-System verwalten Projekte, Templates, Preferences und Profiles (FX), steuern projektbezogene Assets von Ingest bis Export (IO), bringen Ordnung in Speicher-Systeme (Housekeeper) und integrieren sie unkompliziert in jegliche MAM/PAM Infrastruktur (Cosmo). Es handelt sich um ein Lizenzsystem, dass modular aufgebaut ist und kundenspezifisch angepasst wird.
Drei der vier im Verbund arbeitenden Helmut4-Produkte, FX, IO und Cosmo, setzt der ORF sowohl im Piloten für das autonome Produzieren als auch für die professionelle Postproduktion ein. Das verbindende und steuernde Element für die Koordination der zugrunde liegenden Arbeitsprozesse ist eine Streams Engine. Hier werden die erforderlichen Funktionen in Workflows definiert und gegebenenfalls um kundenspezifische Zusatzkomponenten ergänzt. Die Nutzer sehen nur die für sie wesentlichen Oberflächen und haben hauptsächlich ihre Aufgabe im Blick: die Contenterstellung.
Dezentrale Arbeitsplätze
Die dezentralen Arbeitsplätze verfügen über die gleichen Bearbeitungsmöglichkeiten bei vereinfachten Bedieneroberflächen wie die Schnittplätze in der Sendezentrale. Die Nutzer haben entsprechend ihrer zugewiesenen Rechte und Funktionen Zugriff auf das zentrale Content Managementsystem. Sie sind in der Lage, Material zu suchen, zu bearbeiten und zu übergeben – genauso wie an den Arbeitsplätzen im Newsroom oder in den Redaktionen.
Die Bereiche Nachrichten, Wetter, Social Media, Magazin und Operational Desk können somit mittelfristig unter ähnlichen Bedingungen wie bisher und darüber hinaus ortsunabhängig arbeiten.
Für stabile Abläufe sorgt die im Hintergrund agierende Projektmanagement-Software Helmut4. Die Kollegen und Kolleginnen konzentrieren sich auf die für ihre Arbeit unmittelbar relevanten Bearbeitungsschritte, ohne sich um die Technik oder im Schnittbetrieb entstehende Verwaltungserfordernisse, Übergabeprozesse oder sonstige Fehlerquellen zu sorgen.
Die Anbindung der Laptops an den externen Standorten erfolgt über eine gesicherte VPN-Verbindung in das ORF-Netzwerk. Die Nutzer arbeiten mit automatisiert erstellten Proxies, die sie bei Bedarf per Knopfdruck herunterladen können. Helmut4 übernimmt dabei die Aufgabe, diese Proxies an der richtigen Stelle zu speichern und im Projekt automatisch zu verlinken. Rohschnitte, aber auch komplette Beiträge können so erstellt werden.
Vollautomatisierter Workflow
Der Workflow ist voll automatisiert: das Material wird aus dem MAM (HighRes Video) importiert, Helmut erfragt automatisch beim MAM für jedes HighRes Video den Pfad zum LowRes Video (auch im MAM vorhanden) und lädt dies automatisch auf den lokalen Rechner und als Proxy in Premiere Pro.
Der Schnitt erfolgt wie gewohnt in Premiere Pro. Ist der Beitrag fertig, wird mit nur einem Klick der High-Res-Export des Beitrags gestartet. Auf Wunsch kann das gesamte Projekt zur weiteren Bearbeitung an einen Schnittplatz in der Zentrale übergeben werden. Der Prozess wird im Sendezentrum über die dort implementierte Renderfarm gesteuert. Mit Hilfe von Helmut4 werden auf diese Weise die Datenbanken dauerhaft konsistent gehalten.
Für die Arbeit im Home Office müssen weder Files kopiert (mit Ausnahme von Proxy Files) noch fertige Beiträge mühselig nachverfolgt und übertragen werden. Und es entstehen keine Lücken im Workflow. Editing@Home ist damit genauso komfortabel wie Editing@Work. Das gilt für den ORF und andere Produktionsumgebungen gleichermaßen.