Hyperlapse: Zeitraffer mit Bewegung
Zeitraffer faszinierte schon in der Frühzeit des Films. Eine weitere Steigerung ist Hyperlapse – der bewegte Zeitraffer, bei dem der Kamerastandpunkt sich kontinuierlich verändert. Wie Hyperlapse funktioniert und wie er auch mit einfachen Mitteln machbar ist, beschreibt dieser Artikel.
Mit Zeitraffer- oder Timelapse-Aufnahmen stellt man eine Szenerie schnell und komprimiert in ihrem zeitlichen Verlauf dar. Beispiele dafür wären etwa die Entstehung eines Gebäudes oder dessen Abriss oder auch Sonnen- und Sternbewegungen. Es gibt sogar Zeitrafferaufnahmen, die über Jahrzehnte hinweg gehen.
Bei Hyperlapse fügen wir nun dadurch, dass wir von Aufnahme zu Aufnahme den Kamerastandpunkt ändern, den drei vorhandenen Dimensionen (X,Y und Zeit) eine vierte hinzu.
Jetzt ist es möglich, die Zeit zu beschleunigen, während man zum Beispiel um Gebäude herumfährt oder durch Menschenmassen hindurch. Macht man dies mit modernen Digitalkameras, kommt als weiterer Vorteil hinzu, dass man hochauflösende Kamerafahrten im Raw-Format erhält – allerdings nie in Realzeit, sondern immer schneller.
Ein typisches und einfaches Szenario für eine Hyperlapse-Aufnahme sieht so aus: Ich stelle mein Stativ nach jedem Foto ein Stück weiter. Dies am besten entlang eines Pfades am Boden, doch dazu später mehr. Mit einer Markierung im Sucher der Kamera fixiere ich jetzt immer denselben Punkt an dem Objekt, das ich fotografiere. So haben die einzelnen Bilder alle einen gemeinsamen Fixpunkt. In regelmäßigen Abständen verschiebe ich mein Stativ entlang meines Pfades und mache Fotos bei fest eingestellter Belichtung. Ein Foto entspricht hier einem Frame im späteren Video. Für eine Sekunde im fertigen Video muss man also sein Stativ 25 mal verschieben. Später importiere ich die Fotos als Sequenz in After Effects und stabilisiere das Video.
Das klingt im ersten Moment relativ einfach, aber das ist es leider nicht, denn jede einzelne Hyperlapse-Aufnahme hat ihre ganz bestimmten Eigenschaften, die es in der Postproduktion zu behandeln gilt.
Die Aufnahme
Um den Rücken zu schonen, empfiehlt es sich, eine möglichst leichte DSLR oder DSLM zu benutzen. Gleiches gilt für das Objektiv. Hier haben sich bei Timelapse-Aufnahmen manuelle Objektive ohne Blendensteuerung der Kamera als äußerst nützlich erwiesen, denn bei diesen bleibt die Blende bei jedem Foto exakt gleich. Bei der Brennweite sollte man im Weitwinkelbereich darauf achten, dass das Objektiv nicht zu sehr verzeichnet. Denn wenn man die Verzeichnung in der Postproduktion nicht anständig korrigieren kann, ist die Aufnahme sehr schwer zu stabilisieren. Es kommt natürlich auch darauf an, wie nah man letztlich am Objekt ist.
Wie bei »normalen« Zeitrafferaufnahmen stellt man die Kamera komplett auf manuell und nimmt die Fotos in Raw auf. Da es sich ja um immens viele Fotos handelt, sollte die Kamera im E-Shutter-Modus betrieben werden. In diesem wird kein »Vorhang« vor den Sensor geschoben, die Abdunkelung geschieht rein elektronisch direkt im Sensor und schont somit die mechanischen Bauteile. Bei längeren Verschlusszeiten funktioniert dies aber meist nicht.
Apropos: Über die Verschlusszeit sollte man sich im Vorfeld Gedanken machen. Es soll ja in den meisten Fällen Video mit Bewegungsunschärfe simuliert werden. Ist der Shutter schneller als 1/50, wirken die Aufnahmen unnatürlich, zittern und flimmern mehr, und man muss sich in der Nachbearbeitung damit herumschlagen. Gerade bei Menschen oder etwa auch Ästen, die sich bewegen, kann man dies gut beobachten.
Hier kommen wir auch direkt zur nächsten Überlegung: Nutze ich ein Stativ oder nicht?
Auch dies ist komplett situationsabhängig. Bei Nachtaufnahmen oder ganz allgemein bei langer Belichtungszeit ist ein stabiles Dreibeinstativ natürlich unumgänglich. Ein eventuell vorhandener interner Kamerastabilisator sollte abgeschaltet werden. Für Brennweiten ab 50 Millimeter und bei schwierigen Motiven mit langen Wegen nutze ich den Monopod. Dieser hat den Vorteil, dass die Kamera fast immer die gleiche Höhe hat. Auch kann man hier wie beim Dreibein den LCD-Monitor zum Kadrieren nutzen – gerade bei längeren Hyperlapse-Aufnahmen erweist sich dies als äußerst rückenschonend.
Bei langen Brennweiten habe ich zusätzlich den Gimbal auf dem Stativ, dieser ermöglicht mir einen immer geraden Horizont, was sich bei der Stabilisierung im Anschluss als vorteilhaft erweist.
Das Stativ bewege ich jetzt an einem vorher überlegten und festgelegten Weg entlang. Hier kann man seiner Kreativität freien Lauf lassen. Ich nutze gerne Steinreihen auf dem Boden, Bordsteine oder manchmal auch Kabel. Die Abstände sollten relativ regelmäßig sein. Hierzu kann man sich Markierungen auf den Boden zeichnen, ein Maßband hinlegen oder seinen Fuß benutzen. Pflastersteine bieten ebenfalls regelmäßige Abstände. Beim Fotografieren aus der Hand gehe ich einfach einen Schritt zur Seite, und immer so weiter.
Vorher kann man sich einfach ausrechnen, wie viele Fotos man für eine bestimmte Länge an Zeitraffer braucht, und kann dies grob auf seinen zu laufenden Weg übertragen. Im allgemeinen sollte man die Strecke vorher einmal in Ruhe ablaufen, um mögliche Störfaktoren auszumachen und eine Vorstellung von dem finalen Video zu bekommen.
Je kürzer man die Abstände wählt, desto feiner und flüssiger wird die Zeitrafferaufnahme. Auch hier kann man bereits auf ein eventuelles 50p-Ausgabeformat hinarbeiten.
Beim Bildausschnitt ist es von Vorteil, in alle Richtungen an den Rändern »Luft« zu lassen, da das Bild ja hinterher noch stabilisiert wird und Bildanteile wegfallen.
Ein Intervallometer ist Fluch und Segen zugleich. Während es den Arbeitsablauf sehr verzögert, weil man immer auf die nächste Auslösung warten muss, ist es bei einigen Szenarien unabdingbar. Und zwar, sobald ich Bewegung (außer die der Kamera) im Bild habe. Das beste Beispiel hierfür sind Wolken. Bewegen diese sich einigermaßen schnell, sieht man dass sofort an Sprüngen, wenn kein Intervallometer benutzt wurde. Auch eine Sonne möchte man nicht sprunghaft untergehen sehen. Viele neuer Kameras haben integrierte Timelapse-Funktionen, bei denen ich angeben kann, in welchem zeitlichen Abstand die Kamera Fotos machen soll. Die Länge des Intervalls sollte logischerweise immer länger sein als die Belichtungszeit. Hinzurechnen sollte man zusätzlich die benötigte Zeit, um das Stativ umzustellen und die Kamera neu auszurichten.
Egal ob Intervallometer oder nicht, kommen wir zum größten »Störfaktor« bei Hyperlapse-Aufnahmen: Menschen. Das mag trivial klingen, aber um eine flüssige Aufnahme hinzubekommen, darf man sich währenddessen nicht ablenken lassen. Auch ein kurzes »Wo geht´s denn hier zum Kiosk« kann sich hinterher in Bildsprüngen rächen.
Ebenfalls möchte man nicht nach 30 Minuten und unzähligen Fotos kurz vor Ende sein Motiv von einer Touristengruppe umringt sehen. All dies gilt es zu beachten – man begibt sich auf eine lange konzentrierte Reise, die keine Unterbrechungen duldet.
Eine der wichtigsten Vorbereitungen ist es, sich einen Punkt am Motiv auszusuchen, den man tracken möchte, der also bei jeder einzelnen Aufnahme an der gleichen Stelle im Bild sein soll. Und dies zwar sowohl in der Kamera als auch hinterher im Schnitt. Der Weg ist ja bereits einmal besichtigt, und somit weiß ich, dass nichts den Blick auf meinen Trackingpunkt verdeckt. Im Sucher oder auf dem LCD nutze ich jetzt Marker, um diese bei jedem Foto immer genau über den Punkt auf dem Motiv zu halten. Im Fall der Panasonic GH5 kann man sich hierfür zum Beispiel zwei Linien horizontal und vertikal so legen, wie man möchte.
Je nachdem, wo in der Kamera und auf dem Motiv ich diese Trackingpunkte setze, lässt sich die Kamerabewegung beeinflussen. Man kann auch zwischendurch einen neuen Punkt wählen und somit die Bewegungsrichtung ändern.
Ein weiteres wichtiges Hilfsmittel ist die integrierte Wasserwaage. Obwohl eine externe Libelle immer genauer ist, vereinfacht die Anzeige in der Kamera einem die Aufnahme doch sehr. Die bisher akkurateste interne Wasserwaage habe ich bei der Canon 5D MK3 mit dem Firmware-Add-on »Magic Lantern« erlebt.
Es gibt natürlich auch noch weitere Möglichkeiten der bewegten Zeitrafferaufnahme, zum Beispiel mit einem Gimbal. Gute Erfahrungen habe ich mit einem fps-Override von 2 fps im Video-Modus in Verbindung mit einer langsamen nächtlichen Gimbalfahrt gemacht. Allerdings ist man hier schon sehr eingeschränkt und muss sich sehr flüssig bewegen.
Der Ronin-S bietet ebenfalls Zeitrafferfunktionen an. Bei »Motionlapse« steht der Gimbal, man gibt ihm einen Weg und Wegpunkte vor, die er in einer bestimmten Zeit abschwenken soll.
In diesem Fall und bei allen elektronisch gesteuerten Schwenkköpfen fällt oft das Stichwort Point and Shoot: Die Kamera wird an ihren Wegpunkt bewegt, bleibt stehen, macht ein Foto und fährt weiter. Andernfalls würde die Gimbalbewegung das Bild verwackeln. Auch gibt es motorisierte Slider mit ansteuerbaren Schwenkköpfen. Diese haben sich besonders in der Astro-Timelapse etabliert und bieten Hyperlapse im Miniformat.
Um andere Blickwinkel zu bekommen, eignen sich Drohnen mittlerweile auch für Hyperlapse-Aufnahmen. Anfangs hatte man noch einfach die Steuerung auf extrem langsam gestellt und den Joystick so lange sanft in eine Richtung gedrückt, bis die Akkus der Drohne leer waren.
Heute kann man einfach Wegpunkte eingeben, die die Drohne abfliegt, oder benutzt spezielle Timelapse-Modi. Beschränkung bleibt aber immer die Länge der Aufnahme, denn nach circa 20 Minuten ist Schluss, und die Drohne muss »getankt« werden.
Die Postproduktion
Das Erstellen einer Hyperlapse besteht immer aus zwei Teilen: den eigentlichen Aufnahmen und der Nachbearbeitung respektive dem Stabilisieren. Ich möchte eine Hyperlapse-Postproduktion hier anhand der verbreiteten Adobe Creative Suite erklären. Natürlich ist dies nur einer von vielen Wegen, die zum gewünschten Ergebnis führen.
Da es sich um viele Fotos handelt, ist Datenmanagement sehr wichtig.
Zunächst schaue ich mir die Files mit Bridge auf der Karte an und sortiere dann die einzelnen Szenen in Ordner auf dem Rechner.
In After Effects öffne ich die Raw-Files via ACR. Hier kann ich die Belichtung und weiteres wie gewohnt einstellen. Wichtig ist hier, viel mit Kurven zu arbeiten und die ganzen Slider wie Highlight, Shadow, White und Black im ersten Reiter möglichst nicht zu nutzen. Ebenso sollte der Weißabgleich nicht auf Auto stehen – dies alles kann zu Bildflimmern und Farbsprüngen führen. Die Fotos ziehe ich mir dann als Bildsequenz in die Timeline.
Je nachdem, wie viel Power der Schnittrechner hat, macht es an dieser Stelle gegebenenfalls Sinn, die Timeline zunächst in ein möglichst verlustfreies Format zu exportieren, um mit diesem File dann die Stabilisierung durchzuführen. Ich persönlich nutze hier Gopro Cineform.
Als nächstes kommt das, womit eine gute Hyperlapse steht und fällt: die Stabilisierung.
Um möglichst effektiv zu arbeiten, sollte die Szene vorher soweit gekürzt werden, wie es für die Weiterverarbeitung sinnvoll ist. Auch wenn ich einen 2-Minuten-Hyperlapse auf 10 Sekunden beschleunigen will, sollte dies vor der Stabilisierung geschehen.
Als ersten Schritt wende ich den Warp-Stabilisator an. Wichtig ist es hier, ihn auf »nur stabilisieren« zu stellen. Generell nutze ich eine Stärke zwischen 5 und 30, je nach Verwackelung.
Durch dieses erste grobe Stabilisieren sehe ich jetzt, ob ich mit dem Warp-Stabilisator arbeiten kann oder ob ich einen Bewegungstracker setzen sollte.
Bei Hyperlapse, die parallel zum Motiv verlaufen, reicht es meist schon aus, den Warp-Stabilisator zu nutzen. Nach dem Stabilisieren sollte man sich die Sequenz mehrmals ansehen, sowohl im Vollbild als auch in ganz klein. Dadurch sieht man ziemlich gut, ob die Bewegungen sauber sind oder ob das Bild durch den Stabilisator irgendwo verzerrt wird oder »warpt«. Wenn diese Störungen auftreten, kann man entweder in den Einstellungen spielen oder zunächst zum Bewegungstracker wechseln. Der gesamte Stabilisierungsprozess durchläuft öfters mehrere Unterkompositionen. Das heißt, ich wende einen Stabilisator an, mache daraus eine Unterkomposition und wende auf diese einen neuen Stabilisator an.
Bevor ich zum Bewegungstracker komme, noch ein kurzer Tipp zum Warp-Stabilisator. Dieser weiß natürlich manchmal nicht, was im Bild er stabilisieren soll. Durch gezieltes Ausmaskieren von unwesentlichen Bildinhalten kann man ihm die Richtung weisen.
Über »Tracker« und »Bewegung Stabilisieren« kommt man zu einer anderen Art von Tracker. Hier lässt sich auswählen, ob man nur die Position oder zusätzlich Drehung und Skalierung tracken möchte. Bei »Position« erhalte ich einen, bei »Drehung/Skalierung« zwei Trackingpunkte.
Im Bild suche ich mir jetzt kontrastreiche Übergänge, setze dort die Trackingpunkte und lasse das Ganze analysieren. Bei »Drehung/Skalierung« sollten die zwei Trackingpunkte am besten auf einer horizontalen oder vertikalen Linie liegen und natürlich immer irgendwo auf dem zu trackenden Objekt.
Bei den Punkten gibt es zwei Kästchen. Das innere legt den Bereich fest, der getrackt wird. Das äußere gibt den Bereich an, in dem nach diesen Trackingdaten gesucht wird. Je größer die Kästchen, desto länger dauert der ganze Prozess. Dieser Tracker funktioniert richtig gut. Sollte aber mal ein Punkt daneben liegen, kann ich diesen natürlich händisch korrigieren.
Oft nutze ich den Positionstracker, um meine Aufnahme in einem ersten Schritt grob zu stabilisieren. Danach hat es der Warp-Stabilisator viel einfacher. Wenn man bei der Aufnahme den Punkt am Objekt nicht immer genau getroffen hat, das Bild also in der X- und Y-Achse springt, ist diese Methode sehr hilfreich.
Es gibt von Mocha noch einen Flächentracker. Dieser kann ganze Flächen tracken und liefert in den meisten Fällen ausgezeichnete Ergebnisse. In After Effects ist er enthalten – allerdings würde es einen weiteren Artikel brauchen, um ihn zu erklären.
Zusammengefasst ist die Nachbearbeitung einer Hyperlapse ein Spiel aus Tracken, Ausprobieren, dem Erstellen einer Unterkomposition und erneutem Tracken. Leider gibt es keine Allgemeinformel, die für jeden Hyperlapse passt. Aber das macht die ganze Sache ja so spannend.
Vor dem Export sollte die Bewegungsunschärfe aktiviert werden. Ist diese nicht ausreichend, verfügt After Effects noch über den Effekt »Pixel Bewegungsunschärfe«. Diesen am besten mit einer niedrigen Verschlusseinstellung verwenden, denn er kann sehr schnell Bildfehler verursachen.
Ich hoffe, dieser kleine Einblick hat den einen oder anderen vielleicht animiert, sich selbst mal auf eine Hyperlapse-Reise zu begeben. Neben den Aufnahmen, die man dabei bekommt, versinkt man währenddessen in seiner eigenen Welt, schaltet ab und kann nachdenken. Ich höre oft Musik dabei und komme sehr entspannt nach Hause.
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