Fußball-WM der Frauen: Play hard, work hard
Bei der Fußball-WM der Frauen in Frankreich triumphierte das US-Team. ARD und ZDF waren von Anfang an dabei und übertrugen alle Spiele des Turniers.
film-tv-video.de sprach mit den Produktions-Veranwortlichen bei ARD und ZDF über das Technik-Konzept.
Der Weg zum Titel
Als die US-Spielerin Megan Rapinoe nach dem Sieg gegen die Niederländerinnen die WM-Trophäe nach oben riss, lag eine spannende WM hinter ihr, bei der insgesamt 24 Mannschaften in 52 Partien um den Weltmeistertitel rangen. Mit ihrem Leitmotiv »Play hard, work hard« hatten sich die US-Spielerinnen den Weg zum Titel geebnet.
ARD und ZDF übertrugen alle Spiele der Weltmeisterschaft: zum Teil live im TV, zum Teil als webexklusiver Livestream aus den neun WM-Stadien.
Host Broadcasting
Frauenfußball wurde in den vergangenen Jahren immer populärer – eine Entwicklung, die sich auch in der Qualität der Berichterstattung der großen Turniere niederschlägt. HBS, Host Broadcaster der Fußball-WM der Frauen, produzierte die Fußball-WM in diesem Jahr in UHD SDR. Das Weltbild stand den Lizenznehmern in 1080p zur Verfügung.
Bei den einzelnen Spielen in den Stadien waren durchschnittlich 21 Kameras im Einsatz – in den Finals und beim Endspiel sogar noch einige mehr. Kurzum: die Bilder, die HBS produzierte, konnten sich durchaus messen mit den Bildern von einer Männer-WM. Auch das EB-Material, das HBS produzierte und auf dem Fifa-Max-Server zur Verfügung stellte, war durchaus eindrucksvoll, HBS begleitete jedes Fußballteam mit einer eigenen Crew. Das ENG-Material stellte HBS im International Broadcast Center (IBC) in Paris zur Verfügung, die Rechteinhaber konnten aber auch remote auf den Fifa-Max-Server zugreifen – das war wichtig für all jene Broadcaster, die nicht oder nur mit kleinem Team in Paris und an den anderen Spielorten vertreten waren.
Bei Spielen mit deutscher Beteiligung ergänzten ARD und ZDF das HBS-Material mit eigenen Kamerateams, um spezielle Anforderungen der deutschen Zuschauer besser erfüllen zu können; so konnten die Sender eigene Beobachtungen und Interviews sowie taktische Analysen oder Trainerstimmen einfangen.
ARD und ZDF: Gemeinsamkeiten
Wie mittlerweile üblich bei großen Sportevents arbeiteten ARD und ZDF bei der Fußball-WM der Frauen eng zusammen. Für die ARD hatte der NDR die Federführung übernommen, unter der technischen Leitung von Felix Ruhberg. Beim ZDF fungierte Vitino Zoiro als Technischer Leiter.
Beide Sender entschieden sich für ein Remote-Konzept, das sie unterschiedlich ausgestalteten. Gemeinsam nutzten sie den Schaltraum im International Broadcast Center in Paris und realisierten auch die komplette Leitungsführung im Team: eine redundante Nimbra-Ringleitung zwischen Mainz, Köln, Paris und Hamburg.
Auch die drei Ü-Wagen vor Ort in Frankreich waren für beide Sender im Einsatz: MP4 und MP5 vom ZDF und der FÜ2 vom NDR deckten im Verbund die Spielorte im ganzen Land ab.
Unterschiede gab es in der Präsentation der Spiele: Das ZDF verzichtete auf ein festes WM-Studio und realisierte seine Sendungen direkt in den jeweiligen Spielstätten vor Ort – ein Konzept, das schon 2017 bei der EM in den Niederlanden erfolgreich praktiziert worden war. Die ARD wiederum präsentierte die Übertragungen aus dem Frauen-WM-Studio in Köln heraus.
IBC in Paris
ARD und ZDF nutzten im IBC in Paris eine gemeinsame technische Infrastruktur, die auf Equipment des MPE-Gerätepools basierte, auf den beide zugriffen. Vitino Zoiro war für die Installation im IBC in Paris verantwortlich. Er erklärt: »Das Setup war vergleichsweise klein, weil wir weder eine Regie noch ein Studio im IBC eingebaut hatten. Zentrales Element war der Schaltraum, der die HBS-Signale annahm und über gebuchte HBS-Leitungen auch Teile wieder zum Ü-Wagen in den jeweiligen Stadien leitete.«
Das ZDF hatte im IBC außerdem einen kleineren Avid-Schnittkomplex mit drei Schnittstationen aufgebaut. »Unser Setup war also überschaubar, wenngleich wir bei der Umsetzung natürlich auch von den Produktions-Erfahrungen der vergangenen Männer-WM profitierten«, so Zoiro.
ZDF: direkt aus den Stadien
Unter der Leitung von WM-Programmchef Andreas Lauterbach trat das ZDF-Team in Frankreich an und präsentierte die Spiele im Hauptprogramm mit einer kleinen Presenter-Position direkt aus den Stadien. Moderator Sven Voss stimmte auf die jeweiligen Spiele ein und begrüßte für die Spielanalyse ehemalige deutsche Nationalspielerinnen sowie prominente Gäste aus der Welt des internationalen Sports. Diese Sendungen wurden je nach Spiel von den ZDF-eigenen Ü-Wagen (MP4/MP5) oder dem NDR-Ü-Wagen Ü2 produziert, die sich jeweils direkt an den Stadien befanden.
»Wir erhielten von HBS die Signale aus den Stadien, unsere Kommentatoren saßen jeweils im Stadion, und wir gaben die Signale dann für das ZDF weiter nach Mainz, von wo aus gesendet wurde«, fasst Vitino Zoiro zusammen.
Die Bilder der Presenterpositionen im Stadion ergänzte das ZDF mit Augmented-Reality-Anteilen, produziert von Netventure aus Salzburg. Das Unternehmen hatte das ZDF schon bei der Biathlon-Berichterstattung fürs ZDF mit Augmented Reality unterstützt. Konkret wurden dabei Ergebenisgrafiken, aber auch Bilder der Sportler oder entfernte Interviewpartner per Augmented Reality ins Bild integriert. Darüber hinaus kam die bekannte ZDF-3D-Analyse zum Einsatz.
ARD: aus dem Sportschau-Studio Köln
Für die ARD hatte der NDR bei der Fußball-Frauen-WM die technische Leitung inne. Im Vorfeld der rund sechsmonatigen intensiven Planung ging es darum, ein möglichst kosteneffizientes Setup zu finden. Weil die Fußball-WM der Frauen während der Bundesliga-Sommerpause stattfand, entwickelte man die Idee, das Sportschau-Studio in Köln für die ARD-Übertragungen zu nutzen – und setzte das auch um. Moderator Claus Lufen präsentierte die Sendungen von dort aus und wurde dabei von ARD-Frauenfußball-Expertin und Ex-Nationalspielerin Nia Künzer unterstützt.
Felix Ruhberg, Technischer Leiter der Fußball-Frauen-WM beim NDR, erläutert, dass alle Übertragungen der Fußball-WM und auch – bis auf das Finale – der U21-EM, die parallel in Italien stattfand, aus dem Sportschau-Studio in Köln heraus moderiert wurden. Doch nicht nur das, sie wurden auch aus der Regie der Sportschau gesteuert. Dabei waren alle Stadien über den Schaltraum Paris an das ARD-Sendezentrum in Köln angebunden.
»Mit dem Material aus Paris wurden dann Beiträge erstellt, etwa Zulieferungen für alle Landesrundfunkanstalten, für Tagesschau, Nachtmagazin, Moma, Mima – also das komplette ARD-Bouquet«, berichtet Felix Ruhberg.
Zusätzlich wurden im ARD Sportcampus die Streams kommentiert. »Bei den Livespielen im Fernsehen waren die Kommentatoren der ARD aber nach wie vor in den Stadien«, so Felix Ruhberg.
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