Schätze retten: Das Glockenbacharchiv
Back to the roots: Der Dokumentarfilm-Kameramann Hans Albrecht Lusznat kehrte zu seinen Wurzeln im Videobereich zurück. Das ruft Erinnerungen aus den 1970er-Jahren wieder — und es entstand ein veritables Restaurierungs- und Archivierungsprojekt.
Ein paar alte Magnetbänder umzukopieren kann ja wohl keine große Sache sein? Wenn die Bänder aber aus den 70er-Jahren sind, dann schon.
Eine erste Recherche zeigte, dass das Abspielen dieser Tapes nicht einfach möglich war. Die erste Hürde: Funktionierende Geräte für dieses Format sind heute nur noch sehr vereinzelt vorhanden.
Das nächste noch größere Problem: Bei diesen historischen Videobändern wurde ein bestimmter Kleber verwendet, mit dem die Magnetpartikel auf die Polyesterbasis aufgebracht wurden. Dieser Kleber verursacht nun offenbar Probleme, weil Zerfallsprozesse, die im Laufe der Zeit innerhalb der Magnetschicht vor sich gehen, Lösungsmittel ausdünsten. Das Band klebt dann in der Folge an den Führungsstiften und der Kopftrommel des Recorders fest. Dieses Phänomen nennen Archivexperten »Sticky Shed Syndrom«.
Ohne Vorbehandlung gab es also keine Möglichkeit, die Bänder aus dem Glockenbacharchiv wieder abzuspielen. Das Sticky Shed Syndrom musste ausgetrieben werden und eine aufwändige Reinigung der Bandoberfläche war erforderlich.
Die Rettung
Weitere Recherche ergab: Findige Tüftler haben eine empirische Methode entwickelt, die Bänder in einem Klimaschrank schonend zu »backen« und dann durch eine Reinigungsanlage zu schicken. Damit kann man die Klebeeigenschaft an der Oberfläche zeitweilig beseitigen.
Erfahrungen der Experten sagten: Frisch aufbereitet kann man ein solches Band — je nach Zustand — im günstigsten Fall zumindest noch einmal abspielen und es dabei digitalisieren. Entscheidend ist aber der tatsächliche Zustand der Bänder — die Uhr tickt bei historischen Tapes also immer weiter.
Anfang 2014 stellte Lusznat einen Förderantrag, um die Restaurierung der Glockenbach-Wochenschau zu finanzieren. Nach langem Hin und Her gelang es tatsächlich im Jahr 2018, Geld dafür aufzutreiben: Im Zusammenhang mit der 40-Jahr-Feier der Glockenbachwerkstatt und einer geplanten Veranstaltungsreihe bewilligte die Stadt München einen Zuschuss, das Glockenbacharchiv zu restaurieren.
Durch den Zeitverlust seit 2014 hatte sich der Zustand der Bänder noch einmal wesentlich verschlechtert. Der Restaurator musste schließlich insgesamt über einen Zeitraum von drei Monaten an den Bändern arbeiten: besonders das vorsichtige, langsame Backen erforderte Zeit, erst dann konnte jeweils das Reinigen, Abspielen und Digitalisieren erfolgen.
Das Aufarbeiten und die Digitalisierung pro 30-Minuten-Spule kostete letztlich 100 Euro (Nettopreis).
Die Aufbereitung
Leider war unter anderem auch aus den Beschriftungen der Bänder nicht mehr zweifelsfrei zu erkennen, was wirklich darauf abgebildet war. Nach der Rettung der Aufnahmen steht nun noch das Sortieren und Aufbereiten. Im Verlauf des Jahres 2019 wird es öffentliche Vorführungen in der Glockenbachwerkstatt geben, und einen Eindruck kann man auch in Youtube gewinnen.
Die unten eingefügte Bildgalerie zeigt viele weitere Bilder aus der Glockenbachwerkstatt (alle Fotos: © Hans Albrecht Lusznat):
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Seite 3: Rettung, Aufbereitung, Videoclip
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