Festival, Film, Veranstaltung: 14.05.2019

Kameratag und Amira Award beim Dokfest München

Bereits zum zweiten Mal fand beim Dokfest München die Veranstaltungsreihe »Beyond the Images« statt. Dabei ging es um die Bildgestaltung im Dokumentarfilm. Im Rahmen des Events vergab Arri den Amira Award an Maggie Olkuska für Rediscovery.

Der Bildgestaltung im Dokumentarfilm widmete das Dok.forum in diesem Jahr mit »Beyond the Images« zwei Tage. 

Keynote
Dok.Forum, Beyond the Images
Das Dok.Forum widmet sich der Bildgestaltung im Dokumentarfilm. 

In der Keynote bei »Beyond the Images« ging es um Kameraarbeit im Dokumentarfilm: Wie viel Einflussnahme ist im Dienst der optimalen Bildgestaltung sinnvoll? Mit dieser Frage beschäftigt sich Prof. Christian Iseli von der ZHdK Zürich. Die Hochschule der Künste setzt Forschungsprojekte um, die in enger Beziehung zur Produktionspraxis stehen. Dabei setzt sie sich unter anderem mit den Auswirkungen der Digitalisierung auf die Filmästhetik, das Filmhandwerk und die Filmwahrnehmung auseinander. 

Prof. Christian Iseli präsentierte in seinem Vortrag einige (Bild-)Beispiele, die jeweils ganz unterschiedliche Antworten auf die Frage nach der Einflussnahme geben. In verschiedenen Epochen hätten sich gegensätzliche Richtungen im Dokumentarfilm herausgebildet, so Iseli. Er führt etwa Don Alan Pennebaker und das »Uncontrolled Cinema« Ende der 60er-Jahre an, aber auch Direct Cinema und Cinema Verité.

Dass es mittlerweile ganz unterschiedliche Möglichkeiten gibt, Räume und Menschen zu erfassen, bleibe nicht folgenlos, so Iseli. Er verweist etwa auf das volumetrische Kino, das 3D-Objekte erfasse und neue Gestaltungsmöglichkeiten für Filmemacher biete. 

Wie wirken sich Bilder aus?

Mit praktischen Forschungsarbeiten untersucht die ZHdK Zürich, wie sich Innovationen in der Kameratechnik auf die filmische Bildästhetik auswirken. Stefan Dux und Miriam Loertscher von der ZhdK Zürich berichteten von dem Forschungsprojekt »Gadgets, Phones and Drones«. Im Rahmen dieses Projekts realisierte die ZHdK Zürich – neben anderen Projektbestandteilen – eine kurze 9-Minuten-Dokumentation mit einer Kamera mit großem Sensor (Sony FS7) und parallel dazu mit einem einem kompakten Handcamcorder mit kleinem Sensor (Panasonic HDC-TM900).

Dok.Forum, Beyond the Images
Stefan Dux und Miriam Loertscher von der ZhdK Zürich berichteten von dem Forschungsprojekt »Gadgets, Phones and Drones«

In anschließenden Tests vor Publikum ermittelte das Forschungsteam, wie die Testprobanden die Filme aufnahmen: in Bezug auf Bildschärfe und Dynamikumfang, aber auch auf Schnitt, professionelle Wirkung oder Glaubwürdigkeit des Films. 

Dabei schnitten die Bilder der Kamera mit großem Sensor sowohl bei der Einschätzung von Bildschärfe als auch bei der Bildqualität besser ab: ein Ergebnis, das wohl auch die meisten erwartet hätten. Überraschend war für das Forschungsteam allerdings, dass die Zuschauer die Aufnahmen des kompakten Mini-Camcorders mit dem kleineren Sensor nicht als authentischer einstuften, obwohl dessen Bilder doch nicht so »filmisch« wirkten.

Prof. Michael Leuthner von der HFF  wertet dies als Indiz, dass sich die Sehgewohnheiten der Zuschauer offenbar schon so sehr an die Bilder der großen Sensoren gewöhnt hätten, dass sie diese auch für authentischer hielten – wenngleich doch niemand in der Realität Bilder so sehe wie eine Kamera mit großem Sensor. 

Dokfest, Beyond the images
Das Dokfest findet noch bis zum 19. Mai statt.

Das Team der ZHdK Zürich beleuchtete in diversen Interviews mit Schweizer Dokumentarfilmern und Kameraleuten noch weitere Aspekte der Doku-Kamera-Arbeit. Filmlook sei im Dokumentarfilm zwar durchaus positiv aufgenommen worden, erfordere an vielen Stellen aber auch einen erhöhten Aufwand, wenn es etwa darum gehe, die Schärfe korrekt einzustellen. Andere der Befragten ergänzten, dass etliche neue Kameras aus ihrer Sicht zu viele Möglichkeiten und zu cleane Bilder lieferten, sodass man in der Post versuche, diesen Effekt abzumildern und abstraktere Bilder zu schaffen.

Ein weiteres Highlight der Kameratage: Der renommierte Regisseur und Kameramann Reiner Holzemer sprach in einer Masterclass über die Dreharbeiten seines Dokumentarfilms Dries über den belgischen Modedesigner Dries van Noten.

Arri Amira Award

Ein besonderer Fokus liegt bei den Kameratagen auf den vier für den Arri Amira Award nominierten Filmen.

Maggie Olkuska gewann den Arri Amira Award 2019. Im Bild mit Stephan Schenk, Geschäftsführer von Arri Cine Technik.

In ausführlichen Filmgesprächen mit den Bildgestaltern in Anwesenheit der Jury (Britta Becker, Stefan Dux und Marcus Winterbauer) wurde hierbei über die Vergabe des Preises diskutiert. In diesem Jahr waren Rediscovery, Where man returns , The Sound is innocent und Las Hermanas de Rocinante nominiert. 

Maggie Olkuska gewann den Arri Amira Award 2019 für ihre Kameraarbeit in Phie Ambos Film Rediscovery. Die Begründung der Jury: »Wir spüren buchstäblich die Sonne und den Wind auf unserer Haut. Maggie Olkuska und Regisseurin Phie Ambo vermitteln mit Neugier und Leidenschaft die Entstehung einer einzigartigen Mikro-Gesellschaft.«

In dem Film verbringen 47 Jugendliche selbstbestimmt zehn Wochen auf einer verwilderten Baustelle in Kopenhagen. Hier werden Regeln diskutiert, ein eigenes Wirtschaftssystem wird aufgebaut und die Frage gestellt: Was ist Lernen?

Bei der feierlichen Abschlussveranstaltung überreichte Stephan Schenk (Managing Director Arri Cine Technik und verantwortlich für die Business Unit Camera Systems) den Preis an Maggie Olkuska, die ihn auch stellvertretend für Phie Ambo entgegennahm.

@Dokfest
V. l. n. r. : Die Jury-Mitglieder Stefan Dux, Marcus Winterbauer und Britta Becker, Festivalleiter Daniel Sponsel, Preisträgerin Maggie Olkuska, Preisstifter Stephan Schenk (Arri) und Moderator Prof. Michael Leuthner (Macromedia).