Benzin im Blut: DTM-Live mit neuem TV-Technikkonzept
Rasante Action auf der Rennstrecke, ein neues Konzept für die Live-TV-Übertragung: film-tv-video.de hat die DTM besucht und dabei den Einsatz eines ganz besonderen Übertragungsfahrzeugs angeschaut: »The Gallery«.
Konkreter Einsatz am Norisring
Der Aufbau der TV-Technik beginnt in der Regel am Montag oder Dienstag der Rennwoche. Dann werden der neue G10 und die beiden Ü-Wagen HD_1 und HD_2 von Wige Broadcast an den Rennort gefahren, dort positioniert und in den betriebsbereiten Zustand versetzt. Es werden Kameraplattformen und Kräne aufgebaut und es werden 15 und mehr Kilometer Kabel verlegt.
Dabei entsteht eine verteilte Struktur: So kann, je nach Strecke, auch an einem Punkt außerhalb des TV-Compounds, wo G10 und die beiden Ü-Wagen stehen, an einer strategisch günstigen Stelle an der Rennstrecke, ein zusätzliches, kleineres Technikfahrzeug geparkt werden. Das dient dann als Sammelpunkt für die Signale der in der dortigen Umgebung stationierten Kameras. In diesem Fahrzeug befindet sich dann eine kleine Bildkontrolle und die Signale mehrerer Kameras werden mit einem Multiplexer kombiniert und dann gesammelt per Glasfaser an den jeweils zuständigen Ü-Wagen geführt.
Alex Wenke, der Technische Leiter der TV-Übertragung bei der DTM, erklärt: »Jedes DTM-Rennen ist anders. Jede Strecke erfordert genaue, individuelle Planung. Dabei spielen neben vielen anderen Aspekten auch die Sicherheitsaspekte für Fahrer und Kameraleute eine besonders herausgehobene Rolle.«
Die DTM-Rennen starten — bis auf das Nachtrennen — am Samstag und Sonntag jeweils um 13:30 Uhr.
Das Weltbild produziert der DTM-Veranstalter ITR selbst, das erfolgt in der Praxis in der größten Regie des G10, der Regie A. Dort dirigiert der Bildregisseur Thomas Strobl den technischen Stab und gestaltet die Bildführung. Mit der Regie A ist der Ü-Wagen HD_1 verbunden.
Das Weltbild zu gestalten, ist eine anspruchsvolle Aufgabe, denn auf der Strecke sind 18 Fahrer aus zehn Nationen unterwegs, darunter auch Fahrer mit Formel-1-Erfahrung wie Pascal Wehrlein, Paul di Resta, Timo Glock und Gary Paffett, sowie DTM-Größen wie René Rast und Mike Rockenfeller — die sich allesamt nichts schenken, sondern harte Rennen gegeneinander ausfechten. Da die Autos in der DTM technisch eng beieinander liegen, ist der Konkurrenzkampf noch härter, das Renngeschehen noch unvorhersehbarer, als in anderen Rennserien.
In der etwas kleineren Regie B des G10 ist während der DTM-Übertragungen ein Team im Auftrag von Sat.1 aktiv. Sat.1 überträgt als TV-Partner der DTM die Rennen live, übernimmt dafür das Weltsignal von ITR und kombiniert es mit weiteren unilateralen Bildsignalen, also solchen, die nur exklusiv von Sat.1 genutzt werden.
Unilaterale Signale sind etwa das Bild aus der Kommentatorenkabine und die Signale von Sat.1-Reportageteams, die im Fahrerlager und der Boxengasse Interviews und Gespräche führen. Mit der Regie B ist der Ü-Wagen HD_2 verbunden.
In der Regie C arbeitet ein weiteres, unabhängiges Team, das für die Gestaltung des Fan-TV zuständig ist. Das hier produzierte Programm ist unter anderem auf Großbildschirmen und LED-Wänden entlang der Strecke zu sehen. Realisiert wird das Fan-TV im Normalfall von vier Personen: einem Redakteur, einem Video-Operator, einem Grafik-Operator und einem Toningenieur. Regie C hat Zugriff auf das Weltbild und einzelne Bildsignale von der Strecke, außerdem werden hier eigene Trailer und Grafiken abgespielt, die so nur an der Strecke zu sehen sind.
Die einzelnen Regien werden zu unterschiedlichen Zeiten unterschiedlich intensiv genutzt, das spiegelt auch das Renngeschehen wider: Neben Trainings-, Qualifikationsfahrten und zwei Rennläufen der DTM, finden an den meisten DTM-Wochenenden auch Rennen der Formel-3-EM auf dem gleichen Kurs statt und etwas seltener auch Audi-R8-Rennen. Wenn aber die DTM-Rennen laufen, dann herrscht in allen drei Regien parallel Hochbetrieb.
Insgesamt waren beim Rennen am Norisring 56 Kameras im Einsatz, die meisten davon für das Weltbild, einige weitere als unilaterale Kameras für Sat.1.
Nun sind 56 Kameras natürlich nicht wenig, aber bei der DTM kommen an längeren Rennstrecken teilweise durchaus auch noch mehr Kameras zum Einsatz. Der Norisring ist mit 2,3 km Streckenlänge eben die kürzeste der DTM-Rennstrecken der Saison 2018.
Die größte Anzahl davon waren normale, kabelgebundene HD-Broadcast-Kameras von Grass Valley (LDX-Baureihe), die auf diversen Stativen und Kränen montiert waren.
Außerdem kamen sieben Wireless-Kameras (Grass Valley, LDK 6000) und eine Wireless-Slomo-Kamera (Ikegami) zum Einsatz, deren Signale mit EVS-Servern aufgezeichnet wurden, um sofortige Slomo-Wiederholungen realisieren zu können, die auf Basis des Originalmaterials von 13 Slomo-Operatoren mit EVS-Systemen realisiert werden.
Elf festinstallierte, fernsteuerbare Qube-Kameras runden das Setup an Streckenkameras ab. Sie kommen dort zum Einsatz, wo der Einsatz von Kameraleuten während des Rennens zu gefährlich wäre (etwa in der Boxengasse, am Start, in der Boxeneinfahrt). Die QubeCam (Infos) hat TV Skyline selbst entwickelt und baut sie unter Einsatz verschiedener Komponenten von Sony und LMP auch selbst.
Einige der Wireless-Kameras standen als unilaterale Kameras nur der Sat.1-Bildregie zur Verfügung. Auch das Fan TV hat ein eigenes Team, das mit einer Wireless-Kamera unterwegs ist und unilaterale Bilder für das Streckenfernsehen liefert.
Bei allen Wireless-Kameras kommt die Kameratechnik von Wige Broadcast, die Wireless-Anbindung realisiert Riedel über das Funksystem, das dieser Hersteller im Auftrag der DTM für jedes Rennen aufbaut und über das auch die Kommunikation läuft. Per Mediornet nimmt die Wireless-Kameratechnik von Wige also Kontakt zum Riedel-Truck auf, der im Paddock steht und der dann die Signale per Glasfaser an die Wige-Ü-Wagen schickt.
Zusätzlich zu den bisher genannten Kameras gibt es bei allen DTM-Rennen noch zwölf On-Board-Kameras von Riedel, die in einige der Rennautos eingebaut sind. Sie stehen ebenfalls für das Weltbild zur Verfügung und sind ebenso angebunden, wie die anderen Wireless-Kameras.
Die Koordination zwischen dem G10, den beiden Ü-Wagen und den Sammelpunkten obliegt bei den DTM-Produktionen dem Kommando-Ingenieur, der in einem der Vorräume einen separaten Arbeitsplatz hat. Während der Produktion nimmt Alex Wenke diese Funktion zusätzlich war.
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Seite 2: Video mit Alex Wenke, Konkreter Einsatz am Norisring, G10-DTM-Video
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