Fußball-WM: live aus Baden-Baden
ARD und ZDF realisieren die Übertragungen von der Fußball-WM 2018 zentral aus einem gemeinsamen Studio beim SWR in Baden-Baden. film-tv-video.de hat das Setup in Baden-Baden besucht und mit den Technikverantwortlichen von ARD und ZDF gesprochen.
IBC Moskau
Das IBC, in den vergangenen Jahren zentraler Produktionsort für ARD und ZDF, übernimmt bei der Fußball-WM 2018 für die deutschen Sender in erste Linie die Rolle eines Zulieferers. »Natürlich haben wir auch in Moskau noch einige Schnittplätze«, erläutert Vitino Zoiro. »Aber eben nicht im bekannten Ausmaß, sondern im kleinen Rahmen, damit wir auch hier Beiträge fertigstellen können.« Im Gastgeberland sind zudem auch acht Schnitt-Teams im Einsatz, die auf ihren Laptops Material direkt vor Ort mit Media Composer schneiden und das Material wahlweise per LiveU oder via Internet nach Baden-Baden übertragen können.
Den reduzierten Auftritt im IBC kann man auch an der Fläche messen, die ARD und ZDF im IBC noch belegen: Sie liegt in diesem Jahr gerade mal bei rund 365 qm ohne den Hörfunk, während in früheren Jahren 2.000 qm (ohne Hörfunk) gebucht wurden.
In Moskau haben ARD und ZDF primär Technik aus der MPE eingebaut, also dem gemeinsamen Equipment-Pool von ARD und ZDF. »Das war hinsichtlich Abwicklung und Zollformalitäten deutlich einfacher, als zugemietete Technik nach Moskau zu verschicken«, erklärt Vitino Zoiro.
DFB-Quartier
Watutinki, das Quartier der deutschen Mannschaft ist die größte TV-Außenstelle von ARD und ZDF während der Fußball-WM 2018. Der Ort liegt gut 40 km südwestlich von Moskau. In unmittelbarer Nähe zum deutschen Team moderieren Katrin Müller-Hohenstein für das ZDF und Gerhard Delling für die ARD, direkt aus dem DFB-Quartier.
»Wir konnten den technischen Aufwand für Produktionen aus dem WM-Hauptquartier in diesem Jahr deutlich reduzieren«, erläutert Gregor Schmid. Das liege unter anderem daran, dass es für ARD und ZDF möglich gewesen sei, direkt im Mannschaftshotel redaktionelle Arbeitsplätze zu beziehen, so Schmid. »Das konnten wir in der Vergangenheit nicht und mussten für die redaktionellen Arbeitsplätze Container aufbauen. Diese Notwendigkeit entfiel in diesem Jahr, sodass wir mit lediglich fünf Containern vor Ort auskommen – statt mit bis zu 35 Containern wie bei früheren WMs«, so Schmid.
Als mobile Sendeeinheit steht im russischen DFB-Quartier während der Fußball-WM 2018 ein 3-Kamera-SNG zur Verfügung, dieses System ist für Havariefälle per Satellit mit dem NBC in Baden-Baden verbunden. Für eine direkte und flexible Berichterstattung und für mobiles Streaming können die Teams vor Ort auf IP-basierte LiveU-Einheiten zugreifen. Außerdem gibt es auf dem Hotelgelände ein Schnittmobil des SWR mit Bearbeitungsplätzen für die ARD und mobilen Schnittplätzen für das ZDF.
Neben den Sportsendungen werden aus dem DFB-Quartier auch die Nachrichtensendungen von ARD und ZDF beliefert, sowie das »Morgen-«- und »Mittagsmagazin«. Online und in den sozialen Netzwerken werden ARD und ZDF beispielsweise die Pressekonferenzen oder Trainingseinheiten (ARD) live übertragen. Erstmals teilen sich Radio-, Online- und Fernsehmitarbeiter gemeinsame Redaktionsbüros.
Die Übertragung des TV-Signals aus Watutinki erfolgt über eine voll redundante Glasfaserverbindung direkt ins WM-Sendezentrum Baden-Baden. »Hierfür reicht uns eine Bandbreite von einem Gigabit«, erläutert Gregor Schmid.
Venues
Ein Ü-Wagen des SWR, der FÜ3, begleitet während der Fußball-WM 2018 die deutsche Mannschaft zu den Spielen in die einzelnen Stadien. Aufgrund der großen Entfernungen ist es in der Vorrunde allerdings nicht möglich, das Fahrzeug rechtzeitig von einem zum anderen Stadion zu transportieren. »Die Strecken sind einfach zu lange, um rechtzeitig am nächsten Stadion anzukommen deshalb unterstützt uns beim Spiel in Sotschi der russische Anbieter Movicom mit seinem Fahrzeug. Personell unterstützt wird der Ü-Wagen aber von unserer Ü-Wagen-Mannschaft«, erläutert Gregor Schmid.
Neu bei dieser WM: Es gibt keine SNG-Einheiten, die die Mannschaft zu den Spielorten begleiten. »Stattdessen nutzen wir bei der WM in Russland für diesen Zweck ausschließlich LU600-Systeme von LiveU,«, berichtet Gregor Schmid. Bei ARD und ZDF sind jeweils vier IP-Bonding-Systeme im Einsatz. Sie übertragen das Material über klassische Mobilfunknetze und sind somit sehr flexibel und auch schnell einsetzbar.
In Baden-Baden wurde für die LiveU-Systeme eigens ein LiveU-Server installiert, der das Material von den EB-Teams aus Russland direkt empfängt. »Natürlich können die Teams ihr Material bei Bedarf auch zusätzlich direkt zum ZDF nach Mainz schicken«, berichtet Florian Rathgeber. Er erwähnt, dass die Redaktionen mittlerweile großes Vertrauen in die LiveU-Systeme hätten, weil sie nunmehr schon einige Jahre zuverlässig im Einsatz seien. Für den Einsatz dieser Systeme sprach letztlich auch der gute Mobilfunk-Netzausbau.
Eigene Kameratechnik an den Venues
Bei allen Spielen der deutschen Mannschaft während der Fußball-WM 2018 sind ARD und ZDF mit sieben eigenen Kameras vor Ort. Zwei davon sind im TV-Studio im Einsatz, also für das erste Trainerinterview. Die anderen fünf Kameras werden an diversen Interviewpositionen sowie am Spielfeldrand platziert.
Bei den Spielen ohne deutsche Beteiligung setzen ARD und ZDF smarte Teams ein, die am Spielfeldrand eine buchbare Position beziehen und eigene Bilder einfangen können. »Die Redaktion möchte unabhängig und kritisch berichten, und mit dieser Lösung können wir im Zweifelsfall auch Bilder zeigen, die wir vom Host nicht bekommen.« Das war sicher auch eine der Lehren, die man gezogen hatte, als der Host-Broadcaster bei der Euro in Frankreich die Bilder randalierender russischer Hooligans nicht gezeigt hatte.
Weitere Außenstellen: WM-Kwartira, Tegernsee
Im Hamburger Mojo-Club wird am Ende jedes Spieltages in lockerer Atmosphäre über die Ereignisse des Tages diskutiert. SBA setzt diese Produktion mit dem Ü2 um. Eine weitere Außenstelle ist der Tegernsee, wo Philip Lahm und Jessy Welmer, Einschätzungen und Einordnungen abgeben. Eine Regie von RT1 setzt das um.
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