360-Grad-VR, Making-of, Postproduction, Top-Story: 07.03.2018

Dani Levy: Vier kurze Spielfilme in 360 Grad und 3D

Vier 360-Grad-Kurzspielfilme in Stereo-3D hat Dani Levy für das Jüdische Museum in Berlin realisiert. Peter Dehn hat sie gesehen und Infos über die Entstehung gesammelt.



Jüdischen Museum Berlin, Fassade
Im Jüdischen Museum in Berlin läuft bis 30.4.2019 die Ausstellung »Welcome to Jerusalem«.

Das Jüdische Museum in Berlin zeigt im Rahmen seiner aktuellen Ausstellung »Welcome to Jerusalem«, die seit dem 11. Dezember 2017 und noch bis zum 30. April 2019  läuft, auch vier 360-Grad-Kurzfilme, bei denen Dani Levy Regie führte und Filip Zumbrunn die Bildgestaltung übernahm.

Zumbrunn arbeitete teilweise mit Eigenbau-Equipment, um die fünf bis acht Minuten langen Filme in jeweils nur einer Einstellung, also als Plansequenz, zu realisieren — in 360 Grad und Stereo-3D.

Betrachten kann man die Filme mit VR-Brillen. Die Filme sind nicht während der gesamten Ausstellungsdauer zu sehen, sondern in einem Zeitfenster zwischen dem 3. Mai und 17. Juni 2018. Zur Berlinale gab es sozusagen eine Vorpremiere. Peter Dehn war für film-tv-video.de dort.

Welcome to Jerusalem, Plakat
Die aktuell laufende Ausstellung »Welcome to Jerusalem« im Jüdischen Museum in Berlin umfasst viele einzeln Aspekte.
Filme als Teil einer Ausstellung

Die aktuell laufende Ausstellung »Welcome to Jerusalem« im Jüdischen Museum in Berlin umfasst viele einzelne Teilelemente. Unter anderem werden auch Ausschnitte aus »24h Jerusalem« von Zero One gezeigt (Bericht).

Das Ausstellungskonzept des Jüdischen Museums in Berlin will insgesamt »in jeder Beziehung unkonventionell« sein und »eine emotionale Komponente« vermitteln. Um das zu erreichen, nahm das Museum unter anderem Kontakt zu Regisseur Dani Levy auf. Der drehte zusammen mit dem Schweizer Kameramann Filip Zumbrunn vier 360-Grad-Kurzspielfilme, die ebenfalls als Teil der Ausstellung gezeigt werden.

Um ein realistisches Erlebnis zu erhalten, ist aus technischer Sicht eine VR-Brille bei den Zuschauern Pflicht. Das Ganze war aber von Beginn an nicht als technische Fingerübung konzipiert. Deshalb setzt das Projekt auf eine durchdachte, fiktionale Spielhandlung.

Berlinale-Demo, Geschichten aus Jerusalem
Bei der Vorpremiere im Jüdischen Museum: VR-Brille ist bei den Zuschauern Pflicht.

Das ist ein wesentlicher Aspekt, der einen großen Unterschied ausmachen kann: Erst im vergangenen Dezember hatte etwa Werbe Weischer versucht, den Berliner Zoo-Palast zur Bühne für ein virtuelles Panorama zu machen. Viel mehr als eine Fahrt durch eine Sammlung von 3D-Objekten, untermalt von elektronischer Musik, kam dabei aber leider nicht heraus. »Das erste VR-Kino der Welt« war ein anderer, früherer Ansatz der 2016 in der Hauptstadt nach nur drei Monaten gescheitert war.

Offenbar ist es also keineswegs trivial, 360-Grad-VR interessant, inhaltlich fesselnd und attraktiv für den Zuschauer zu gestalten: Zeit also, etwas Anderes zu probieren, ein neues Konzept umzusetzen.

Geschichten aus Jerusalem, »Liebe«, Szenenfoto
Ausweiskontrolle im Bus: Szenenfoto aus der Episode »Liebe«.
Inszenierung, Alltag, Publikum

Dani Levy zeigt Szenen aus dem Alltag Jerusalems, aus der Sicht von Juden und Palästinensern. Im Kurzfilm »Glaube« diskutiert ein Stand-Up-Comedian an einer Straßenecke mit seinem Publikum. Levy zwingt seine Zuschauer auch in die Rolle von Mitwirkenden, indem er sie in die Mitte der Szenerie holt und der Schauspieler sie provokativ zur Stellungnahme auffordert.

»Wir inszenieren einen ganzen Raum. Anders gesagt: Leben«, kommentiert Levy. »Alles was um die Kamera herum passiert, ist Teil der Inszenierung.« Wenn man auf der Straße dreht, »kann man vielleicht nicht immer alles voll kontrollieren, muss eine Art von Zufälligkeit oder Unberechenbarkeit zulassen«, führt Levy die Arbeitsweise für dieses Projekt aus.

Geschichten aus Jerusalem, »Hoffnung«, Szenenfoto
Jesus-Darsteller Tetsu Mukojima aus der Episode »Hoffnung«.

Die Geschichten sind zwischen fünf und acht Minuten kurz und sämtlich in einem Stück gedreht, also als Plansequenzen realisiert. »Hoffnung« beobachtet israelische Scharfschützen auf Dächern. Deren zunächst bedrohlich klingendes Funk-Palaver stellt sich bald als ungefährlich heraus: Ein Soldat auf dem Dach funkt mit einem Kameraden unten in der Gasse und es wird um ein Schmuckstück gefeilscht, das ein Palästinenser unten anbietet. Die skurrile Geschichte endet schließlich mit der Himmelfahrt eines japanischen Heilands — da lässt Levy seinen Humor á la »Alles auf Zucker« oder »Die Welt der Wunderlichs« aufschimmern.

In den beiden weiteren Filmen von »Geschichten aus Jerusalem«mit den Titeln »Angst« und »Liebe«, bewegt sich der Zuschauer zunächst durch eine Szenerie, die anschließend den filmischen wie politischen Hintergrund für die vorne stattfindende Action des Filmes bildet.

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