Branche, Film, Top-Story: 03.05.2017

Dokfest München 2017: Vorschau und Empfehlungen

Am Donnerstag den 3. Mai 2017 beginnt das 32. Internationale Dokumentarfilmfestival München mit einem Programm aus 157 Filmen aus 45 Ländern. Der Doku-Kameramann Hans Albrecht Lusznat hat einen Teil der Filme schon gesehen und gibt hier seine ganz persönlichen Tipps und Bewertungen ab.

Dreamboat

Dokfest 2017
»Dreamboat« – Kreuzfahrt für schwule Männer.

Ein Kreuzfahrtschiff in Dubai, die üblichen Bilder vom Beginn einer Reise, nur sind es ausschließlich Männer, die an Bord gehen. Es ist eine siebentägige Kreuzfahrt für schwule Männer. Fünf von ihnen, alle aus verschiedenen Ländern, haben sich die Filmemacher herausgesucht, um sie über die Tage zu beobachten und zu ihrem Befinden zu befragen. Mit ambitionierten Bildern wird der Alltag an Bord gezeigt, und wenn man dem Film Glauben schenken kann, findet an Bord nahezu ausschließlich Party in immer wechselnden Verkleidungen statt.

Zwischendurch gibt es immer wieder Reflexionseinschübe über Partnerschaft, Sex, Einsamkeit, HIV, Restriktion, Coming out. Aber wirklich nahe kommt einen in den Party-Ruhepausen keiner der Protagonisten. Schiffsreisen sind schwierig für die Kamera, weil man nicht wirklich eine Außenansicht bekommt. Seit es Drohnen gibt, ist dieses Problem gelöst – und hier sind diese Bilder besonders erholsam.

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On the edge of happiness

Dokfest 2017
»On the edge of happiness« – Hoffnung auf ein neues Leben.

Zwischen einer Plattenbausiedlung mit ihren abgezäunten Wegen und einem Bahngleis liegt ein Stück Brachland mit Hochspannungsmasten. Hier am Rand von Gent haben sich zwei bulgarische Ehepaare in einem Wellblechverschlag niedergelassen und warten auf einen Job, den sie zu finden hoffen. Die beobachtende Kamera ist dicht bei den Personen in dieser kargen winterlichen Zeit. Die Bilder im Cinemascope-Format sind immer bläulich eingefärbt und nur das immer brennende offene Feuer spendet den Protagonisten und auch dem Zuschauer Wärme in dieser Vorstadt-Gegend. Der Titel trifft die Situation, stammt aber von einer Einkaufstüte, mit der die Bulgaren umherstreifen, um Verwertbares einzusammeln. Weil die Eisenbahn ein Depot errichten will, wird der Platz schließlich geräumt.

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A modern man

Dokfest 2017
»A modern man« – auf der Suche nach dem Glück.

Ein junger Mann in Freizeitkleidung betritt einen Porscheladen und interessiert sich für ein oranges Modell. Er will das Motorgeräusch hören, lässt den Wagen an und fragt den Verkäufer, ob man da nicht ein anderes Soundsystem einbauen könne. Schließlich kauft er den Wagen und gesteht, daß er die Farbe gar nicht sehen kann, da er farbenblind ist. Die restlichen 80 Minuten versucht der Film den falschen Eindruck der Eingangssequenz zu widerlegen.

Charlie Siem ist Sologeiger, als Sprössling eines norwegischen Milliardärs von Geburt an reich, aber auch getrieben, sich selbst zu beweisen. Er ist ehrgeizig und ein musikalisches Ausnahmetalent. Mit drei Jahren hat er Geigenmusik gehört und gewusst: das ist es. Zudem sieht der 30jährige auch noch gut aus. Er arbeitet nebenbei als Model für Fotokampagnen der Modehäuser Armani und Hugo Boss – und ist trotzdem allein. In einer wunderbaren Szene spricht er mit einem Masseur, der ihm die Arm-Muskulatur lockert und an Hand der Verkrampfungen so nebenbei ein Psychogramm erstellt, das einigen Problemen verblüffend nahe zu kommen scheint.

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Werner Nekes – das Leben zwischen den Bildern

Dokfest 2017
»Werner Nekes – das Leben zwischen den Bildern« – Weggefährten erinnern sich.

Werner Nekes ist sicher einer der wichtigsten deutschen Experimentalfilmer. Seine Aufmerksamkeit galt der Wahrnehmung und dem Sehen im Besonderen. Dazu hat er mit teilweise selbstgebauter Technik in seinen Filmen geforscht und ausprobiert. Neben diversen Lehrtätigkeiten hat Nekes schon sehr früh Objekte und Medien zur Wahrnehmungsgeschichte zusammengetragen und eine weltberühmte Sammlung angelegt. Dieser Film ist ein Portrait von Werner Nekes, an dem auch viele seiner Weggefährten wie Kameramann Bernd Upnmoor, Regisseur Alexander Kluge, Kunstkritiker und Dokumenta-Macher Bazon Brock, Klaus Wyborny und Helge Schneider mitwirken. Werner Nekes ist im Januar 2017 gestorben.

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La Tempestad Calmada

Dokfest 2017
»La Tempestad Calmada« – ein poetischer, experimenteller Film.

Palmarola ist die westlichste der Pontinischen Inseln vor der Küste Neapels. Ein Fischer flickt seine Netze und erklärt einem Jungen, wie man es macht. In wohl komponierten Cinemascope-Bildern inszeniert der Regisseur seine realen Darsteller. Die Fischer fahren aufs Meer, ein Sturm zieht auf. Wie in einer Opernaufführung erschrecken die Fischer, aber das Wetter beruhigt sich wieder. Am Schluss stehen Vater und Sohn auf einer Terrasse und reden über das Fortgehen, das vielleicht notwenig ist, um wieder zurückzukommen. Die Filmeinstellungen sind wie Bühnenbilder gestaltet und werden sehr lange durchgehalten. Ein poetischer, experimenteller Film.

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Cool Mama

Dokfest 2017
Ann ist erfolgreiche Geschäftsfrau in München und heiratet den viel jüngeren Akin aus Nigeria.

Ann ist erfolgreiche Geschäftsfrau in München und heiratet den viel jüngeren Akin aus Nigeria. Zusammen gründen sie das Livestilgeschäft Afrika House. Irgendwann gesteht Akin Ann, dass er eine Familie in Afrika hat. Ann lässt sich auf die Situation ein und holt schließlich die Frau mit fünf Kindern nach Deutschland. Über 15 Jahre begleitet der Filmemacher dieses interkulturelle Familienprojekt und entsprechend sind 4:3 SD Formate mit neuem 16:9 HD gemischt. Schließlich integrieren sich die Kinder problemlos, während die Erwachsenen in ihre tradierten Rollenbilder zurückfallen.

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