Broadcast, Report, Sport, Top-Story: 22.06.2016

Euro 2016: Größer denn je

Die Spiele der Gruppenphase der Fußball-EM 2016 haben schon stattgefunden und alle wurden erfolgreich übertragen — dass die dabei eingesetzte TV-Technik funktioniert, ist also schon bewiesen. Zeit für einen Hintergrundartikel, der beleuchtet, was auf technischer Seite hinter den Kulissen abläuft.

Produktion und Postproduktion im IBC

Im IBC in Paris ist nicht nur das Studio von ARD und ZDF untergebracht. Dort sitzt auch ein Großteil der Redaktion und auch die gesamte Schnitt-Infrastruktur mit zwölf Avid-Schnittplätzen mit angeschlossenen Audiomischplätzen ist im IBC installiert.

Das gesamte Worldfeed-Material der Uefa kommt in der Senderegie im IBC an. Für den zentralen Materialtransfer und die Bearbeitung ist erneut eine Kombination aus EVS- und Avid-Isis-Equipment im Einsatz, mit 28 EVS-Kanälen. »Das Setup im IBC gleicht dem Aufbau der vergangenen Sport-Großveranstaltungen«, erklärt Vito Zoiro, Technischer Leiter des ZDF. Auf Seiten der ARD sind vier Avid-Schnittplätze in Betrieb, auf Seiten des ZDF acht.

Insgesamt haben ARD und ZDF im IBC drei Regien eingebaut: Die LED-Regie koordiniert und realisiert die Bespielung der LED-Wand im Studio, weiter sind eine klassische Studioregie und eine Senderegie eingebaut. »Das Konzept mit den drei Regien haben wir deshalb entwickelt, weil wir die Studioregie während des Fußballspiels freischaufeln wollten, damit wir im Studio noch proben und bei Bedarf auch noch Gespräche vorab aufzeichnen können. Deshalb wickeln wir das eigentliche Fußballspiel, das wir vom Host angeliefert bekommen, komplett über die Senderegie ab. Damit bleiben Bild- und Tonmischpult im Studio frei«, erläutert Florian Rathgeber.

Das Raumkonzept bildet diesen Workflow ab: Die Senderegie kann durch eine Schiebetür abgetrennt werden, so dass sich die beiden Aktivitätsbereiche nicht stören, wenn sie für separate Zwecke genutzt werden.

Für den Ton stehen zwei Tonregien zur Verfügung: Einmal die Studiotonregie und eine weitere für die Mischung des 5.1-Surround-Sounds, der anschließend nach Köln oder Mainz übertragen wird.

Übertragungstechnik

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An den diversen Venues und am DFB-Quartier sind ARD und ZDF mit eigenem Equipment vertreten.

Neben der Technik im IBC-Studio in Paris nutzen ARD und ZDF auch noch mehrere Übertragungswagen. Obwohl die Spiele selbst, wie mittlerweile bei allen Sportgroßereignissen üblich, komplett vom Host-Broadcaster aufgenommen und in Form von verschiedenen Signalpaketen an die Sender weitergegeben werden, ist auch in den einzelnen Stadien und an anderen Orten der EM noch eigene Technik der Sender erforderlich. So ist ein Ü-Wagen des SWR am Quartier der deutschen Mannschaft in Évian platziert, drei weitere Fahrzeuge sind an verschiedenen Orten in ganz Frankreich unterwegs: der FÜ1 und FÜ4 des WDR, der MP4 des ZDF.

Bela Rethy.
Béla Réthy ist einer der Kommentatoren.

Bei den Spielen der deutschen Nationalmannschaft setzen ARD und ZDF diese Ü-Wagen mit sieben bis zehn eigenen Kameras ein, hier verfügen die Sender neben den offiziellen Uefa-Bildern auch über eigenes Bild- und Tonmaterial. Üblicherweise produzieren die Sender hier Interviews vom Spielfeldrand und aus dem Spieler-Interviewbereich, der Mixed Zone und dem VIP-Bereich. Der FÜ-4 wird bei Spielen der deutschen Mannschaft eingesetzt, er bietet zehn Kameras. Der FÜ-1 fährt zu Topspielen ohne deutsche Beteiligung. Der MP4 des ZDF wird genutzt, wenn die deutsche Mannschaft an den ZDF-Tagen spielt. Bei der Berichterstattung von 35 Spielen haben die beiden Sender ganz darauf verzichtet, eigenes Equipment vor Ort zu den Stadien zu schicken, um das Produktions-Budget zu entlasten.

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Auch etliche kleinere Produktionsfahrzeuge sind unterwegs.

Weltbild

Während der Fußballbegegnungen selbst stellt, wie erwähnt, die Uefa das Hauptbild zur Verfügung. Dieses Weltbildsignal wird mit 35 Kameras produziert. Hier sind ARD und ZDF letztlich auf die inhaltliche Gestaltung der Uefa angewiesen — und wenn sie keinen eigenen Ü-Wagen vor Ort haben, stehen für die Berichterstattung auch ausschließlich Uefa-Bilder zur Verfügung. Im Normalbetrieb funktioniert das auch gut — also dann, wenn es um die Fußballübertragung im engeren Sinn geht, um das Spiel, die Spieler und die Trainer.

Bei den Krawallen in Marseille allerdings verzichtete die Uefa darauf, auch die prügelnden Hooligans im Stadion zu zeigen. Aus der Sicht von ARD und ZDF ist das aber nicht vertretbar. »Wir waren nicht zufrieden mit dem Bildangebot nach Abpfiff des Spiels England – Russland, das haben wir deutlich angemerkt«, erläutert ZDF-Sportchef Dieter Gruschwitz.

Auch solche Bilder gehören zur Euro 2016.

ZDF-Live-Kommentator Oliver Schmidt setzte in dieser Situation auf alte Tugenden und beschrieb die Schlägerszenen, die von der Uefa aber nicht im Bild gezeigt wurden. »Die Uefa hat zugesagt, uns in einem künftigen vergleichbaren Fall so schnell wie möglich Bilder anzubieten und uns die Entscheidung zu überlassen, ob wir sie in die Berichterstattung aufnehmen«, sagt ARD-Teamchef Jörg Schönenborn. »Das ist ein wichtiges Signal an unser Publikum. Für unsere Glaubwürdigkeit ist es unerlässlich, dass wir zeitnah über alles Wichtige berichten, was im Stadion passiert, auch jenseits des Spielfelds. Das werden wir soweit technisch möglich auch mit eigenen ARD-Kameras gewährleisten.«

Seite 1: Eckdaten Euro 2016
Seite 2: Gemeinsame Produktion von ARD und ZDF
Seite 3: IBC-Studio
Seite 4: Produktion und Postproduktion im IBC, Übertragungstechnik
Seite 5: Kamerateams an den Venues
Seite 6: Distributionswege

Autor
Christine Gebhard, Gerd Voigt-Müller

Bildrechte
ZDF/Eliot Blondet (10), ZDF/Agnes Dherbeys (1), ZDF/Jean-Francois Deroubaix (2), WDR/Herby Sachs (5), Himmler (1), Nonkonform (2), Hill (5)

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