Euro 2016: Größer denn je
Die Spiele der Gruppenphase der Fußball-EM 2016 haben schon stattgefunden und alle wurden erfolgreich übertragen — dass die dabei eingesetzte TV-Technik funktioniert, ist also schon bewiesen. Zeit für einen Hintergrundartikel, der beleuchtet, was auf technischer Seite hinter den Kulissen abläuft.
IBC-Studio
Herzstück des 180-qm-Studios ist eine riesige LED-Wand im Hintergrund des Studios: Sie misst 10,8 x 2,7 m und bietet durch einen Pixel-Abstand von nur 1,9 mm eine hohe Bildqualität (Infos zu einem ähnlichen System). Die LED-Wand ist es letztlich auch, die den beiden Sendern ganz unterschiedliche Looks und Studiodesigns ermöglicht, obwohl im gleichen Studio mit 12 x 15 m Grundfläche produziert wird.
Die LED-Wand wird per Watchout-Medienserver von Dataton mit unterschiedlichstem Material bespielt, also mit diversen Hintergründen, Grafiken und Live-Signalen. »Der Medienserver kann Live-Signale, aber auch fertige Beiträge und Grafiken ausspielen, und das in den unterschiedlichsten Formaten«, erläutert Frank Himmler und ergänzt, dass der prinzipiell gleiche Server auch bei der Sportschau im Einsatz sei.
Delta-Tre realisiert für die Uefa die Grafiken und bietet auch weiteres Bildmaterial an. So stellt Delta-Tre auch ein Superpanoramasignal aus den Stadien zur Verfügung, das nahtlos aus vier Live-Signalen kombiniert wird. Mit diesem Live-Panoramabild kann die LED-Wand formatfüllend beschickt und so ein Live-Eindruck aus den Stadien wiedergeben und Stadion-Atmosphäre ins Studio geholt werden.
Insgesamt sind das Studio und die zugehörige Regie mit fünf Kameras und der zugehörigen Technik bestückt. Die Kameras werden von den Sendern in unterschiedlichen Konfigurationen genutzt.
Insbesondere das ZDF nutzt die Möglichkeiten des Studios sehr intensiv, wenn Moderator Oliver Welke, unterstützt vom Fußball-Experten Oliver Kahn, die ZDF-EM-Sendungen über das gesamte Turnier aus dem Studio im IBC präsentiert — erstmals auch die Spieleinstimmung und die Spielanalyse. Unterstützt werden die beiden passend zu den jeweiligen Spielen von weiteren Gästen, etwa ehemaligen Spielern anderer Nationalmannschaften, vom Schiedsrichter-Experten Urs Meier, aber auch von ehemaligen Bundesligaspielern.
Augmented Reality
Im Studio werden insbesondere auch die neuen Möglichkeiten von Augmented Reality genutzt. Hierfür ist im Studio unter anderem ein Xtreme-T10-Kran von Egripment im Einsatz. Dieser Teleskopkran liefert dank des Trackingsystems Trackman exakte Positionsdaten und füttert damit das Augmented-Reality-System von Vizrt (Meldung zu Vizrt-Systemen).
Der auf bis zu 7,5 m teleskopierbare Kran verfügt hierfür über einen Datenausgang, der mechanisch ermittelte Positionsdaten liefert. Auf deren Basis »weiß« das Vizrt-System dann jeweils exakt, wo sich die Kamera innerhalb des Studios befindet und welchen Bildausschnitt sie erfasst. So kann das Vizrt-System dann die entsprechend in Echtzeit gerenderten Grafikelemente zuliefern, die exakt zum Realbild der Krankamera passen.
Im Ergebnis entsteht ein realistischer Bildeindruck, wenn das Studiogeschehen durch Augmented-Reality-Einblendungen angereichert wird. Das können virtuelle Monitore sein, auf denen Spielerprofile, Aufstellungen und weitere Informationen zu sehen sind, aber auch eingestanzte »Starschnitte« von Spielern in Lebensgröße.
Florian Rathgeber berichtet, dass man das Tracking vor der Euro intensiv getestet habe: »Wir brauchen für die Augmented-Reality-Elemente eine sehr umfassende Grafikleistung.«
Zusätzlich zur Krankamera setzt das ZDF im Studio drei Kameras auf Pumpstativen und die ARD zwei Kameras auf Pumpstativen ein. Eine weitere Kamera ist als mobile »Handkamera« auf einem Rig im Einsatz. Eine zusätzliche (Reserve-)Kamera ist in einem separaten Raum aufgebaut, etwa für besondere Fälle, in denen zusätzliche Berichterstattung notwendig wird.
Als weiteres Element im Studio wird an den ZDF-Tagen ein 80-Zoll-Touchscreen eingesetzt, über den der ehemalige Bundesligatrainer Holger Stanislawski bestimmte Spielszenen live analysiert und dabei etwa einzelne Spielzüge und den Spielaufbau erklärt oder ganz generell die Taktik anhand konkreter Beispiele erläutert. Für diese Analyse ist die Vizrt-Software Viz-Libero im Einsatz.
Während — wie schon erwähnt — das ZDF alle Spiele aus dem Studio im IBC moderiert, nutzt die ARD das Studio ausschließlich während der Nachmittagsspiele der Gruppenphase und während des Achtelfinales. Als Moderatoren sind Alexander Bommes und Arnd Zeigler im Einsatz, die seit 2013 auch gemeinsam den Sportschau-Club moderieren.
Match of the Day
Bei den Abendspielen nutzt die ARD abends beim »Match of the Day« ein Glasstudio für die Moderation vor Ort im jeweiligen Stadion. Sportschau-Moderator Matthias Opdenhövel und Ex-Fußballprofi Mehmet Scholl melden sich bei diesen Partien live aus der jeweiligen Arena und berichten direkt vom Ort des Geschehens. Unterstützt werden die beiden bei der EM in Frankreich natürlich von einem eingespielten Team aus Regisseuren, Aufnahmeleitern, Kameraleuten und Technikern.
Aus ihrem gläsernen Studio im Stadion melden sich Opdenhövel und Scholl mit den wichtigsten Informationen rund um das Spiel. Auch in der Halbzeitpause und nach Ende der Partie halten sie zusammen mit den Reportern am Spielfeldrand und im Stadion die Zuschauerinnen und Zuschauer im Ersten auf dem Laufenden.
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