Simultankonzert: Acht Orgeln, ein Werk, acht Organisten
Zwei Lawo V-Pro8 Videoprozessor-Einheiten und ein mc²36 Audiomischpult von Lawo kamen bei einem musikalischen Ereignis der besonderen Art zum Einsatz: Anlässlich des 300. Stadtgeburtstags von Karlsruhe spielten Organisten in den Partnerstädten gemeinsam mit vier Organisten in Karlsruhe das Orgelwerk »Organum«. Was die Musiker in den jeweiligen Kirchen an den Orgeln zur selben Zeit aufführten, wurde über Satellit in die staatliche Hochschule für Gestaltung (HfG) simultan übertragen und dort im Lichthof 4 zusammen mit den Bildern vom Orgelspiel in einer technisch und künstlerisch herausfordernden Klang- und Bildinstallation zusammengesetzt.
Das Rental-Unternehmen Audio Broadcast Services (ABS) aus Rastatt lieferte das Video- und Audio-Equipment und half zusammen mit dem Lawo Service bei der Klärung offener technischer Fragen. Die IP-basierten V-pro8 Geräte – Lawos kompakte, volldigitale 8-Kanal Videoprozessoren – wurden für das Auftrennen der aus den acht Kirchen übertragenen Satelliten-Streams in Audio- und Videosignale und für die Bildbearbeitung eingesetzt. Am Lawo mc²36 wurde der 8-Kanal-Surround-Mix für die Saalbeschallung und den Mitschnitt des Konzerts gemischt. Es entstand so ein sowohl von den Musikern an der Orgel als auch von den Gestaltern an der Technik ein bis ins letzte Detail ausgestaltetes Gesamtkunstwerk.
Künstlerisches Konzept
Nachdem die Idee geboren war, wurde die künstlerische Umsetzung Dr. Achim Heidenreich vom Institut für Bildung, Medien und Wirtschaft Karlsruhe übertragen, der damit die Gesamtleitung des Projekts »Organum« übernahm.
Dr. Heidenreich entwickelte mit den Organisten ein Konzept für ein ganz neuartiges Kunstwerk, für dessen Basis eine Komposition bei Wolfgang Mitterer, einem der renommiertesten zeitgenössischen Komponisten von Orgelmusik, angefragt wurde. Es entstand ein Werk für ein Simultankonzert das in einem Klang- und Bild-Carée an der HfG zusammengeführt wurde, in dem die Konzertbesucher umhergehen konnten und über acht Lautsprecher- und Projektionseinheiten ihre jeweils eigene Uraufführung erleben konnten –inmitten der Klänge der simultan gespielten Orgeln. Dadurch sollte ein »demokratisches Kunstwerk« entstehen, wie Dr. Heidenreich ausführt: »Dass Musik bei Konzerten nur an einer bestimmten Position optimal klingt, ist ein überkommenes Relikt der Feudalzeit. Damals war alles darauf abgestimmt, dass der beste Klang nur die Loge des Monarchen erreicht. Bei unserer Installation war jeder Besucher eingeladen, seine eigene beste Hörposition zu finden und nach Belieben zu ändern.«
Technische Planung und Koordination
Die technische Konzeption und Koordination übernahm Tonmeister Sebastian Schottke, tätig im Bereich der zeitgenössischen Musik u.a. am Karlsruher Zentrum für Kunst und Medientechnologie.
Nach Überlegungen zur Simultanübertragung zeichnete sich bald ab, dass an den acht Standorten die Ton- und Bildsignale gesammelt und über eine Satellitenstrecke zur HfG übermittelt werden sollten, denn nur so konnte eine synchrone Übertragung mit einer stabilen Verzögerung erreicht werden. Sebastian Schottke entwickelte Richtlinien für die Auswahl und Positionierung der Mikrofone an den Orgeln; die Kameras zeigten in ihrer Einstellung einfach den Organisten bei der Arbeit. Audio- und Videosignale wurden zu einem Satellitenübertragungswagen (SNG) des Kölner Rundfunk- und Medien-Dienstleisters Media Broadcast und von Partnern vor der Kirche geführt und dort via Satellitenstrecke nach Karlsruhe übertragen. Dort wurden sie von einem weiteren SNG von Media Broadcast empfangen und in das Lawo-Setup zur Klang- und Bildinstallation eingespeist. Somit kamen insgesamt neun SNG-Fahrzeuge zum Einsatz.
Schottke entschied sich nach sorgfältiger Abwägung und durch seine Erfahrung mit Tonmischpulten verschiedener Hersteller für ein mc²36 von Lawo, um dieses Konzert abzumischen. »Entscheidend war für mich die Klangtreue, die ich mit meiner Mischung erreiche und das mc²36 bewies eine besonders hohe Klangqualität, bei der keine klangliche Nachbearbeitung notwendig war. Zusätzlich zur DSP-Leistung bietet das Pult eine kompakte Oberfläche und erlaubt eine schnelle Bedienung.«
Parallel zum Live-Stream über die V-pro8 wurden aus einer DAW Probenmitschnitte als Backup – das nicht zum Einsatz kam – sowie vorproduzierte Klänge per Madi an das mc²36 gesendet. Schottke: »Durch den Einsatz der beiden V-pro8 Units – eine war als Redundanz vorgesehen – und des Digitalmischpults konnte der komplette Signalweg nach Übernahme vor Ort durch die SNG-Wagen digital gehalten werden, so dass keine Qualitätsverluste durch mehrfaches Wandeln auftraten.«
Ablauf und Konzert
Nach Idee, Komposition, technischen Vorbereitungen und Proben und nachdem die Satellitenstrecke gebucht war, wurde es am Tag der Uraufführung spannend. Am 19. September 2015, einmal um 16.00 Uhr und einmal um 21.00 Uhr, begannen die Organisten auf die Sekunde genau – angezeigt mittels Funkuhr – mit ihrem Orgelspiel und mussten sich exakt an die entsprechenden Zeitangaben der Komposition halten. Die Musiker sollten zudem in den Passagen der Improvisation das Stück durch ihre Hände weiterentwickeln – alles nach einem festen Zeitplan, denn für die Organisten gab es keine Rückleitung zur akustischen Kontrolle, nur ein Zeitfenster. »Man muss sich das Ganze wie acht WM-Endspiele vorstellen, die zeitgleich in der HfG stattfanden«, erläutert Dr. Heidenreich. »Das Ereignis fand in diesem Augenblick statt. So etwas gab es in dieser Form noch nie. Die Zuhörer in Karlsruhe erlebten das Zusammenspiel der acht getrennten Orgeln somit als einen einheitlichen, synchronen Klangkörper.«
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