Fox Sports in Amsterdam: Fußball für alle Plattformen
Wer sich in den Niederlanden ernsthaft für Fußball interessiert, der kommt an Fox Sports kaum vorbei: Der Bezahlsender mit Sitz in Amsterdam überträgt exklusiv die Spiele der dortigen höchsten Fußball-Liga — der Eredivisie — und berichtet auch ausgiebig auf holländisch über den Fußball anderer europäischer Ligen. Dabei beschränkt sich Fox Sports keineswegs auf die TV-Ausstrahlung, sondern nutzt unterschiedlichste Plattformen, um seine Inhalte zu verbreiten. Eine zentrale Rolle spielt dabei Technik von EVS. film-tv-video.de war vor Ort in in der MediArena in Amsterdam.
Arjen Robben, Klaas-Jan Huntelaar, Robin van Persie, Wesley Sneijder oder Rafael van der Vaart sind aktuelle Aushängeschilder für Top-Fußball aus den Niederlanden. Was die Fußballbegeisterung betrifft, können sich die Niederländer problemlos mit England, Spanien, Italien und Deutschland messen: Das kann man außerhalb der Niederlande natürlich besonders bei Spielen der niederländischen Nationalmannschaft »Team Oranje« ablesen, wenn die Ränge der Stadien in orange getaucht sind.
Seit Sommer 2013 bietet Fox Sports den niederländischen Fußball-Fans vielfältige Möglichkeiten, sich ihrem Hobby zu verschreiben, auch wenn sie nicht selbst im Stadion sein können: Der Kanal sendet insgesamt 1.200 Live-Spiele der holländischen Eredivisie — und zusätzlich Spiele und Zusammenfassungen der englischen Premier League, der italienischen Serie A, des FA Cups, des DFB Pokals und der UEFA Europa League.
Realisiert und betrieben wird der Sender Fox Sports von der holländischen Eredivisie Marketing & Media CV (EMM). Das ist ein speziell zu diesem Zweck gegründetes Unternehmen, das zu 51 % dem Medienunternehmen Fox International Channels gehört, zu 36 % den Clubs, die in der Eredivisie spielen, zu 9 % dem TV-Produzenten Endemol und zu 4 % dem niederländischen Fußballverband.
Jan de Vries, Director Broadcast and Operations von EMM, berichtet, dass man im Mai 2012 mit der Planung eines neuen Senderkonzepts begonnen habe, das man aus dem Vorläufer »Eredivisie Live« entwickeln wollte. Ziel war es, mit dem neuen Fußballsender mit Beginn der Saison 2013/2014 On Air zu gehen. Dabei verfolgten die Beteiligten ein breit angelegtes, umfassendes Konzept, das intern unter dem Begriff »Sports 360« zusammengefasst wurde und das mehrere Ziele verfolgte: Der Zuschauer sollte den Content zeitnah auf ganz unterschiedlichen Plattformen und Kanälen abrufen können und möglichst rasch mit Zusatz- und Hintergrundinformationen versorgt werden. Mit neuer Technik wollte EMM etwa auch umfassende Statistiken bieten und Second-Screen-Apps bedienen können.
Als essenzielle Aspekte des »Sports-360«-Konzepts identifizierten die Planer: eine zentrale Ingest-Plattform, Live-Produktionsstudios, den sofortigen, schnellen Medienaustausch zwischen den einzelnen Stadien und der MediArena in beiden Richtungen, ein integriertes Production-Asset-Management und funktionierende, flexible und erweiterbare Second-Screen-Applikationen — sowie das reibungslose Zusammenspiel aus den in all diesen Bereichen eingesetzten Komponenten.
Gleichzeitig musste die technische Infrastruktur es ermöglichen, den Live-Content so schnell wie möglich auf ganz unterschiedlichen Plattformen verfügbar zu machen. Um das zu ermöglichen, sollten Inhalte zentralisiert erfasst und gespeichert werden, um die parallele Bearbeitung und Nutzung durch möglichst viele Produktionsteams bei EMM gleichzeitig zu erlauben. Außerdem wollte man einen völlig neuen Grafik-Engine nutzen, um hier eine bessere Qualität zu erreichen, so Jan de Vries.
Projektplanung und Ziele
EMM begann also im Mai 2012 mit der Planung der Infrastruktur für den neuen Sender, der zum Beginn der Saison 2013/2014, am 1. Juli 2013 On Air gehen sollte. Während der laufenden Planung änderten sich dann die Rahmenbedingungen und einige zusätzliche Aspekte wurden deutlich: Im November 2012 schlossen nämlich die Eredivisie-Clubs, Fox und die anderen Beteiligten den Vertrag, in dem geregelt wurde, dass »Eredivisie Live« künftig als gemeinsames Projekt unter dem Namen Fox Sports betrieben werden sollte. Das zog dann in der Folge noch einige Veränderungen an dem laufenden Projekt nach sich, weil etwa das neue Unternehmen im Januar 2013 neue, zusätzliche Rechte erwarb, erst im Februar 2013 endgültig feststand, wir genau der Portfolio von Fox Sports aussehen sollte und im März noch zusätzliche technische Anforderungen integriert werden mussten. Von den Beteiligten Planern und Herstellern war also Flexibilität gefordert und es mussten einige Aspekte des Projekts noch während der Umsetzung größer skaliert werden.
Die Umsetzung der Ideen und Anforderungen hatte im Januar 2013 begonnen und verlangte eine zentrale Ingest- und Speicherplattform, das war von Beginn an klar. Deshalb hatte sich EMM einen Partner mit Kompetenz in diesem Bereich gesucht und sich schlussendlich für EVS als zentralen Lieferanten des Projekts entschieden. Jan de Vries erläutert, dass man auch in anderen Bereichen schon viele positive Erfahrungen mit EVS gemacht habe und aus diesem Grund auch bei diesem Projekt auf den Anbieter gesetzt habe.
Eine richtige Entscheidung, resümiert Jan de Vries, denn trotz der Veränderungen und Anpassungen des Projekts während der laufenden Umsetzung, hat letztlich alles geklappt und der gewünschte Starttermin konnte realisiert werden. Einer der entscheidenden Faktoren, um EVS auszuwählen, lässt sich laut Jan de Vries so zusamenfassen: »Mit der EVS-Lösung können wir unsere Inhalte jederzeit und überall verbreiten — vor während und nach dem Spiel, und das umfasst Studioproduktionen, die Second-Screen-App, Online- und mobile Plattformen sowie die sozialen Netzwerke Facebook, Twitter und Youtube.« Darin schwingt auch mit, dass EVS mit C-Cast über eine Technologie verfügt, auf deren Basis Second-Screen-Applikationen verschiedenster Art realisiert werden können.
Medienzentrum MediArena
Die neue Produktionsstätte für Fox Sports wurde in direkter Nähe zum Amsterdamer Fußballstadion »ArenA« in einem Gebäude realisiert, in dem unter anderem auch die Zentrale von Endemol angesiedelt ist, in der MediArena. Hier ist die gesamte Technik von Fox Sports untergebracht. Das imposante Gebäude beherbergt nun neben anderen Firmen auch die drei Studios, die Regien und MCRs des Senders, die gesamten Speichereinrichtungen, umfassende weitere Produktionstechnik und natürlich auch die Redaktionen.
EMM entschied sich, einen zentralen EVS-Speicher aufzusetzen, der im Ingest bis zu 20 Live-Quellen parallel verarbeiten kann. Auf dem EVS-SAN wird das Material parallel in XDCAM HD 422, wie auch in DNxHD kodiert. Das klingt zunächst nach doppeltem Aufwand, sorgt aber dafür, dass sich das Material flexibel nutzen lässt, weil es jeweils in der passenden Kodierung vorliegt, die für die jeweilige Applikationen am besten geeignet sind, die sich in der weiteren Verarbeitung anschließen – etwa in DNxHD bei Live-Applikationen.
Das Material, das im zentralen Ingest der MediArena aufläuft, kommt via Fibre Channel direkt aus den Übertragungs-Fahrzeugen in den zentralen Speicher, wobei für den Transfer mit Aspera-Technologie gearbeitet wird.
Die Operatoren vor Ort in den Stadien kreieren schon während des Spiels Clips, die übertragen und timecode-gekoppelt in den Übersichten der Logger in der Zentrale erscheinen. Dank dieses Workflows steht das Material schon während des Spiels fortlaufend in der Zentrale für die weitere Bearbeitung zur Verfügung.
IP Director
Bei Fox Sports ist IPDirector im Einsatz, um das komplette Content-Management damit abzuwickeln — und etwa Material auf den rund 3.000 Stunden umfassenden Nearline-Speicher oder auf das 64-TB-Isis-Speichersystem zu transferieren, auf das die Postproduktion zugreift.
Eine IPBrowse-Applikation erlaubt es bis zu 30 Journalisten, simultan das Material des Nearline-Speichers zu sichten, Inhalte zu selektieren und beispielsweise auf die Postproduktionssysteme zu überspielen. Bei Fox Sports wird diese Funktionalität oft in der Live-Berichterstattung genutzt, etwa wenn es darum geht, bestimmte Szenen in der Spielanalyse zu zeigen und möglichst schnell zur Verfügung zu haben.
Studioproduktion
Bei Fox Sports stehen drei Studios zur Verfügung, in denen die Moderatoren meist mit einem Experten die Spiele kommentieren und zusätzliche Infos für die Zuschauer bereithalten. Die Studios nutzen grundlegend ähnliche Technik, etwa Grass-Valley Studio-Kameras, sie sind aber unterschiedlich ausgelegt. Im größten Studio mit mehreren Moderationspositionen, wird von mehreren gekapselten Projektoren an der Studiodecke ein nahtloser Stadionhintergrund mit darin eingebettetem Großbildschirm projiziert.
Das Besondere in der Live-Berichterstattung und den Analysen bei Fox Sports sind vor allem die vielen Quellen, die in die Beiträge einfließen. Arjan van Westerloo, Managing Director bei Endemol Sports, betont, dass die inhaltliche Kompetenz in der Berichterstattung bei Fox Sports dank der neuen Workflows eine neue Klasse erreicht habe.
Er erläutert das an einem Beispiel. Wenn etwa bei einem Spiel ein Elfmeter geschossen wird, kann der Moderator im Studio innerhalb kürzester Zeit zusätzliche Infos liefern, in dem er etwa frühere Elfmeterschüsse des Spielers abruft und dessen Präferenzen beim Schuss nennt — und das innerhalb kürzester Zeit. Das geht nur, weil alle Systemkomponenten vernetzt sind. Arjan von Westerloo betont: »Wir produzieren alles nur einmal, aber dann steht es sofort für die Wiederverwertung bereit«, und das sorge für hocheffiziente und vor allem schnelle Abläufe.
Logging
Ein Erfolgsgarant für Fox Sports ist die umfassende Analyse der Spiele. Sie nutzt zum einen die Tracking- und Statistikdaten, die der externe Dienstleister Opta für das jeweilige Spiel liefert, also etwa Information zu Ballbesitz, Eckenverhältnis, Zweikämpfen, Laufstatistiken und vielem mehr. Diese Analysedaten werden direkt in IPDirector integriert und stehen somit für weitere Auswertungen innerhalb des Workflows von Fox Sport zur Verfügung. Zusätzlich sind bei Fox Sports sechs Logger im Einsatz, die ebenfalls Zuriff auf diese Daten haben und sie mit weiteren Informationen und Daten ergänzen. Pro Partie kommen auf diese Weise 200 bis 300 Einträge pro Logger zusammen, die dann für die Analyse zur Verfügung stehen.
Distributionskanäle
Fox Sports bedient eine Vielzahl an Kanälen: neben den diversen Sportprogrammen im Fernsehen gibt es natürlich auch einen Youtube-Kanal, einen Twitter-Account, eine Facebook-Seite, diverse Apps für Tablets, iPhones, XBox, Android-Telefone, eine Samsung-TV-App und natürlich auch eine Website. Mit Sidekick gibt es zudem eine ambitionierte Second-Screen-Applikation, die auf der EVS-Plattform C-Cast basiert.
Dabei wird Live-Content auf Smartphones und Tablets gestreamt und gleichzeitig hat der Endkunde dabei die Möglichkeit, selbst Zeitlupenwiederholungen aus verschiedenen Kamerapositionen abzurufen, jederzeit nochmal die Highlights zu sehen und zu wiederholen. Bis dato haben sich schon 30.000 Zuschauer für die Nutzung des Second-Screen-Angebots entscheiden, was bei rund 600.000 Abonnenten des TV-Kanals schon eine stattliche Zahl ist. Fox Sports hat hier offenbar einen Nerv getroffen, der ausbaufähig ist – nicht zuletzt dank des innovativen Workflows des Senders, der vieles überhaupt erst möglich machen.
Fazit
Ist das die Zukunft des Fußballs im TV-Bereich? Könnte sein: Fox Sports ist mit mehr als 600.000 Abonnenten der erfolgreichste Pay-TV-Kanal in den Niederlanden und begreift sich als »TV-Everywhere«-Produkt, das man im TV nutzen kann, mit Smart-TV-Apps, Online und mobil mit einem Tablet oder Smartphone — und auf all diesen Plattformen stehen Second-Screen-Informationen zur Verfügung. Außerdem betreibt Fox einen ergänzenden Free-to-Air-Kanal, auf dem mit Sportshows und Sportnews auf das Angebot von Fox Sports hingewiesen werden kann. Dieses Gesamtpaket greift vielleicht derzeit an der einen oder anderen Stelle noch etwas weit in die Zukunft, aber es könnte sich auch als optimale Position für die Fußballvermarktung im TV-Bereich erweisen.
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