»Entführung aus dem Serail« am Salzburger Airport
Im Sommer präsentierten die Salzburger Festspiele in Zusammenarbeit mit ServusTV die »Entführung aus dem Serail«: Mozarts Werk wurde aus dem 18. Jahrhundert in die heutige Zeit transferiert und in der Kulisse von Hangar-7 und Hangar-8 direkt am Salzburger Flughafen aufgeführt. Das Sennheiser-Drahtlossystem Digital 9000 übertrug die Stimmen von Stars wie Desirée Rancatore oder Tobias Moretti.
Oper als (TV-)Event
Im Hangar-7 waren rund 650 Gäste anwesend, die sich frei in der Szenerie bewegen konnten und damit Teil der Aufführung wurden. Damit die Anwesenden dem Geschehen folgen konnten, waren kompakte MP3-Player mit Radiofunktion ausgegeben worden; die Audiosignale wurden drahtlos in UKW-Qualität distribuiert. Die sporadisch geräuschvoll direkt nebenan auf dem Airport landenden Flugzeuge wurden als Elemente des Events verstanden. Das Bild mehrerer Außenkameras brachte den TV-Zuschauern das besondere Szenario nahe. Die »Flucht aus dem Serail« wurde in Salzburg gegen Ende der zweieinhalbstündigen Aufführung passend zum Setting mit einem Helikopter inszeniert. ServusTV strahlte die von 16 Kameras, zwei Steadicams und einer Seilkamera ins Bild gesetzte Veranstaltung terrestrisch sowie über Satellit aus. Ergänzend wurde das Geschehen live ins Internet gestreamt. Darüber hinaus wurden Public Screenings in Salzburg, Linz und Wien realisiert, und via Unitel Classica konnte das modern inszenierte Mozartwerk in 19 Ländern mitverfolgt werden.
Für den Ton war TVN Mobile Production als Kooperationspartner von Euro TV Production verantwortlich. Stephan Thyssen, der seit 1998 für TVN Mobile Production tätig ist und seit 2004 die Audioabteilung des leitet, sagt über die Produktion: »Man muss bedenken, dass viele Mitwirkende sowie die Künstler an die Arbeit in einem Opernhaus mitsamt dessen über Jahre gewachsener Infrastruktur gewöhnt sind — wir versuchen, sämtlichen Anforderungen auch unter den besonderen Gegebenheiten im Hangar bestmöglich gerecht zu werden.« TVN Mobile Production war auf dem Gelände nahe des Flugfeldes mit einem OB-Van und einem Rüstwagen präsent.
Der Ton wurde getrennt vom Ü-Wagen in einem eigens eingerichteten Toncontainer gemischt, in dem Tonmeister Georg Burdicek (Tonzauber, Wien) am digitalen Mischpult arbeitete und den Ton über Neumann-Lautsprecher des Typs KH 310 A abhörte. In der Tonregie des Ü-Wagens griff TVN-Mitarbeiterin Ellen Heinze die aus dem Toncontainer gelieferten Surround-Signale auf, ergänzte sie um die Moderation sowie Signale von Atmo-Mikrofonen und generierte so unterschiedliche Feeds für den Sendeton.
Video der TV-Übertragung
Mikrofonierung und IEM
Die Aufführung fand unter technisch herausfordernden Bedingungen an verschiedenen Orten auf einer Gesamtfläche von 13.700 qm statt. Die Camerata Salzburg spielte unter Leitung von Dirigent Hans Graf live im Hangar-8, während die Sänger größtenteils im gegenüberliegenden Hangar-7 agierten. Orchester und Vokalisten waren so weit voneinander entfernt, dass sie sich weder direkt sehen noch hören konnten.
Die zum Flugfeld weisenden Hallentore wurden während der Aufführung nicht ganz geschlossen. Der Wind bereitete laut Georg Burdicek keine Probleme, und auch die durch die avantgardistische Architektur bedingten Reflexionen konnte der erfahrene Tonmeister durch eine geschickte Mikrofonauswahl und -positionierung weitgehend von den Nutzsignalen fernhalten. Sämtliche als Stützmikrofone innerhalb des Orchesters platzierten Sennheiser Nierenkapseln (MKH 8040, an signalführenden Spezialauslegern) waren mit einem zweilagigen Windschutz MZW 8000 überzogen. »Dieser Windschutz arbeitet sehr effektiv«, urteilt Georg Burdicek, der als Hauptmikrofonierung einen Decca Tree gewählt hatte und die Surround-Mischung im 5.0-Format anlegte. Im Rig vor dem Orchester waren zwei Sennheiser MKH 800 als Raummikrofone montiert worden; ein Neumann TLM 170 R mit nierenförmiger Richtcharakteristik nahm die Trompete ab.
Der Dirigent und der Konzertmeister konnten dem Geschehen akustisch über In-Ear-Hörer folgen, die mittels eines Sennheiser IEM-Systems adressiert wurden. Den Sängern im rund 150 Meter entfernten Hangar-7 wurden ihre Einsätze durch die mit IEM-Hörern ausgerüsteten Hilfsdirigenten signalisiert – das aus der digitalen Videoübertragung resultierende Delay hätte bei einer rein bildbasierten Vorgehensweise Probleme bezüglich des Timings bereitet. Selbstverständlich wurden die fünf Solisten sowie ein Schauspieler und zwei Nebendarsteller ebenfalls drahtlos über IEM-Systeme versorgt. Individuelle Monitormischungen lieferte ein in einem Seitenbereich des Hangars positioniertes Digitalpult.
»Die Funkfrequenzen sind derart eingerichtet, dass wir uns mit LTE nicht ins Gehege kommen«, berichtete Georg Burdicek in Salzburg. Stephan Thyssen ergänzte: »Da wir uns unmittelbar am Flughafen befinden, ist die Frequenznutzung stark reglementiert – in einem sehr engen Areal bringen wir für die Audioübertragung trotzdem knapp 40 Funkstrecken unter!« Besondere Aufmerksamkeit musste dem im UHF-Bereich stattfindenden Flugfunk gewidmet werden; im Hangar waren störende Oberwellen zu berücksichtigen. Es wurde mit Sendeleistungen von 50 oder 100 mW bzw. mit 1-Watt-Boostern gearbeitet. Als Antennen hatten die Techniker Ground-Plane-Modelle (Sennheiser GZA 1036 TV) gewählt, die sich im speziellen Umfeld von Hangar-7 als beste Option erwiesen.
Digital 9000
Ein Sennheiser Digital 9000 System war für die Solisten vorgesehen und erhielt Funksignale über im Hangar verteilte Antennen A 5000-CP, an die Antennenverstärker AB 9000 angeschlossen waren. Von den acht Einschüben des Mehrkanalempfängers EM 9046 waren sechs durchgängig im Einsatz, zwei Kanäle wurden als Spares bereitgehalten. Jeder Sänger war mit zwei Sendern und einem drahtlosen IEM-Empfänger ausgerüstet. Der Gesang der Solisten wurde parallel in einer praxisüblichen Doppelbestückung übertragen. In die Headsets waren Sennheiser MKE 1 eingearbeitet.
Zum direkten Vergleich zwischen analoger und digitaler Funkübertragung befragt, sagt Tonmeister Georg Burdicek: »Insbesondere bei der Abbildung der Dynamik gibt es deutliche Unterschiede. Opernsänger sind bekanntermaßen nicht ganz einfach zu übertragen, da ihr Repertoire sämtliche Nuancen von ganz leise bis ganz laut umfasst. Während kritischer Stellen hört man bei einer analogen Funkübertragung mitunter schon einmal das integrierte Kompander-System, was bei einer digital ausgelegten Übertragung vollständig entfällt.« Auch Stephan Thyssen zeigte sich in Salzburg vom exzellenten Sound der digitalen Übertragungstechnik begeistert: »Wenn wir mit TVN den nächsten Ü-Wagen bauen, werden wir ganz sicher auf eine digitale Audiosignalübertragung mit dem Digital 9000 System von Sennheiser setzen«.