KidsTV in Wien: Volle Kanne Kinderprogramm
Das Wiener TV-Produktionsunternehmen KidsTV stellt Serien, Shows und Edutainment-Programme für Kinder im Alter von drei bis zwölf Jahren her. Der größte Partner ist der ORF, für den KidsTV das gesamte Kinderprogramm produziert. Dabei arbeitet die Firma unter anderem mit dem Produktionssystem LiveCut von ToolsOnAir und konnte damit ihre Workflows verbessern und den Output an Sendeminuten deutlich effizienter gestalten. film-tv-video.de war vor Ort und hat mit Herstellungsleiter Peter Friebe gesprochen.
KidsTV produziert jährlich rund 5.000 Sendeminuten Kinderprogramm — und das mit rund 40 festen und freien Mitarbeitern. Das geht natürlich nur, wenn die Abläufe optimiert sind und sehr effizient produziert wird. Dazu braucht man Erfahrung und Innovationskraft: Der Firmengründer Thomas C. Brezina ist seit mehr als zwanzig Jahren als Produzent im Bereich Kinderfernsehen tätig, seit 2005 mit der eigenen Produktionsfirma KidsTV, die stets auf innovative, moderne Produktionsmethoden setzt, die effizientes Produzieren erlauben.
Für den ORF entwickelte KidsTV vor rund fünf Jahren einen Relaunch des gesamten Kinderprogramms: Dieser Schritt umfasste sowohl die inhaltliche Gestaltung, als auch die tatsächliche Produktion der Formate und Programme. Damals übernahm KidsTV die komplette Produktion des ORF-Kinderprogramms. KidsTV produziert für den ORF unter der Dachmarke »Okidoki« eine Vielzahl unterschiedlichster Serien und Formate, darunter Realfilmproduktionen, Zeichen- und Puppentrickfilme.
Thomas C. Brezina über den Schritt, die Produktion des Kinderprogramms für den ORF komplett zu übernehmen: »Ein neues Kinderprogramm für den ORF zu entwickeln, gehörte zu den größten Herausforderungen in meinem bisherigen Leben. Unser Ziel war es, Kinder aller Altersgruppen mit österreichischen Programmen zu begeistern. Mein Resümee: Wir haben mehr als zehn neue Sendungen geschaffen und das größte Kompliment ist die hohe Akzeptanz und die Freude des Publikums.«
KIDSTV — HINTERGRUND Im Jahr 2005 gegründet, ist KidsTV mit mehr als 40 festen und freien Mitarbeitern und einem Output von rund 5.000 Minuten eigenproduziertem Programm jährlich, mittlerweile eine der größten Produktionsfirmen für Kinderfernsehen im deutschsprachigen Raum. Gründer und Spiritus Rector des Unternehmens ist der Autor und Moderator Thomas C. Brezina. Brezina ist Autor von über 550 Büchern für Kinder und Jugendliche, die in über 35 Sprachen übersetzt wurden. Über 40 Millionen weltweit verkaufte Bücher machen ihn zu einem der erfolgreichsten deutschsprachigen Kinder- und Jugendbuchautoren. Neben etlichen weiteren Aktivitäten war Thomas C. Brezina als Autor, Produzent oder Moderator an der Entstehung von mehr als 40 TV-Formaten beteiligt. Mit ihrer ersten eigenen Produktion, der Realserie »Tom Turbo«, basierend auf der erfolgreichen gleichnamigen Kinderbuchreihe von Thomas C. Brezina, landete KidsTV in Deutschland und Österreich einen großen Hit. In der Firma KidsTV sind die Aktivitäten von Thomas C. Brezina zusammengefasst, die den TV-Bereich betreffen. Das Buchgeschäft ist im Unternehmen Story & Co organisiert. Ein weiteres Unternehmen, die Familiy Pictures Film GmbH, produziert Spielfilme, die ebenfalls auf den Büchern und Ideen von Thomas Brezina basieren. Gegenwärtig entsteht hier der neue Kinofilm »Tom Turbo – Von 0 auf 111«, der zu Weihnachten 2013 in die österreichischen Kinos kommt. |
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Grundlegende Technik
KidsTV arbeitet intern bandlos und vorzugsweise in HD. In der Produktion werden unterschiedliche Kamerasysteme eingesetzt, von der DSLR bis zur vollwertigen Studiokamera. In der Postproduktion stehen bis zu fünf Schnittplätze mit Software von Apple und Avid zur Verfügung, die via Fibre-Channel auf ein zentrales Speichersystem zugreifen. »Wir arbeiten seit rund drei Jahren tapeless, dabei setzen wir vor allem auf Raid-Speichersysteme von Rorke, die über Fibre-Channel angebunden sind«, berichtet Herstellungsleiter Peter Friebe. Im Postproduktionsbereich arbeitet KidsTV schwerpunktmäßig mit Macs.
Eigenproduziertes und angeliefertes Material wird auf dem Raid im ProRes-Codec gespeichert, der momentan noch als firmenweites Standardformat dient. Zukünftig wird es eine Umstellung auf Avid-Schnittsysteme geben. Bei der Auslieferung der fertigen Programme nutzt die Produktionsfirma Digi Beta oder XDCAM HD, je nach produziertem Standard.
Eine wichtige Rolle in der Tonbearbeitung spielt die Einhaltung der Loudness-Norm. Das wird realisiert durch den Einsatz entsprechender Hardware von RTW während des Schnittes sowie durch die Nutzung eines Software-Tools, das die abgemischten Sendespuren vor Auslieferungen entsprechend den Vorgaben des ORF standardisiert.
Effiziente Workflows
Bei der Masse an Sendungen, die KidsTV produziert, müssen natürlich die Abläufe in der Produktion straff organisiert und gut durchgeplant sein. Bis die Workflows so weit optimiert waren, wie das heute der Fall ist, experimentierte das Team mit vielen unterschiedlichen, technischen Möglichkeiten, sowohl kameraseitig, wie auch in anderen Aspekten der Produktion: »Wir haben unter anderem die EOS-5D (Infos) getestet, aber auch bis vor kurzem Digi-Beta-Kameras eingesetzt und natürlich diverse HD-Kamerasysteme«, erläutert Herstellungsleiter Peter Friebe.
Dabei galt es, viele Rahmenbedingungen zu berücksichtigen: »Die rund 5.000 Sendeminuten, die wir jährlich produzieren, sind schon von der reinen Länge her eine recht stattliche Bilanz. Aber wenn man die unterschiedliche Art und Weise der Produktionen in Betracht zieht, stellt sich das Ganze nochmal in einem ganz anderen Licht dar: Die Palette reicht von der Produktion reiner Trickfilme über Puppenformate bis zu Realfilmproduktionen«, so Friebe.
»Besonders bei den Studioformaten haben wir lange getüftelt, um eine Produktionsmethode zu finden, die möglichst nicht in einer großen, unübersichtlichen Materialschlacht enden sollte«, beschreibt der Herstellungsleiter die Grundidee der Studio-Produktionsweise bei KidsTV. Dabei ging es natürlich sowohl darum, den personellen Aufwand in Grenzen zu halten, als auch frühzeitig vom Bandbetrieb und allen damit verbundenen umfangreichen und teilweise sehr umständlichen und zeitaufwändigen Bearbeitungsschritten weg zu kommen.
»Vor drei Jahren haben wir erstmals das LiveCut-System von ToolsOnAir bei der Produktion des Formates ‚Trickfabrik‘, einer Koproduktion mit ORF und ZDF, eingesetzt. Dabei haben wir festgestellt, dass wir uns bei den produzierten Sendeminuten von ungefähr 10 Minuten täglich auf über 20 Minuten steigern konnten«, erinnert sich Friebe. »Also haben wir diese Arbeitsweise auch bei anderen Produktionen versucht umzusetzen, um einen Workflow zu schaffen, mit dem wir pro Tag einen möglichst hohen Output erreichen konnten. Der Sicherheitsaspekt bei einer dauerhaften Aufzeichnungsmöglichkeit auf ein Medium, das quasi störungsfrei zur Verfügung steht, war ebenso wichtig, wie die Umgehung ständiger Kopierprozesse, wie sie bei Band und Einzelkameraarbeit notwendig wird.«
Gemeinsam mit dem TV-Produktionsunternehmen OBF entwickelte KidsTV einen optimierten Workflow, der auf dem Einsatz eines Ü-Wagens und dem LiveCut-System von ToolsOnAir basiert.
Beides wurde etwa bei der Produktion der letzten Staffeln von »Servus Kasperl« und »Piratenfunk Franz Ferdinand« eingesetzt und wird seither weiter perfektioniert: »Wir zeichnen die Kasperl-Sendung live mit vier Ikegami-Studiokameras auf und spielen die Streams aus dem Ü-Wagen als Multiclip-Sequenzen in LiveCut ein. Wie bei einer Mehrkamera-Live-Produktion üblich, wird am Mischer geschnitten und auf dieser Basis erzeugen wir in LiveCut eine Schnittliste. Wir zeichnen die Signale aller vier Kameras auf und können dann auf der Basis der live erzeugten Edit-Liste anschließend die Postproduktion viel schneller erledigen«, erklärt Peter Friebe den Workflow.
Welche wichtigen Vorteile sieht KidsTV in dieser Art der Produktion? »Man sieht sofort, was man aufgezeichnet hat. Die Sendung ‚Servus Kasperl‘ wird mit Publikum gedreht, ist in der Aufzeichnung nicht wirklich wiederholbar. Für die Postproduktion der Live-Mitschnitte müssen wir nun lediglich noch einen weiteren Tag ansetzen, um einzelne Umschnitte zu säubern, die Sendungslänge zu konfektionieren und die einzelnen Akte zusammenzufügen. ‚Kasperl‘ ist also nach einem Tag Postproduktion tatsächlich fertig und KidsTV konnte so den Output bei dieser Sendung deutlich steigern.«
Zeitgewinn dank LiveCut
Peter Friebe verdeutlicht: »Normalerweise kommen wir im Studio auf eine Ausbeute von zehn bis zwölf Sendeminuten pro Tag. Wenn wir aber das LiveCut-System einsetzen, bringen wir es auf 20 bis 25 Minuten. Beim ‚Kasperl‘ schaffen wir es nun beispielsweise, zwei Sendungen pro Tag aufzuzeichnen, was einer realen Sendezeit von 50 Minuten entspricht, die wir dann auch in der Postproduktion sehr viel schneller fertigstellen können«, erklärt Peter Friebe.
Bei der Live-Produktion im Studio hat sich der Einsatz von LiveCut für KidsTV schon vielfach bewährt. »Es gibt aber auch Produktionen, bei denen wir mit LiveCut nicht arbeiten können. Bei der Sendung ‚Hallo okidoki‘ etwa sind VJs im Außeneinsatz unterwegs. Das Magazin wird dezentral geschnitten und vor Ausstrahlung am Edit montiert. Bei dieser Arbeitsweise brächte der Einsatz von LiveCut keine Geschwindigkeitsvorteile«, erläutert der Herstellungsleiter.
Als wichtigsten Vorteil der LiveCut-Lösung macht Friebe den zentralisierten Ingest aus: Man kann damit letztlich innerhalb seiner Produktionsumgebung alles für die gewünschte Produktion vordefinieren und vorkonfigurieren. Dann kann bei Drehbeginn einfach per Knopfdruck Bild und Ton inklusive aller Metadaten aufgezeichnet werden.
Mobile Lösung
KidsTV hat sein LiveCut-System in ein mobiles Gehäuse eingebaut, sodass es sich sehr flexibel nutzen lässt. »Wir können das System auch bei Außendrehs mit Ü-Wagen einsetzen und das Material auf unsere Raids überspielen, so dass man es abends nach der Aufzeichnung sofort auf unser Rorke-Raid in der Firma kopieren und bearbeiten kann«, erläutert Peter Friebe.
Das Galaxy-Aurora-Raid, das KidsTV einsetzt, bringt es mittlerweile auf eine Speicherkapazität von stattlichen 120 TB.
Vorteile für den Regisseur
Bringt der Schnitt mit LiveCut auch Vorteile für den Regisseur? Peter Friebe sieht hier durchaus Potenzial, weil es nun eben möglich sei, das Endergebnis einer Produktion gleich im gesamten Kontext sehen zu können. »Natürlich brauchen die Regisseure auch Zeit, bis sie diese Möglichkeiten voll ausschöpfen können, das ist ein sukzessiver Prozess«, urteilt er.
Hinzu kommt, dass es auch immer auf die Art der Produktion ankomme, inwieweit sich die Vorteile nutzen lassen. »Bei einer Live-Sendung ist relativ klar, wie geschnitten wird«, erklärt Peter Friebe, »aber bei einer Kindersendung brauchen wir einen bestimmten Schnittrhythmus, der von der jeweiligen Zielgruppe abhängt, denn die Sendung soll ja weder langweilen noch überfordern.«
Aus diesem Grund ist KidsTV bei solchen Produktionen dazu übergegangen, dass der gestaltende Cutter auch den Live-Bildschnitt realisiert. »Darin sehen wir große Vorteile«, sagt Peter Friebe. Er hebt weiter die besondere Zuverlässigkeit des Systems hervor.
Verkürzte Postproduktion
Die Postproduktionszeiten konnte KidsTV durch den Einsatz von LiveCut deutlich reduzieren: Alles, was tagsüber aufgezeichnet wird, lädt die Schnitt-Assistenz abends schon auf die Raids.
Bei »Servus Kasperl« reicht dann für die Postproduktion ein Tag, bei »Franz Ferdinand« dauert es etwas länger. »Da ist der Rohschnitt zwar auch am Tag nach der Aufzeichnung fertig, doch dann wird viel Zeit für die Grafik und Audiobearbeitung verwendet. Im Unterschied dazu werden die Geräusche und Effekte bei ‚Servus Kasperl‘ schon live im Studio vom Komponisten Freddy Gigele realisiert. Dabei haben wir vier Kameras und 16 Tonspuren auf das System zeitgleich aufgezeichnet«, berichtet Friebe.
30 Folgen »Servus Kasperl« an 15 Drehtagen aufzunehmen und dann jeweils noch einen Tag pro Folge in der Postproduktion, so wie es bei KidsTV umgesetzt wird: Das ist ein Effizienzgrad, der kaum noch zu toppen sein dürfte.
Partner
Auch mit weiteren externen Firmen arbeitet KidsTV zusammen, etwa im Tonbereich mit der Wiener Firma Blautöne, die Synchronarbeiten und Soundeffekte realisiert, oder im Character-Design mit der Londoner Grafikschmiede Absolutely Cuckoo, wenn es etwa um die Entwicklungen von Figuren und Dekorationen geht, wie bei »Servus Kasperl« oder dem »ABC Bär«.
Weitere Pläne
»Der Kasper und seine Freunde haben ihre eigene Welt und in dieser Welt werden sie von LiveCut sehr gut bedient. Bei alle Projekten testen wir im Vorfeld die sich ständig weiterentwickelnden Technologien von der Kamera bis in den Postproduktionsbereich, um unsere Mittel so effektiv wie möglich einsetzen zu können.«, resümiert Peter Friebe.
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