Branche, Report, Top-Story: 24.01.2012

Sportschau im Web: Berichterstattung mit dem iPhone

Der MDR hat bei der Berichterstattung von der Hockey-EM Netzreporter mit iPhones eingesetzt, um auf der Online-Präsenz »Sportschau.de« möglichst aktuell mit Bewegtbildern berichten zu können.

Dass ein öffentlich-rechtlicher Sender das iPhone für die Bildberichterstattung einsetzt, das sorgte im Netz für erregte Kommentare. Aus Sicht des MDR unverständlich, denn es ging ja schließlich nicht um einen TV-Beitrag, sondern um Internet-Berichterstattung für die Online-Präsenz der »Sportschau«. Und für den MDR war der Einsatz des Netzreporters mit dem iPhone auch gar keine Premiere, denn der Sender experimentiert schon länger mit neuen Formen der Berichterstattung und hatte auch schon bei der Bambi-Preisverleihung iPhones eingesetzt, um damit kurze Interview-Beiträge fürs Internet zu produzieren. Ziel dieser Aktivitäten war und ist es, möglichst schnell aktuelle Inhalte online zu stellen.

Das halten offenbar viele in der Branche für illegitim: Bei Facebook löste die Nachricht einen Sturm der Entrüstung aus: Etliche Nutzer beklagten sich in ihren Posts sinngemäß darüber, wie denn ein öffentlich-rechtlicher Sender auf diese Art produzieren und damit dem Verfall der Branche und der Qualitätserosion weiteren Vorschub leisten könne. film-tv-video.de hat beim MDR nach den Hintergründen gefragt.

Christoph Rieth, Redakteur beim MDR, erläutert, dass man sich letztlich um eine Form der Berichterstattung bemüht habe, die möglichst schnell und unkompliziert funktioniert und schnell Beiträge liefert, die unmittelbar online gehen können. Bei der Hockey-EM entstanden auf diese Weise viele Kurzinterviews mit Spielern, die ohne aufwändige Bearbeitung online gingen. Die Netzreporter schnitten ihre Interviews mit der iMovie-App direkt im iPhone und luden das bearbeitete Material via Dropbox auf einen Server hoch. Dort wurde es von MDR-Mitarbeitern abgeholt, ins hauseigene CMS eingespielt und auf diesem Weg dann sehr schnell online gestellt. Interviews, die etwas mehr Bearbeitung erforderten, schnitt das Team mit Final Cut.

Christoph Rieth glaubt, dass dank dieses Workflows zum einen eine schnelle, aber auch eine insgesamt umfangreichere Berichterstattung von diesem Sport-Event möglich war. Interessanter Nebeneffekt: Dank des Einsatzes von Flashmics lagen die Interviews auch in einer Tonqualität vor, die im Hörfunk weiterverwendet werden konnte.

Georg Maas, Hauptabteilungsleiter Neue Medien beim MDR, äußerte sich in einem kurzen Interview zu diesem Thema — und auch dazu, welche Rolle diese Art der Produktion künftig spielen soll.

Kurzinterview

Wo wird das per iPhone erstellte Material veröffentlicht?

Maas: Mit dem iPhone waren bei der Hallenhockey-EM zwei ARD-Netzreporter am Spielfeldrand unterwegs und haben Interviews, Kommentare und Hintergrundberichte erstellt. Veröffentlicht wurde das Material in einem Sportschau-Special in der ARD-Mediathek.

Ist die Verwendung von iPhones oder Smartphones im Allgemeinen die Zukunft, wenn es schnell gehen muss?

Maas: Das wird immer vom konkreten Einzelfall abhängen. Wenn es darum geht, wie bei der Hockey-EM in Leipzig oder auch schon beim Bambi, kurze Clips schnell und mit geringem Aufwand für Zielgruppen verfügbar zu machen, die vornehmlich Facebook, Twitter & Co. nutzen, werden Smartphones auch künftig ein geeignetes Mittel sein.

Wenn das Neujahrskonzert der Berliner Philharmoniker im Ersten in HD-Qualität übertragen wird, muss selbstverständlich andere Technik genutzt werden. Im Gegensatz dazu haben wir bei der Hockey-EM die Bitrate sogar heruntergeschraubt, um schnell zu sein.

Wie funktioniert es im Einzelnen, vom Interview bis zum fertigen Beitrag?

Maas: Aufgezeichnet wird auf dem iPhone und dann gibt es zwei Wege: Entweder wird auch auf dem iPhone geschnitten und dann per Dropbox überspielt oder es wird auf dem Rechner geschnitten und dann per FTP überspielt. Anschließend wird das Material wie bei der Hockey-EM auf Sportschau.de veröffentlicht — oder wie bei der Bambi-Verleihung im YouTube-Channel der ARD. Als Mikrofon haben wir ein sogenanntes Flashmic benutzt. Das hat einerseits das iPhone gespeist und zusätzlich auf seinem eigenen Speicher die O-Töne für den Hörfunk aufgezeichnet.

Auch beim Bambi wurde schon so gearbeitet. Werden wir uns an diesen Anblick gewöhnen müssen oder handelt es sich nur um Experimente?

Maas: Ich würde Ihre Frage gern umdrehen: Ist es nicht gut, sich daran zu gewöhnen, wenn den Nutzerinnen und Nutzern auf diesem Wege viel mehr Inhalte zur Verfügung gestellt werden können, als es sonst möglich wäre? Darauf würde ich mit »Ja« antworten.

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