Broadcast, Top-Story: 10.02.2010

Winterspiele in Vancouver: Produktions-Grundlagen — Olympia-Blog 1

ARD und ZDF starten mit der Übertragung der olympischen Spiele aus Vancouver den HD-Regelbetrieb: Ein fulminanter Auftakt, denn es sollen rund 320 Stunden Fernsehprogramm aus Vancouver in HD gesendet werden, die dort auch in HD produziert wurden — darunter viele Live-Übertragungen. film-tv-video.de steht im Kontakt mit TV-Mitarbeitern vor Ort und wird während der Spiele über die technischen Hintergründe berichten. Dieser erste Beitrag fasst einige Grundlagen zusammen.

Premiere bei der HD-Berichterstattung über ein großes Sport-Event feierten ARD und ZDF schon während der Leichtathletik-WM in Berlin (Bericht): Dort wurden die Workflows und Arbeitsweisen etabliert und optimiert, die nun auch in Kanada genutzt und fortgeführt werden. Zum Kickoff des HDTV-Regelbetriebs bei den öffentlich-rechtlichen Sendern kommt aber gegenüber Berlin noch ein weiterer Aspekt hinzu: In Vancouver wird der Ton in Dolby 5.1 produziert.

Zusammenarbeit ARD und ZDF

ARD und ZDF arbeiten bei der Produktion der olympischen Spiele in Vancouver zusammen, wobei der MDR die Federführung der Olympia-Produktion für die öffentlich-rechtlichen Sender aus Deutschland übernommen hat. Der MDR ist neben der TV-Produktion auch für die Hörfunk- und die Online-Berichterstattung der ARD zuständig.

Für die Produktion der Spiele greifen die Sender auf die gemeinsam von ARD und ZDF vorgehaltene mobile Produktionseinheit (MPE) zu, die umfangreiches Equipment umfasst, das auch bei anderen Großereignissen eingesetzt wird.

Zusätzliches Equipment von Wellen+Nöthen und lokalen Dienstleistern

Für eine komplexe Produktion mit dem Umfang der olympischen Winterspiele reicht das Equipment aus dem MPE nach heutigen Maßstäben aber gar nicht aus. Deshalb mieten ARD und ZDF während des Großereignisses weiteres Equipment zu. Wichtiger Partner hierfür ist das Kölner Vertriebs- und Systemhaus Wellen+Nöthen, das in den vergangenen Monaten HD-Produktions- und Sendetechnik zusammengestellt, vorkonfiguriert und getestet hat. Dieses Equipment wurde dann nach Kanada transportiert und macht nun dort einen großen Teil des Produktionsequipments von ARD und ZDF aus (mehr dazu in einem separaten Bericht in den kommenden Tagen).

Weiter wurden vor Ort in Kanada noch drei Übertragungswagen, drei mobile Regien und elf weitere Schnittplätze für die verschiedenen Wettkampfstätten bei lokalen Anbietern aus Nordamerika angemietet.

IBC und MBC

Das International Broadcasting Center (IBC) befindet sich in Vancouver. Dort sind alle Sender untergebracht, die vor Ort von den olympischen Spielen berichten. ARD und ZDF haben im IBC in Vancouver eine gemeinsame Programm- und Produktionszentrale, die technische Schaltzentrale und ein Sendestudio eingerichtet. Diese Einrichtungen werden im täglichen Wechsel von ARD und ZDF genutzt.

Über den Hauptschaltraum empfangen ARD und ZDF täglich bis zu 22 Signale vom Olympic Broadcasting Service Vancouver (OBSV), der das Weltbild produziert — also als Host-Broadcaster fungiert. Zusätzlich produzieren ARD und ZDF auch noch mit exklusiv von den deutschen Sendern genutzten Kameras Signale von den Wettkampfstätten. So sollen neben der allgemeinen Berichterstattung auch Bilder entstehen, die speziell für die deutschen Zuschauer von besonderem Interesse sind.

Viele der Wettkämpfe finden in der Region um die Kleinstadt Whistler statt, die rund 120 km von Vancouver entfernt liegt. Hier fallen an den Hängen des Whistler Mountain und des Blackcomb Peak die Entscheidungen in den alpinen Skidisziplinen. Auch die nordischen Skiwettbewerbe und alles was im Eiskanal stattfindet, wird in der Region um Whistler ausgetragen. Deshalb befindet sich dort ein zweites Olympisches Dorf und auch ein zweites TV-Zentrum, das Mountain Broadcasting Center (MBC). Daran angegliedert betreiben ARD und ZDF ein Glasstudio mit Blick auf die Bergwelt und natürlich auch die zugehörige Technik, etwa einen Schaltraum von dem aus die beiden Sender alle Signale von den Wettkampfstätten rund um Whistler koordinieren. Zwischen den einzelnen Wettkampfstätten in der Region um Whistler gilt es ebenfalls noch einige Entfernungen zu überwinden. Außerdem übertragen ARD und ZDF auch in Eigenregie aus dem Deutschen Haus in Whistler Mountain: Insgesamt wurden dafür etwa 25 km Glasfaserkabel verlegt.

Workflows im IBC

Bei der Produktion der olympischen Spiele orientieren sich ARD und ZDF am Workflow, der in seinen Grundzügen erstmals bei den Olympischen Spielen in Peking umgesetzt und später bei der Leichtathletik-WM in Berlin erweitert, verfeinert und erfolgreich etabliert haben. Der gesamte Arbeitsprozess erfolgt dabei bandlos. Das komplette Material, das der Host-Broadcaster OBSV und die eigenen Teams anliefern, wird weitgehend parallel mit Avid-Isis-Speichersystemen und mit EVS-Servern gespeichert, so dass von den 14 Schnittplätzen im IBC direkt auf das Material zugegriffen und damit gearbeitet werden kann. An die Schnittspeicher sind außerdem zwei Audiomix- Räume und ein gemeinsamer Grafikkomplex angeschlossen.

Wie bei den vergangenen Olympischen Spielen, steht auch im IBC in Vancouver eine komplett eigenständige Produktions- und Sendeinsel zur Verfügung, die es ermöglicht, dass auf den beiden Digitalkanälen Eins Festival und ZDF Infokanal täglich zusätzlich bis zu 18 Stunden aus Vancouver gesendet werden können.

Programm

ARD und ZDF werden also von den olympischen Spielen täglich bis zu 18 Stunden lang auf verschiedenen Kanälen senden, wobei Live-Produktionen den Schwerpunkt des Programms ausmachen sollen. Insgesamt planen die beiden öffentlich-rechtlichen Sender die Übertragung von rund 320 Stunden Programm von den olympischen Winterspielen 2010. Die ARD wird den Tag in Kanada auf jeweils drei Sendeblöcke verteilen: ab etwa 18:00 Uhr soll aus dem Glasstudio in Whistler übertragen werden, ab 1.00 Uhr nachts dann live aus Vancouver. Morgens zwischen 9.00 und 12.00 Uhr stehen dann Zusammenfassungen auf dem Programm. Auch beim ZDF wird man zwischen 18.00 Uhr abends und 9.00 Uhr morgens den Schwerpunkt auf die Live-Berichterstattung legen und zwischen 10.00 Uhr und 13.00 Zusammenfassungen und Analysen liefern.

HD-Ausstrahlung

ARD und ZDF strahlen ihre HD-Programme im Simulcast-Betrieb aus, also parallel zu den bekannten, bisherigen Verteilwegen. HDTV wird über Satellit (Astra 19,2° Ost) und über einige Kabelnetze verbreitet.

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