Report, Top-Story: 29.04.2004

Digital Color Timing

Das Postproduktionshaus EFilm ist die erste Adresse Hollywoods, wenn es um die Themen Digital Intermediate und Color Timing geht. www. film-tv-video.de hat die Facility besucht.

Ein einfaches Warehouse-Gebäude in einer etwas seltsamen, unspektakulären Ecke Hollywoods – und hier soll ein Postproduktionshaus der ersten Liga sitzen? So lautet in etwa die Frage, die sich wohl die meisten Besucher und Kunden stellen, wenn sie zum ersten Mal vor dem unscheinbaren EFilm-Gebäude in der Las Palmas Avenue stehen. Doch spätestens, wenn man die Tür öffnet und in die schlichten, aber geschmackvoll gestalteten Räume blickt, wird klar: Understatement ist hier Programm. EFilm überzeugt nicht mit protzigem Agentur-Blendwerk, sondern mit neuester Technik, Top-Operatoren und einer eindrucksvollen Referenzliste.

Allein im vergangenen Jahr hat EFilm mehr als 36 Spielfilme in kompletter Länge digital lichtbestimmt und farbkorrigiert. In der Referenzliste finden sich Blockbuster wie »Master and Commander«, »Spiderman« und »Van Helsing« ebenso, wie ambitionierte und aus der Hollywood-Perspektive »kleinere« Spielfilmprojekte wie etwa »Frida«.

Die Beispiele belegen: Über das Experimentier-Stadium mit der neuen Technologie ist EFilm schon längst hinaus, Digital Intermediate ist hier tägliche Realität. Mehr noch: EFilm beschreitet schon die nächste Stufe dieser Entwicklung. Dazu Bob Eicholz, Vice President Corporate Development bei EFilm: »DI geht bei uns in die zweite Generation, allein derzeit haben wir sieben DI-Projekte in Bearbeitung. Außerdem ist bei uns das nächste Projekt in der Pipeline, bei dem wir den DI-Prozess durchgängig in 4K realisieren werden.«

DI-TECHNIK BEI EFILM
Filme, die bei EFilm den DI-Prozess durchlaufen, werden zunächst mit Imagica-Scannern abgetastet. In der Regel wird dabei das geschnittene Negativ bei EFilm angeliefert und dann digitalisiert. »Üblicherweise scannen wir in 4K«, berichtet CEO Joe Matza, »und rechnen die Files per Down-Res auf 2K-Auflösung herunter. Damit erhalten wir qualitativ sehr hochwertige 2K-Bilder, die aber lange nicht so viel Speicherkapazität und Bandbreite benötigen wie 4K-Material.«

In der nächsten Stufe des DI-Prozesses bearbeitet EFilm den Film dann mit seinem eigenentwickelten Color-Grading-System. Die Software-Basis des Systems stammt vom ungarischen Software-Hersteller Colorfront. Dazu Bob Eicholz: »Unser Color-Grading-System läuft auf der SGI-Irix-Plattform und ähnelt von der Funktionalität her Lustre, was ja ebenfalls auf einer Colorfront-Entwicklung basiert. Unser System ist aber aufgrund der SGI-Irix-Plattform deutlich leistungsfähiger – im Prinzip ein „Lustre on steroids“.«

EFilm hat vier Suiten, die mit dem System ausgerüstet sind. Entscheidend für den Erfolg des proprietären Systems ist aus EFilm-Sicht die permanent fortlaufende, enge Zusammenarbeit mit Colorfront. »Oft kommt es vor, dass wir uns mehrmals täglich mit den Colorfront-Entwicklern austauschen und an neuen Funktionen oder Verbesserungen arbeiten«, so Bob Eicholz, »und dank dieses engen Austauschs sind wir eben immer einen Schritt weiter als andere.«

Eine Demo in einer der Suiten bestätigt diese Aussage eindrucksvoll: Was die Coloristen bei EFilm selbst aus scheinbar hoffnungslosem Material noch auf die Leinwand zaubern, ist absolut überzeugend. Dabei geht die Arbeit mittlerweile weit über die reine Licht- und Farbbestimmung hinaus und reicht in Bereiche hinein, der bisher den VFX-Spezialisten vorbehalten waren. Etwa dann, wenn die Coloristen mit komplexen Masken und Layern mehr Tiefe und Plastizität aus dem Material kitzeln.

Etliche der Coloristen bei EFilm kommen auch gar nicht aus der klassischen Farbkorrektur, sondern haben zuvor mit Visual-Effects-Systemen gearbeitet, etwa an Inferno. Dazu Bob Eicholz: »Im Prinzip gab es den Job, den unsere Leute hier machen, vor zwei oder drei Jahren noch gar nicht. Aber die neuen Technologien eröffnen eben auch neue Möglichkeiten, die wir bei EFilm konsequent nutzen – und das unterscheidet uns vielleicht am stärksten von anderen.« Für die Bildbeurteilung ist jede der vier Suiten bei EFilm mit einem digitalen 2K-Projektor und zudem auch mit einem klassischen Filmprojektor ausgerüstet. Nur so lässt nach Ansicht von EFilm die Ausgabe für digitale wie auch klassische Filmauswertungen richtig beurteilen.

SPEICHER UND VERNETZUNG
EFilm setzt bei seinem DI-Prozess überwiegend auf SGI-Technik und hat mehrere Onyx-Systeme mit High-Definition Graphics-to-Video-Optionen sowie mehrere Origin-Server, wie auch TP9400-Speichersysteme im Einsatz, die mit den Color-Timing-Suiten verbunden sind. Die installierte Hard- und Software-Architektur erlaubt die parallele Echtzeitwiedergabe von 2K-Material in allen vier Suiten gleichzeitig. Dank CXFS, dem Shared-File-System von SGI, können mehrere Applikationen gleichzeitig auf das Material auf dem SAN-Speicher zugreifen und damit arbeiten, was die Abläufe bei EFilm vereinfacht und flexibler gemacht hat. Joe Matza erläutert: »Wir müssen innerhalb kürzester Zeit unglaubliche Datenmengen bewegen, um unsere Kunden zufrieden zu stellen. Dazu brauchen wir leistungsfähige Hardware von SGI, die in Kombination mit unserer proprietären ELab-Soft- und Hardware diese Anforderungen erfüllen kann. Bei uns ging es nicht darum, ein einzige Suite zu bauen, sondern darum, mehrere Systeme zu kombinieren, die an unterschiedlichen Projekten arbeiten, bei denen viele Prozesse parallel ablaufen. SGI hat diese Anforderungen erfüllt.« Dass es dabei viele Herausforderungen zu überwinden galt, versteht sich von selbst. Matza sagt: »Wenn uns SGI nicht unterstützen und gemeinsam mit uns daran arbeiten würde, die Technik zu optimieren, würden wir garantiert nicht mit ihnen zusammen arbeiten. Bei den Projekten, die wir abwickeln, können wir uns schlichtweg keine Ausfälle erlauben, deshalb brauchen wir leistungsfähige Partner.«

AUSBELICHTEN UND ARCHIVIEREN
Am Ende der Bearbeitung steht die Ausbelichtung des digitalen Materials auf Film. Als Post-und Transfer-Facility ist EFilm hierfür gut eingerichtet. Allein schon die Menge an Geräten, die EFilm dafür einsetzt, ist überraschend: Elf Laser-Filmrecorder von Arri teilen sich bei EFilm einen unscheinbaren Raum und belichten digitale Bilddaten auf 35-mm-Film. Bei 2K-Material benötigt der Arrilaser pro Bild weniger als 2 Sekunden. Bob Eicholz betont, dass bei der Ausbelichtung auch die enge Zusammenarbeit mit dem Kopierwerk wichtig ist: »Nur dann sieht das ausbelichtete Material auch so aus, wie man es möchte.«

Als großes und wichtiges Thema im Zusammenhang mit dem Digital-Intermediate-Prozess hebt Joe Matza von EFilm die Archivierung des Materials am Ende der Bearbeitung hervor. EFilm setzt auf die digitale Archivierung. »Mittlerweile ist das angemessen und vernünftig«, erläutert Bob Eicholz, schränkt aber ein, dass man bei digitaler Archivierung immer mindestens zwei Kopien haben müsse und sich nicht nur auf eine verlassen könne. Joe Matza betont zudem, dass man digitales Archivmaterial letztlich auch immer wieder kontrollieren müsse, um die Sicherheit zu haben, dass man im Bedarfsfall tatsächlich darauf zugreifen könne. Den Vorteil bei der Speicherung auf Disk sieht er darin, dass sich hier die Technologie enorm schnell weiter entwickle und daher die Zeit für dieses Medium spiele – sowohl bei der Leistungsfähigkeit wie auch beim Preis.

DI IN DER NAHEN ZUKUNFT
Im Durchschnitt arbeitet EFilm rund zwei Wochen im Digital-Intermediate-Prozess an einem Spielfilm. »Aus meiner Sicht werden in absehbarer Zeit die meisten Filme digital lichtbestimmt werden«, prophezeit Bob Eicholz und ergänzt: »Natürlich wird es dabei Filme geben, bei denen Farbe ein wichtiges Thema ist und bei denen der DI-Prozess daher länger dauert. »Frida«, der Film über die mexikanische Malerin Frida Kahlo, ist ein gutes Beispiel dafür, denn hier machen Farbe und Ausdruck letztlich den Film aus. Andere Filme werden hingegen mit deutlich kürzeren DI-Zeiten auskommen.«

Schon jetzt sieht Eicholz noch andere Faktoren, die den DI-Prozess gegenüber der konventionellen Arbeitsweise begünstigen: »Immer mehr Kameraleute drehen mittlerweile auch bei sub-optimalen Bedingungen, weil sie wissen, dass sich viele Probleme im DI-Prozess lösen lassen, wie etwa extrem unterschiedliche Lichtstimmungen oder partiell überbelichtete Motive einer Szene.«

Die Frage, ob 4K-Auflösung die nächste Stufe in der Entwicklung des Digital-Intermediate-Prozesses sei, beantwortet Bob Eicholz mit einem Ja – wenn auch eingeschränkt: »Es wird sicher einige Filme geben, bei denen DI künftig in 4K-Auflösung stattfindet, aber das wird nicht die Mehrheit sein, denn die technischen Anforderungen sind bei 4K enorm.«

Geht die Entwicklung bei EFilm allerdings so rasant weiter wie bisher, ist 4K vielleicht doch schneller ein Thema, also Bob Eicholz derzeit offen ausspricht. Denn die Weichen dafür hat das Unternehmen schon gestellt.

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