Solo-Drehs in der Impact Zone
Mit Filmkamera und Camcorder wagt sich Matthias Wendt in die Impact Zone auf Big Island Hawaii – dahin, wo glühende Lava in den Ozean fließt. Hier dreht er, hier macht er seine Science Stunts und formt Skulpturen aus flüssiger Lava. Im Gespräch mit www.film-tv-video.de erzählt der »Lava-Man« von seinen faszinierenden Projekten. Der volle Wortlaut des Interviews steht als PDF-File mit weiteren Bildern zum Download bereit.
www.film-tv-video.de: Sprachlose Faszination ist die typische erste Reaktion, wenn man Fotos und Filmaufnahmen sieht, die Du aus der Impact Zone mitbringst und die Dich auch beim Agieren vor der Kamera zeigen. Dann folgt oft Kopfschütteln und die Vermutung, daß Du entweder verrückt bist oder mit Tricks arbeitest.
Matthias Wendt: Meine Fähigkeiten entwickeln sich eigentlich erst jetzt so richtig. Mit dem Einsatz von digitalen Kameras und dem Wissen aus der jahrelangen Begegnung mit dem Vulkan beginnen nun erst die richtigen Produktionen. Viele sehen die spektakulären Videos und denken, das sei ein verrücktes Wochenendabenteuer. In Wirklichkeit stecken dahinter Jahre an Arbeit.
www.film-tv-video.de: Wie würdest Du Deine Arbeit und Deinen Beruf beschreiben?
Matthias Wendt: Ich sehe mein aktuelles Vulkan-Projekt als eines unter vielen anderen, die ich mache. Das Ziel dieses Projekts ist eine Filmserie, die das komplette Erdsystem beschreibt: Understanding System Earth. Ich mache also auf Hawaii keinen Film über den Vulkan, sondern über das Zusammenspiel von Feuer und Wasser.
Meine Gestaltungsmittel sind Science-Stunts, Kunst und die direkte physische Begegnung mit Naturphänomenen. Es geht auch darum, sich Zeit zu nehmen für den Herzschlag der Erde.
Bei einem anderen Filmprojekt, das aber noch einige Jahre dauern wird, geht es darum, Gewitterblitze zu verstehen. Dabei arbeite ich auch mit dem WDR zusammen. Momentan suche ich nach Möglichkeiten, über Laser Gewitterblitze anzusteuern. Ich will mit einem Laserstrahl einen Kanal in der Luft ionisieren, und so einen Blitz anziehen. Dann kann man mit dem Blitz experimentieren.
www.film-tv-video.de: Wie kommt man auf die Idee, in einer so gefährlichen Situation zwischen Vulkan und Brandung zu arbeiten?
Matthias Wendt: Ich habe vor etlichen Jahren den Vulkan besucht. Neben mir standen zwei Marinesoldaten der US Navy und unterhielten sich: »Wenn Du da raufgehst, kannst Du durch die Lavadecke einbrechen und ein schreckliches Ende in einem glühenden Lavastrom finden.« Das hat mich so schockiert, daß ich mich ein ganzes Jahr nicht auf den Vulkan traute, obwohl ich es eigentlich wollte. Ich habe mich dann langsam rangearbeitet, die wissenschaftliche Seite studiert. Mein Ziel war es, dadurch eine Form der Sicherheit bei der Filmarbeit zu finden. Sonst fände ich es respektlos gegenüber meinem Leben, dort Forschung, Filme und Kunst zu machen.
Zwei Jahre beobachtete ich die Impact Zone aus der Ferne, wagte mich schrittweise näher heran. In dieser Zeit habe ich die Interaktion von Feuer und Wasser beobachtet und gelernt. Ich habe eine Technik erfunden, mit der ich heute in einen Lavastrom einsinken, ihn durchrollen kann und beim Durchbrechen einer Lavadecke nicht verletzt werde.
Was treibt Dich an? Der Wunsch nach Grenzerfahrung, nach extremer Selbsterfahrung? Oder willst Du unbedingt anderen ermöglichen, einen Blick in diese Welt zu werfen?
Matthias Wendt: Diese Frage trifft letztlich das Herzstück der ganzen Sache. Ich war beschämt, als ich die Hawaiianer mit Ihrer ganz anderen Linguistik über die Natur reden hörte. Sie sagten mir, daß ich nur auf den Vulkan gehen und meine Filme machen kann, wenn Mutter Natur will, daß ich ihre Schönheit zu den Menschen bringe. Das zeigt einen ganz anderen Respekt vor der Natur, als westlich geprägte Menschen ihn haben.
Ich habe gelernt, daß die Hawaiianer recht haben: Man kann aus dem Grenzgebiet von Feuer und kochendem Wasser nur unbeschadet zurückkommen, wenn man die Natur respektiert.
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