Messe, Veranstaltung: 27.05.2022

Anga Com 2022

Die Anga Com 2022 ging mit hohen Besucherzahlen zu Ende. film-tv-video.de war vor Ort und hat einige Panels besucht.


Dass der nächste Produktivitätsschub auch in unserer Branche durch Digitalisierung erfolgen wird, ist ebenso eine Binsenweisheit wie die Tatsache, dass Deutschland bislang nur auf den hinteren Rängen mitspielt.

Mit mehr als 18.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern wurden alle Erwartungen an den Restart übertroffen.

Um beides ging es bei der Anga Com, die in Köln vom 10. bis zum 12. Mai 2022 stattfand. Der Untertitel »Broadband meets Content« machte klar, um was es gehen sollte: die Technologie mit Inhalten zu füllen, beides zusammenzubringen. Neben der Messe, bei der Firmen ihre Produkte oder Dienstleistungen in den Hallen 7 und 8 vorstellten, fand an den drei Tagen ein Kongress mit insgesamt über 30 verschiedenen Veranstaltungen statt — zwischen Technik, Vermarktung und rechtlichen Fragen bewegten sich die verschiedenen Veranstaltungen.

Begrüßungs-Ansprache von Timo von Lepel.

Schon in der Begrüßungs-Ansprache von Timo von Lepel , Geschäftsführer von NetCologne, wurde klar, wo die wichtigsten Schwerpunkte des Programms liegen: bei Privat-Finanzierung, öffentlicher Förderung und den Bauverfahren und Genehmigungen hierfür.

In der Veranstaltung »Digital Gipfel-Netze, Dienste Konnektivität: Wie schaffen wir den digitalen Aufbruch?« saßen Vertreter der großen deutschen Plattformen: Deutsche Glasfaser (Thorsten Dirks, CEO), Deutsche Telekom (Srini Gopalan, Vorstandsmitglied und Sprecher der Geschäftsführung), Vodafone Deutschland (Andreas Laukenmann, Geschäftsführer Privatkunden) und NetCologne (Timo von Lepel, Geschäftsführer).

Digital Gipfel-Netze, Dienste, Konnektivität: Wie schaffen wir den digitalen Aufbruch?

Immer wieder wurde das Commitment der Branche unterstrichen: alle zusammen! Der Wettbewerb soll nicht mehr um die Netze, sondern auf dem Netz stattfinden. Auch wenn 50 Milliarden Euro von privater Seite für den Ausbau zur Verfügung stehen, wird es ohne Förderung »mit Augenmaß« wohl nicht gehen. Das bezog sich natürlich in erster Linie auf den Ausbau des Glasfasernetzes auf dem »platten Land«. In Städten wäre ein wirtschaftlicher Betrieb auch ohne Förderung möglich, aber da, wo die Nutzer weit auseinander wohnen und arbeiten, wird der Staat zuschießen müssen.

Die Anga Com vereint Messe und Kongress.

Bislang jedoch sind von der neuen Bundesregierung außer Absichtserklärungen noch keine großen Aktionen erfolgt, so klagten die Teilnehmer der Podiumsdiskussion. »Die Verabredungen des Koalitionsvertrags müssen so schnell wie möglich umgesetzt werden«. Gefordert wurde als erstes, dass die Beantragung und Abwicklung der Digitalisierung selbst digitalisiert wird — in erster Linie die Anträge auf Bau- und Genehmigungsverfahren. Diese müssten deutlich schneller bearbeitet werden.

Derzeit existieren neben den alten Kupferkabeln auch noch ein HFC-Netz (Hybrid Fiber Coax – eine Mischung aus Glasfaser und Koaxialnetzen) sowie der begonnene Ausbau des Glasfasernetzes.

Immer wieder ging es um Netze.

Einigkeit herrscht bei der Überbauung von Kupferkabeln. Bei der Überbauung von HFC Netzen möchte Vodafone – selbst Betreiber von HFC-Netzen – erst noch warten, bis alles andere mit Glasfaser abgedeckt ist, denn HFC erlaubt ja Geschwindigkeiten bis zu 1 Gbit. Eine gute Koordination des Ausbaus wollen alle. In jedem Falle soll es ein »Open Access Network« werden. Das bedeutet, dass alle Plattformen auf ein Netz Zugriff haben – zu vernünftigen Marktpreisen. Nur so kann der Wettbewerb auf den Netzen und nicht um die Netze erfolgen und somit eine ressourcenschonende und nachhaltige Digitalisierung stattfinden.

In der Veranstaltung »Mediengipfel-Streaming und TV: Neue Konzepte für den perfekten Mix« ging es um den Weg vom linearen Fernsehen hinzu Streaming, also Video on Demand. Auf dem Podium saßen Vertreter von Discovery (Susanne Aigner, Geschäftsführerin), RTL (Matthias Dang, Co-CEO RTL Deutschland), Vodafone Deutschland (Andreas Laukenmann, Geschäftsführer Privatkunden), Amazone Prime (Dr. Christoph Schneider, Geschäftsführer) und Sky Deutschland (Elke Walthelm, EVP Content & MD).

Mediengipfel-Streaming und TV: Neue Konzepte für den perfekten Mix.

RTL+, ehemals TV-Now, will ein Bundle in verschiedenen Stufen (und damit verschiedenen Inhalten) anbieten, das sowohl frei empfangbares Fernsehen — zu mindestens in den nächsten 3 bis 5 Jahren — sowie Streaming beinhalten soll. Nach Vorstellungen von RTL+ wird dies einen Wandel für Deutschland bedeuten. RTL gehört zu der Majorität der Anbieter, die sowohl eine Plattform betreiben wie auch eigenen Content erstellen.

Lediglich Vodafone produziert selbst nicht und vermarktet stattdessen mit GigaTV ausschließlich Content von anderen auf einem »guten, schnellen Netz«. Vodafone betrachtet sich deshalb »als wirklich neutral«. Den Werbetreibenden bietet Vodafone nach eigenen Aussagen eine starke Selektion, also Kundengenauigkeit.

Im Kongress gab es viel Raum für Diskussionen.

Sky Deutschland möchte sein Image als Pay-TV-Sender gerne loswerden, denn auf der Plattform waren von Anfang an — neben dem eigenen Programm — mehrere Sender zu empfangen.

Bei Amazon Prime wird — wie bei anderen Plattformen auch — wahrscheinlich mehr Werbung zu sehen sein, denn die Finanzierung des Contents kann zu mindestens bei freiem Zugang nur auf diese Weise funktionieren.

Auch Discovery unterstreicht die Notwendigkeit von Werbung. International gesehen wählen 4 Milliarden Zuschauer die Plattform(en) aus. Dabei spiele  es eine wichtige Rolle, die »Messages an die richtigen Kunden« zu bringen. Deshalb sind für Discovery, wie auch für andere, auch lokale Produktionen wichtig. Sie müssen allerdings in die globalen Strukturen hineinpassen.

Nicht nur Amazon Prime freut sich, wenn lokale Produktionen nicht nur gut lokal, sondern auch im Ausland funktionieren.

Einigkeit herrschte darin, dass die Fragmentierung des Marktes noch weitergehen werde. Dass dabei der Zuschauer nicht den Überblick verliert, ist eine der großen Herausforderungen für die Anbieter.

In der Veranstaltung »Online-Plattformen und Intermediäre: Wieviel Regulierung braucht der Wettbewerb um Daten?« wurde es dann sehr juristisch.

In der Veranstaltung »Online-Plattformen und Intermediäre: Wieviel Regulierung braucht der Wettbewerb um Daten?« wurde es dann sehr juristisch.

Auf dem Podium saßen: Claus Grewenig, (Bereichsleiter Medienpolitik für RTL Deutschland), Dennis Kaben, (Legal Director für Google Germany), Dr. Wolfgang Kreißig, (Präsident der Landesanstalt für Kommunikation für die Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten) sowie Semjon Rens, (Public Policy Director, für Meta).

Wer nicht mehr (nur) das lineare Fernsehen schaut, entscheidet sich je nach Geschmack und Vorlieben für bestimmte Inhalte und Genres. Für was sich welche Zuschauer entscheiden in Kombination mit Nutzungszahlen und Nutzungszeit, sind wichtige Daten für die Plattformen und noch mehr für die Werbetreibenden. Wie viele und wie genau Daten erhoben werden dürfen, ist deshalb eine Frage, die hier diskutiert wurde. Es geht jedoch nicht nur um Streaming-Inhalte, sondern auch um solche, die beispielsweise von Meta – ehemals Facebook – oder Google bereitgestellt werden.

Gerade Meta kennt seine Nutzer sehr genau und kann deshalb bis zu 95 % personalisierte Werbung bereitstellen.

Gerade Meta, ehemals Facebook, kennt seine Nutzer sehr genau und kann deshalb bis zu 95 % personalisierte Werbung bereitstellen.

Welche Daten in welchem Umfang erhoben werden dürfen, kontrollieren die Landesmedienanstalten. Diese stehen im Austausch mit Google, Facebook und den anderen Plattformen, auch um sicherzustellen, dass der Nutzer versteht, wie seine Daten ausgewertet werden. Dass es dabei noch Nachbesserungsbedarf gibt, wird von allen offen zugegeben. Für die großen Plattformen ist besonders die Kohärenz der Regeln über verschiedene Länder ein wichtiges Anliegen. Schwierig wird es nämlich, wenn Inhalte Grenzen übergreifend angeboten werden, aber die rechtlichen Situationen in den verschiedenen Ländern unterschiedlich sind.

Die neueste Novelle des Paragrafen 19a GWB (Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen) wurde in der Diskussion von mehreren Seiten beleuchtet. Die Umsetzung des DMA (Digital Marketing Act), in dem die Nicht-Bevorzugung eigener Dienste geregelt wird, gilt als sehr schwierig. Noch warten die Marktteilnehmer auf die genaue Formulierung, denn es gibt zwar die politische Einigung, aber noch keinen genauen Text. Je nach genauer Formulierung und Auslegung könnte das die Funktion von bestimmten Plattformen stark verändern.

Seite 1: Panels – Medien-/Digitalgipfel/Regulierung
Seite 2: Messe – Zahlen und Statements