Report: Medientage München 2018
Die Medien-Gesellschaft der Zukunft wird geprägt von digitalen Innovationen, künstlicher Intelligenz, automatisierten Entscheidungssystemen, Big Data und Globalisierung, aber auch von aktiven Rezipienten, Social Media und der Personalisierung von Medienangeboten. Das ist das Resümee der 32. Medientage München.
Virtual Reality
Der Einsatz von Virtual Reality (VR) kann bestimmte journalistische Darstellungsformen wie zum Beispiel die Berichterstattung mit Bewegtbildern auf eine neue Ebene heben. Bei den Medientagen ging es um diesen Aspekt des Themas VR.
Generell waren sich die VR-Experten darin einig, dass der Rezipient bei VR-Produktionen besser begreife, worum es gehe – und zwar vor allem deshalb, weil er dank VR »Näher dran sei«. Es sei möglich, sich virtuell stärker mit den involvierten Personen, Meinungs- und Berichterstattungsgegenständen auseinanderzusetzen, sagte Ane Skak, Inhaberin des dänischen Unternehmens Immersive Stories, das für die Produktion von Medieninhalten Virtual Reality einsetzt, in ihrer Keynote. Mit Hilfe der VR-Technologie könne es gelingen, mehr Empathie zugunsten einzelner Charaktere zu erzeugen.
Skak empfahl, der Einsatz von VR müsse mit den klassischen Medien kombiniert werden und sei dann langfristig dafür geeignet, Menschen für Themen zu sensibilisieren und ihre Haltung dazu in einem positiven Sinne zu ändern. Allerdings müssten die Content-Provider eine Strategie entwickeln, um VR als journalistisches Tool in die verschiedenen publizistischen Darstellungsformen einzubinden. »Das Wichtigste bei VR ist nicht, Interaktivität zu liefern, sondern VR als Schnittstelle zwischen Rezipient und Medieninhalt zu verstehen, welche die Wahrnehmung verändert«, betonte Skak. Mit dem Einsatz von VR hätten Journalisten ein Tool an der Hand, mit dem sie die Zuschauer besser begreifen lassen könnten, »was beispielsweise bei innerfamiliärer Gewalt mit Opfern und Tätern passiert«.
Durch den Konsum von Medieninhalten in einer VR-Umgebung werde der Rezipient der dargestellten Situation, die ihm »unter die Haut« gehe, nähergebracht, beschrieb Skak die körperliche und emotionale Reaktion, die VR beim Medienkonsumenten hervorrufe. Als journalistisches Handwerkszeug stehe diese Technik noch am Anfang ihrer Entwicklung. Es müssten noch bessere Kameras entwickelt werden, sagte sie, und verwies auf den Einsatz von Drohnen, der derzeit in der Kameraführung erprobt werde. Außerdem erfordere dieses Format neue Schnitttechniken.
Live-Entertainment im Sport und eSport
Um ganz konkrete Dinge und Entwicklungen in der TV-Landschaft ging es bei den Medientagen auch. Dass es dabei längst nicht nur ums Fernsehen geht, sondern auch um unzählige weitere Verbreitungskanäle, verdeutlichte Allesandro Reitano. Für ihn ist Präsenz auf allen Kanälen ein zentrales Ziel. Der Vice President Sports Production bei Sky Deutschland empfahl, dem Publikum möglichst viele interaktive Angebote zu machen. Da der Pay-Sender als First Mover gelte, müsse man neue Technologie auch als erster auf den Bildschirm bringen. »Die Konsumgüterindustrie gibt uns das Tempo vor«, schilderte Reitano. Für manche Projekte fehlten in der TV-Produktion jedoch noch die jungen, innovativen Programmierer, die zum Beispiel für Augmented Reality benötigt würden. Eine große Hürde bei der Entwicklung neuer Fußball-Formate, so berichtete der Sky-Manager, sei außerdem die Abhängigkeit der Sender von den Spielern und Sportverbänden. »Wir kommen zum Beispiel gar nicht in die Umkleiden.«
Dem stimmte Dr. Robert Niemann zu. Der Experte für internationalen Sport und Entertainment plant seit Jahren eine Casting-Show unter dem Arbeitstitel »Soccer Idol« mit Oli Kahn beispielsweise als TV- Gastgeber. »Die Verträge sind sehr strikt«, sagt Niemann. Er habe deshalb nur Zugang zu jungen Talenten oder zu Fußballern im Ruhestand. »Das ist aber nicht attraktiv genug.«
In der jungen Branche eSport hingegen gebe es mehr rechtlichen und technischen Freiraum, berichtete Arne Peters, Strategic Advisor und Consultant von esports.com. Nach seinen Beobachtungen habe vor allem die Streaming-Plattform Twitch das digitale Spielen erfolgreich gemacht. »Sie müssen Teil der Community werden«, empfahl Peters den traditionellen Medienhäusern.
Jens Fischer, eSports-Experte und Account Manager von EVS, sieht die deutsche Medienwirtschaft durchaus gut aufgestellt. Im Unterschied zu vielen anderen Ländern hinke jedoch die Politik der Entwicklung hinterher. So müsse es eine rechtliche Gleichstellung von eSport und klassischem Sport geben. »Darüber diskutieren die Politiker derzeit sehr intensiv.« Eine weitere Herausforderung bei der Verquickung von Sport und Entertainment sei die Erwartungshaltung des Publikums. Live-Musik oder DJs bei eSport-Turnieren etwa seien bisher nicht von allen Fans gut angenommen worden. »Hier müssen wir neue Wege finden«, sagte Fischer mit Blick auf die USA, wo beispielsweise im American Football rund um die Spiele ein unterhaltsames Rahmenprogramm gezeigt werde.
Seite 1: Neue Location, anderes Konzept
Seite 2: Künstliche Intelligenz
Seite 3: Virtual Reality; Live-Entertainment im Sport und eSport
Seite 4: Blockchain: in aller Munde
Seite 5: Alexa verändert das Marketing; Diversity: immer noch ein Thema
Seite 6: Die Zukunft der Branche