IBC, IBC2018, Top-Story, Trend, eSports: 25.10.2018

IBC2018: Trendreport

Die interessantesten Neuheiten und Trends der IBC2018 – film-tv-video.de war vor Ort und stellt sie hier zusammen.

Dass Artificial Intelligence, IP, HDR, Vollformat und die digitale Transformation bei der IBC eine große Rolle spielen würden, hatte sich schon vor der Messe abgezeichnet. Es gab bei der IBC aber noch mehr zu entdecken. Ein Überblick.


HDR läuft
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HDR: ein großes Thema der IBC – hier in einer praktischen Anwendung mit dem Aja HDR Image Analyzer.

HDR interessiert viele Kunden offenkundig mehr als eine deutlich höhere Auflösung. Das ist zumindest die Wahrnehmung der Hersteller, für die 4K offenbar schon an Strahlkraft verloren hat. Und in der Tat scheint sich HDR – also »high dynamic range«, ein größerer inhärenter Dynamikumfang – besser vermarkten zu lassen als etwa eine höhere Auflösung. So werden aktuell immer mehr TV-Endgeräte erfolgreich mit dem Siegel HDR vermarktet. Das resultiert in einer wachsenden Nachfrage nach HDR-Inhalten, die aktuell jedoch primär von Streamingdiensten bedient wird. Doch auch etliche große Live-Events wurden in diesem Jahr ganz oder teilweise in HDR produziert: Beim Tennisturnier in Wimbledon, der Royal Wedding und auch der Fußball-WM setzten die Sender auf HDR.

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Canon präsentiert den XF-705.

Die Kamerahersteller haben darauf reagiert: HDR-Funktionalität konnte man bei der IBC sowohl bei kleineren Produktionskameras wie auch bei den großen Live-Kameas entdecken. Der HLG-Standard scheint sich hierbei gut zu etablieren.

Im ENG-Segment präsentierte etwa Canon mit XF-705 einen neuen Handheld, der HDR-Daten intern sowohl im Hybrid Log Gamma (HLG) als auch im Perceptual Quantisation (PQ) HDR-Format aufzeichnen kann. Der Camcorder verfügt außerdem über umfangreiche HDR-Assistenzfunktionen, die den Anwender bei der Belichtungssteuerung unterstützen.

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Sony zeigte den NX200-Einsteiger-Camcorder.

Sony hatte bereits zur NAB mit dem PXW-Z280 und dem PXW-Z190 zwei ENG-Handhelds angekündigt, die »Instant HDR-Workflows« bieten sollten. Damit umschreibt der Hersteller HDR-Workflows nach Sony-Lesart mit Hybrid Log-Gamma-Aufnahmefunktion (HLG).

JVC geht bei seinen neuen Connected Cams HC500/HD550 einen ähnlichen Weg und setzt ebenfalls auf eine HDR-Funktion mit Ausgabe im HLG-Standard.

Auch in der Liveproduktion spielt HDR zunehmend eine wichtige Rolle. So beschäftigte sich jüngst die EBU intensiv mit dem Thema und nutzte in diesem Sommer die European Championships für einen umfangreichen HDR-Test, bei dem auch mit höheren Frameraten aufgezeichnet wurde. Bei der Sony-Pressekonferenz gab es Material zu sehen, das Sony-Kameras während der European Championships in HDR und HFR mit 100 fps aufgezeichnet hatten.

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JVC stellte die Connected Cams HC500/550 vor.

Grass Valley sieht ebenfalls Potenzial im HDR-Segment und hat seine LDX-Kameras mit entsprechender Funktionalität ausgestattet. Der Hersteller war damit schon bei einer ganzen Reihe von HDR-Produktionen vertreten. Prominentes Beispiel in Deutschland war die Produktion der Finalshow von »Deutschland sucht den Superstar«. Dort lieferten die die Grass-Valley-Kameras parallel ein HD- und ein UHD/HDR-Signal, die getrennt weiterverarbeitet wurden.

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Grass Valley sieht Potenzial im HDR-Segment.

Auch Ikegami bescheinigt HDR gute Aussichten und merkt an, dass man während der Messe mit vielen Sendern gesprochen habe, die durchaus Interesse an einem HDR-Standard hätten, der auch die Kompatibilität zu den SDR-Geräten wahre – die machten letztlich nach wie vor die Mehrheit bei den Konsumenten aus. Diesen Standard sieht Ikegami – wie auch etliche andere – in HLG (Hybrid Log Gamma), an dessen Entwicklung auch die BBC und NHK beteiligt sind.

Kurzum: HDR hat gute Chancen, am Markt eine größere Rolle zu spielen, wenngleich die Produktionsrealität für viele Kunden zumindest in naher in Zukunft noch HD bleiben wird.

Nach HD kommt 4K kommt 8K – wirklich?
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NHK zeigte in der Future Zone der IBC seine neuesten 8K-Entwicklungen.

Der japanische Sender NHK will ab Dezember 2018 regelmäßig ein 8K-Programm via Satellit ausstrahlen – also noch vor den Olympischen Spiele 2020 in Tokio, die NHK ebenfalls im 8K-Regelbetrieb übertragen wird. Bei der NAB im April konnte man die Vorboten dieser Pläne schon in Form neuer Produkte sehen: Dort zeigten etliche japanische Hersteller 8K-Kameras, -Camcorder und -Displays in einem durchaus fortgeschrittenen Entwicklungsstadium. Auf eine IBC-Präsenz verzichteten diese Hersteller allerdings. NHK zeigte lediglich, wie es schon Tradition ist, in der Future Zone der IBC seine neuesten 8K-Entwicklungen.

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Neuer Ansatz: 8K ROI von Panasonic.

Interessanterweise poppte 8K aber auch in anderen Zusammenhängen hoch: Panasonic etwa präsentierte mit 8K ROI ein System, das als Werkzeug fungieren soll, um aus einem 8K-Bildsignal mehrere HD-Bilder zu generieren. Mit 8K ROI könne man aus dem 8K-Bild beispielsweise eine weitwinklige und zwei seitliche Einstellungen croppen, so Panasonic, und damit quasi mit einem Operator eine Mehrkameraproduktion realisieren. Das System soll die Bildsignale bei Bedarf auch automatisch korrigieren. Ein interessanter Ansatz, der Controller wegen der Kostenersparnis verzücken und Kameraleute deprimieren wird, weil Jobs wegfallen.

Beim Kamerahersteller Red spielt 8K ebenfalls schon eine wichtige Rolle. Die Amerikaner haben mit dem Helium-8K-Sensor den Weg geebnet für eine neue Qualitätsstufe in der Produktion. Auch hier gilt: Nichts für die breite Masse, aber durchaus schon im Einsatz: bei den einen, um die höhere Auflösung voll auszuschöpfen, bei anderen, um Ausschnitte aus dem 8K-Material zu verwenden.

Mehr PTZ-Kameras
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PTZ: jetzt auch in HDR und 4K.

Fernsteuerbare Kameras mit integriertem Schwenk-/Neigesystem haben sich in den vergangenen Jahren zu einem echten Renner entwickelt. Das hat mehrere Gründe. Die Qualität von PTZ-Kameras hat sich deutlich verbessert, es gibt mehr praktikable Systeme für die Fernsteuerung der Kameras und beispielsweise mit Newteks NDI eine Lösung, mit der sich Kameras einfacher verwalten und steuern lassen. Die Vorteile für die Kunden: PTZ-Kameras passen gut in beengte Studios und erlauben preisgünstigere Produktionsweisen.

Mittlerweile bieten aus all diesen Gründen viele Hersteller, darunter Canon, Marshall, Panasonic, Ross, Sony, Vinten und weitere, PTZ-Kameras an.

Panasonic setzte bei der IBC in puncto Qualität übrigens eins drauf und präsentierte die branchenweit erste 4K-50p-PTZ-Kamera mit integriertem HDR. Der Hersteller hebt bei der Schwenk-Neige-Kamera aber auch den weiten Bildwinkel sowie den 20-fach optischen Zoom und den 32-fach intelligenten Zoom im HD-Modus hervor.

Wieder mehr Handheld-Camcorder
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Back on Track: Handheld-Camcorder.

Mit dem Siegeszug der Large-Sensor-Blockkameras haftete klassischen Handheld-Camcordern plötzlich die Aura des ewig Gestrigen an: Hip und Handheld wollten einfach nicht mehr zusammenpassen. Über die Zeit schien sich das allerdings wieder zu relativieren, denn Large-Sensor-Kameras haben durchaus auch Nachteile: Ohne eine Rig lässt sich mit den Kamera-»Blöcken« kaum drehen, und so schön Large-Sensor-Bilder sind, so schwierig ist es teilweise, mit diesen Kameras zuverlässig scharfzustellen. Gerade im TV-Bereich erweisen sich daher klassische ENG-Handheld-Kameras wieder als salonfähig. Dazu trägt sicher bei, dass die Handhelds nun oft mit größeren Sensoren bestückt sind, oft viele Codecs beherrschen und mittlerweile auch HDR-Funktionalität bieten. All diese Vorteile, kombiniert mit dem einfacheren Handling eines ENG-Camcorders, kommen offenbar an – und Hersteller wie Sony, Canon oder JVC bedienen dieses Segment daher mit neuen Geräten:

Sony schickte schon zur NAB die beiden leistungsfähigen Camcorder PXW-Z280 und den PXW-Z190 ins Rennen und legte zur IBC mit dem Einsteigergerät HXR-NX200 nach, Canon kündigte zur IBC den leistungsfähige XF705 an und JVC die Connected Cams GY-HC500/550.

Vollformat für alle?
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BandPro-Setup von Venice.

Der Trend zu immer größeren Sensoren ist im Kamerabereich ungebrochen virulent. Hersteller wie Arri, Canon, Sony oder Red Digital Cinema haben alle mittlerweile Cine-Kameras im Programm, die mit Vollformat-Sensoren ausgerüstet sind – und somit neue Möglichkeiten für die Bildgestaltung bieten. Flankierend präsentierten einige Kamerahersteller nun auch im DSLR-Bereich neue Kameras mit Vollformat-Sensoren: etwa Canon mit der neuen EOS-R-Reihe, Nikon mit Z6- und Z7 und jüngst Panasonic mit der Lumix-S-Serie. Auch die Objektivhersteller sind längst auf den Trend hin zu Vollformat aufgesprungen und habe ihre Entwicklung auf Optiken für die größeren Sensoren – und darüber hinaus – ausgelegt.

Einzig die Kunden scheinen dem Thema noch vergleichsweise verhalten zu begegnen. Denn Vollformat steht nicht nur für neue Möglichkeiten in der Bildgestaltung, sondern auch für mehr Aufwand, weil unter anderem auch in der Drehplanung neu »gedacht« und eine neue Sprache entwickelt werden muss. Das ist vielleicht einer der Gründe, weshalb das Thema im Cinebereich offenbar mehr Zeit braucht als von den Herstellern erhofft.

Neue Objektive

Kameraleute scheinen in der digitalen Aufzeichnungswelt förmlich nach neuen Möglichkeiten zu suchen, sich vom typischen Digitallook abzusetzen. Bei dieser Suche nach dem individuellen Look spielen Objektive eine entscheidende Rolle. Das ist sicher einer der Gründe für die Bewegung in diesem Markt.

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Sigma ergänzt seine Cine-Objektivreihe.

Sigma gab zur IBC die Entwicklung von drei neuen Cine-Objektiven in der FF High Speed Prime Line bekannt: 28mm T1.5 FF, 40mm T1.5 FF und 105mm T1.5 FF. Mit diesen Ergänzungen umfasst die FF High Speed Prime Line nun zehn Objektive von 14mm bis 135mm und T1,5 bis T2, die den Kameraleuten nun einen großen Brennweitenumfang zur Verfügung stellen.

Zeiss zeigte während der IBC die im Mai dieses Jahres neu vorgestellte, lichtstarke Objektivfamilie der Zeiss Supreme Primes. Sie decken große Kamerasensoren ab und sind mit allen aktuellen Kameramodellen kompatibel. Die Objektive ermöglichen es, XD-Plugins für die Integration der Zeiss Extended Data Technologie zu nutzen. Das erlaubt es Filmproduktionen, effizienter zu arbeiten, da die Objektivdaten während des Drehs synchron mit den Bildern aufgenommen werden. Das soll vor allem die Integration von VFX-Elementen und das Compositing beschleunigen.

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Leitz kündigte neue Objektive an.

Tokina wiederum erweiterte seine Cinema-Primes mit einem 105mm-Objektiv, Arri begann dieser Tage mit der Auslieferung der neuen Signature Primes, und I/BE hat seine Raptor-Objektivlinie abgerundet. 

Leitz wiederum gewährte einen Blick in die Entwicklung und kündigte für 2020 einen Satz von zwölf Festbrennweiten und für Ende 2019 zwei neue Zoomobjektive an. Beide Produktlinien sind für Vollformat ausgelegt.

Virtual Reality: Wunsch und Wirklichkeit

Virtual-Reality- und 360-Grad-Produktionen gelten manchem in der Branche als die große Verheißung eines neuen Marktes. Glaubt man VR-Industry-Forum-Präsident Rob Koenen, steht VR eine schöne Zukunft bevor. Er verweist auf eine Studie von Greenlight Insights, die voraussagt, dass der globale VR-Markt einschließlich Hardware, Content, Software und Services bis 2022 auf 74,8 Milliarden Dollar wachsen werde.

Facebook und Red stellen mit Manifold eine gemeinsame VR-Entwicklung vor.

Studien sind allerdings die eine Sache und tatsächliche Entwicklungen manches Mal eine andere. Während der IBC hielt sich der Hype um VR – falls es einen geben sollte – jedenfalls in Grenzen. Aber vielleicht ist die Messe auch nicht der optimale Ort, um die jüngsten VR-Trends zu präsentierten oder auch zu entdecken. Facebook und Red etwa entschieden sich für die Entwicklerkonferenz Oculus Connect 5 als geeignete Plattform, um ihr gemeinsames 360-Grad-Kameraprojekt Manifold offiziell vorzustellen. Manifold soll zum einen mit insgesamt 16 eingebauten Kameras für einen 360-Grad-Rundumblick sorgen, erfasst zusätzlich aber auch Raumdaten, sodass der Zuschauer nicht nur in alle Richtungen blicken, sondern sich auch innerhalb des Raums bewegen kann.

In den Diskussionsrunden während der IBC ging es nicht nur um die Technik, sondern auch darum, wie sich VR aus inhaltlicher Sicht weiter entwickelt hat. Hier berichteten etliche Redner durchaus von interessanten VR-Projekten und -Formaten – beispielsweise aus dem Broadcastbereich und der Live-Sportberichterstattung.

Klar wurde aber auch: VR hat noch einen längeren Weg vor sich, wenn sich großer Erfolg einstellen soll.

Kompakte Audiomikrofone für Smartphones
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So sieht die Sennheiser-Lösung für mobilen Journalismus aus.

Jedes Smartphone ist heutzutage bei guter Beleuchtung in der Lage, ordentliche bis gute Videobilder aufzuzeichnen. Kein Wunder also, wenn Smartphones in der aktuellen Berichterstattung öfter genutzt werden, als man glauben mag. Probleme macht dabei jedoch meist der Ton, weil die eingebauten Mikrofone schlichtweg zu schlecht sind und auch keinerlei Richtwirkung aufweisen.

Kleine, kompakte Mikrofone für Smarthphones sind hier gefragt. Einige davon gibt es schon eine Weile, sie arbeiten meist mit der Klinkenbuchse am Smartphone. Nachdem Apple diese Buchse beim iPhone aber kurzerhand wegrationalisierte, gibt es nun die nächste Welle kompakter iPhone-Mikrofone, die für den Lightning-Adapter optimiert sind. Sennheiser stellte zeigte mit dem drahtlosen Memory Mic für Smartphones das neueste Tool für mobilen Journalismus vor. Das kleine, leichte Drahtlosmikrofon soll nicht nur Sound in Broadcast-Qualität bieten, es soll auch in beliebigem Abstand zum Smartphone funktionieren. Das Memory Mic verfügt über eine hochwertige Kondensatorkapsel mit Kugelcharakteristik, so der Hersteller. Diese Charakteristik ist besonders wenig empfindlich gegen Windgeräusche und verzeiht wechselnde Mikrofonabstände.

Neuer Codec: Blackmagic Raw
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Blackmagic Raw soll die Postproduktion von Rawdaten erleichtern.

Nachdem Raw-Aufzeichnung immer mehr zum Thema wird, hat nun auch Blackmagic einen eigenen Codec vorgestellt: Blackmagic Raw soll Raw-Daten komprimieren und dafür sorgen, dass die Datenmengen dabei so gering werden, dass sie vernünftig zu bearbeiten sind. Blackmagic stellt auch einen Player zur Verfügung, der es ermöglicht, die BM-Raw-Files unkompliziert abzuspielen.

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