NAB2013: Stereo-3D — zurück in der Nische
Während der NAB2013 konnte man an manchen Ständen fast den Eindruck gewinnen, das Thema Stereo-3D habe Hausverbot: Es gab noch einmal deutlich weniger Stereo-3D-Equipment zu sehen als bei der NAB2012 und der vergangenen IBC. Nur wenige halten dem Thema noch die Stange, so etwa Dolby. Und auch wenn es teilweise sogar erstaunliche Fortschritte gibt: die Luft ist vorerst raus.
Nein, das Thema Stereo-3D ist keineswegs tot, aber es ist eben vom Hype-Thema wieder zur Randerscheinung geschrumpft und in die Nische zurückgekehrt — zumindest was den Fernsehbereich betrifft. Das kann man hierzulande ja schon seit geraumer Zeit auf der Programmanbieterseite sehen: Beim ohnehin auslaufenden Fußball-Angebot »Liga Total!« der Deutschen Telekom ist 3D gar kein Thema mehr, Sky hat auf ungefähr ein 3D-Spiel pro Monat reduziert. Auch ansonsten spielt Stereo-3D im deutschen Fernsehprogramm keine große Rolle mehr. Auf der Produktionsseite war die Stimmung gegenüber Stereo-3D schon vor einem Jahr gekippt und nur noch an wenigen Ständen der damaligen NAB2012 stellte Stereo-3D das Topthema dar.
Bei der aktuellen NAB2013 nun war Stereo-3D noch weiter reduziert. Am Sony-Stand etwa — in den vergangenen Jahren einer der größten Horte der Stereo-3D-Zukunftsträume — gab es so gut wie kein Stereo-3D mehr zu sehen (mal abgesehen von einem autostereoskopischen Display, das gut versteckt im Zusammenspiel mit der Software Vegas gezeigt wurde). Ein ähnliches Bild bot sich bei allen großen Herstellern: Neue Single-Piece-3D-Kameras etwa konnte das Redaktionsteam während der NAB2013 nirgends entdecken und selbst die dekorativen Groß-Displays, die bei den Broadcast-Messen gern als Blickfang eingesetzt werden, waren in diesem Jahr fast niemals 3D-Displays, sondern 4K-Schirme.
Der Hype ist also definitiv vorüber, was aber nicht bedeutet, dass es im Stereo-3D-Bereich gar keine interessanten Entwicklungen mehr gäbe. So zählte etwa Dolby zu den Herstellern, die dem Thema treu blieben und weitere Verbesserungen seiner Technologie präsentierte, die autostereoskopisches Fernsehen unterstützt.
Dolby 3D
Dolby 3D ist eine Technologie, die »3D ohne Brille«, also autostereoskopische Filmvorführungen ermöglicht. Dolby agiert im wesentlichen als Technologiekonzern, der sein Geld weit überwiegend mit Lizenzen und in viel geringerem Umfang mit eigenen Produkten verdient. So soll es auch bei Dolby 3D laufen: Der Erfinder will keine eigenen autostereoskopischen 3D-Displays für Endkunden auf den Markt bringen, sondern die zugrundeliegende Technologie vermarkten. Seit den ersten Demonstrationen hat Dolby aber die grundlegende Technologie weiterentwickelt und kann Interessenten nun unter der Bezeichnung Dolby 3D einen Mix aus Technologie, Format und Workflow anbieten.
Diese Weiterentwicklungen und neue Partnerschaften sollen das kontinuierliche Fortschreiten autostereoskopischer Vorführmöglichkeiten im Markt vorantreiben. Zur NAB2013 etwa gab Dolby Partnerschaften mit der Cameron/Pace-Group und mit den Post-Software-Spezialisten The Foundry bekannt. The Foundry hat Dolby 3D in seine eigene Post-Software Ocula integriert, so dass der Operator die Grenzen der Tiefenstaffelung, die Dolby 3D setzt, schon in der Nachbearbeitung sehen kann.
Damit ist ein wichtiges Thema angesprochen: Um eine angenehme, realistische Darstellung von 3D-Inhalten auf autostereoskopischen Displays zu erreichen, müssen die Tiefenwerte gegenüber 3D-Kinokopien reduziert und begrenzt werden — das sieht man zumindest bei Dolby so. Bei den am NAB-Stand eingesetzten Displays war eine Tiefe von 35 cm möglich, dieser Wert wird aber sicher noch wachsen, wenn erste Dolby-3D-fähige Displays in Serie produziert werden. Auch der Anwender soll bei Geräten in Dolby 3D die Tiefenwirkung beim Betrachten noch anpassen können: Wer weniger Tiefenwirkung angenehmer findet, kann diese individuell einstellen. In dieser Funktion steckt natürlich auch das Eingeständnis, dass Stereo-3D auch in seiner autostereokopischen Version anstrengend sein kann, wenn man länger schaut — eine Erkenntnis, die viele Kinogänger bestätigen werden: Gegen Filmende nimmt in 3D-Kinovorführungen all zu oft die Zahl der Menschen zu, die ihre Brille mal kurz absetzen und sich mal kurz die Augen reiben. Beim Dolby-3D-Fernseher kann man dann einfach die Tiefenwirkung etwas zurückdrehen.
Dolby 3D limitiert nicht prinzipiell die Zahl der Blickwinkel, wie es viele andere autostereoskopische Bildverfahren tun. Es liegt an den Lizenznehmern, wie viele Blickwinkel sie realisieren wollen. Ein am Dolby-Stand gezeigtes Display etwa stellte 28 Blickwinkel bereit und offerierte daher aus einem wesentlich breiteren Betrachtungswinkel 3D-Bilder, als etwa die ebenfalls gezeigten Laptop-Displays mit ihren neun Blickwinkeln.
Auch zur Datenrate machte Dolby klare Aussagen: Hier wollen die Programmanbieter natürlich möglichst niedrig liegen. Am Stand zeigte Dolby ein Display, das mit einer Datenrate von 3 Mbps per Live-Streaming beschickt wurde und damit eine durchaus eindruckvolle 3D-Bildqualität darstellen konnte.
Auch muss Stereo-3D nicht mit reduzierter Auflösung einhergehen: Dolby zeigte an Prototypen, wie man mit 4K-Displays auch in Stereo-3D mit vielen Blickwinkeln HD-Auflösung erreichen kann.
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