Digitale Cinematographie 2006: Weniger Besucher, Mehrheit der Aussteller zufrieden
Bereits zum vierten Mal fand Ende Juli in München die »Digitale Cinematographie« statt. Eingebettet in das Filmfest München, befasste sich die von Band Pro, Kameraverleih Ludwig und MKMedia Production initiierte und durchgeführte Veranstaltung auch in diesem Jahr wieder mit den verschiedenen Aspekten der digitalen Aufnahme, Bearbeitung und Vorführung von kinofähigen Bildern — im Rahmen einer Ausstellung, sowie mit Seminaren, Vorträgen, Workshops und Screenings.
32 Aussteller und rund 500 Besucher lockte die Digitale Cinematographie am 21. Juli ins Forum des Deutschen Museums. Schon am Vorabend war die Veranstaltung mit einem Screening im früheren Imax-Kino gestartet worden. Das Kino diente dann auch am Tag der eigentlichen Veranstaltung als Ort für zahlreiche Screenings ganz unterschiedlicher Produktionen, die auch die große Bandbreite der digitalen Cinematographie beleuchteten. Parallel dazu gab es eine Ausstellung im Erd- und Untergeschoss des Forums, in deren Rahmen die Aussteller Equipment und Services rund um das Thema digitale Cinematographie präsentierten.
Wegen der gewachsenen Nachfrage nach Standfläche hatte der Veranstalter, ein Verbund aus den Firmen Band Pro, Kameraverleih Ludwig und MKMedia Production, in diesem Jahr erstmals das Untergeschoss des Forums hinzugenommen und damit die Ausstellungsfläche auf 1.000 qm nahezu verdoppelt. Durch die deutlich größere Fläche verteilten sich die Besucher stärker und man konnte zumindest phasenweise den Eindruck bekommen, dass deutlich weniger Besucher als im Vorjahr die Ausstellung besuchten: Der Veranstalter versichert aber, dass rund 500 Besucher an der Veranstaltung teilgenommen haben. Das ist zwar gegenüber den rund 600 Besuchern im Vorjahr ein Rückgang, aber für einen Freitag mit strahlendem Sonnenschein und fast schon tropischen Temperaturen gar nicht schlecht. Vielleicht wirkte die Ausstellung auch deshalb phasenweise recht ruhig, weil viele der Anwesenden mehr Zeit in den zumindest teilweise sehr gut besuchten Workshops und Vorträgen verbrachten.
Eine kurze Umfrage bei den Ausstellern am Abend der Veranstaltung ergab zwar einige kritische und enttäuschte Stimmen, die weitaus überwiegende Mehrzahl der von www.film-tv-video.de befragten Aussteller war aber im Grunde zufrieden und will im kommenden Jahr wieder dabei sein. Diskussionswürdig ist dabei sicher die Wahl des Veranstaltungsortes: Das Forum des Deutschen Museums liegt zwar nah beim Gasteig, dem Hauptveranstaltungsort des Filmfests München, was ganz sicher kein Nachteil ist. Es ist aber, besonders im Untergeschoss, auch recht abgewohnt und wird derzeit — nachdem schon mehrere Betreibergesellschaften in Folge aufgeben mussten — auf Sparflamme weitergeführt, was an vielen Stellen überdeutlich zutage tritt.
Umfangreiches Workshop-Programm
Avid nutzte im Rahmen der Digitalen Cinematographie drei der Vortragsräume im ersten Stock des Forums, um Workshops zu den Bearbeitungssystemen Nitris, Xpress Studio und Liquid durchzuführen. In drei weiteren Räumen fanden ebenfalls Vorträge und Seminare statt. Zusätzlich gab es im Untergeschoss einen Vortragsraum mit 2K-Projektion.
Das Themenspektrum war breit und reichte von der Aufnahme über die Bearbeitung bis zur Projektion, mehrfach ging es auch um die Verbindungen und Brücken zwischen diesen Bereichen, also darum, wie man aus den zahlreichen Denkmodellen einen passenden und funktionierenden Workflow kreiert und aussucht.
Eine (nicht repräsentative Auwahl) der angebotenen Workshops:
Oliver Temmler von Arri erläuterte den neuesten Stand von Arris digitaler Kamera D20 und ging dabei unter anderem auf den Datenmodus ein, den die Kamera im Zusammenspiel mit einem von Quantel für Arri entwickelten Speicher- und Wiedergabesystem jetzt beherrscht. Temmler gab auch einen Ausblick auf die kommenden Entwicklungsschritte, zu denen auch zählt, dass die Zahl der bisher produzierten 25 Kameras rascher weiterwachsen soll. Außerdem soll ein Low-Mode-Bracket für den Steadicam-Einsatz kommen, ein Glasfaser-Interface, der Workflow im Datenmodus soll optimiert werden, es soll Neuerungen in puncto Farbmanagement und Metadaten geben, sowei ein LUT-Creation-Package, mit dem sich schon vor Drehbeginn Looks kreieren und festhalten lassen.
Mit dem Qualitäts-Monitoring über den ganzen Prozess einer digitalen Produktion mit Kinoauflösung befasste sich Martin Kreitl von MKMedia Production, der aus praktischer Erfahrung mit mehreren Projekten berichtete. Unter anderem wies Kreitl auf mögliche Problemfelder der Aspekte Farbraum (RGB, YUV), Quantisierung (8, 10, 12, 16 Bit), logarithmische und lineare File-Formate sowie Bildraten hin.
Henning Rädlein von Arri zeigte anschaulich die Vorteile von Digital Intermediate insgesamt auf und stellte den bei Arri praktizierten Workflow aus diesem Bereich vor. Dabei widmete er auch dem Thema Archivierung besondere Aufmerksamkeit und beschrieb hier sinnvolle Lösungswege.
Hendrik Voss von Band Pro und Russel Branch von InnoMedia behandelten das Thema »CRT vs. LCD« beim Monitoring von HD-Signalen — und sahen sich dabei mit vielen kritischen Kommentaren und Fragen aus dem Publikum konfrontiert. Beide mussten einräumen, dass es den ultimativen LCD-Schirm noch nicht gibt, der einen Röhrenbildschirm in allen Aspekten überflügeln könnte, sondern dass die Anwender durchaus Kompromisse eingehen müssen. Russel Branch, der das Cinemage-Display von Cine-Tal vertreibt und vorführte — und darin natürlich einen gut vertretbaren Kompromiss sieht — hatte viele Argumente von denen eines besonders interessant war: Die Endkunden werden jeglichen Inhalt zunehmend auf LCD-Schirmen betrachten. Ist es da weiterhin sinnvoll, in der Bearbeitung ausschließlich Röhrenmonitore einzusetzen und alles auf den optimalen Bildeindruck bei Betrachtung mit einem Röhrengerät zu optimieren?
Mit der Projektion befasste sich Hubertus Beckmann von AV Lang, der das Thema DCI-konforme D-Cinema-Projektion vorstellte. Die Digital Cinema Initiative (DCI) hat in einem Regelwerk verschiedene Parameter festgelegt, die eine gleichwertige Präsentation von digitalen, hochaufgelösten Inhalten gewährleisten sollen. Es geht dabei unter anderem auch um die kalibrierte Bildreproduktion und Beckmann führte aus, dass einzelne Aspekte dieser Spezifikation durchaus kritisch zu sehen sind — und im Einzelfall kontraproduktiv wirken können. Beckmann zeigte einen Projektor, der die DCI-Spezifikationen erfüllt, den NC800 von NEC, den derzeit kleinsten und kompaktesten DCI-konformen Projektor auf dem Markt. Das Gerät schafft bis zu 8 m Bildbreite innerhalb der DCI-Vorgaben, bei denen auch eine gleich bleibende Lichtleistung gefordert ist, was der NC800 über eine Dauer von 1.500 bis 1.800 Betriebsstunden erreicht, in dem er entsprechend nachjustiert. Derzeit spielen die DCI-Spezifikationen noch keine große Rolle im Tagesgeschäft, obwohl der Trend zur digitalen Projektion hoch aufgelöster Bilder geht, was man auch daran ablesen kann, dass AV Lang 30 High-End-Projektoren im Verleihgeschäft hat. Hubertus Beckmann zeigte auch das in der DCI-Spezifikation vorgeschriebene Kalibriergerät, den PR-650 SpectraScan Colorimeter, der gemäß DCI bei jedem Projektions-Setup eingesetzt werden muss, um etwa die Abstrahlcharakteristik der Wände in die Kalibrierung mit einzubeziehen.
Sehr gut besucht war auch ein Programmpunkt, den der Veranstalter als »Panel« bezeichnete: Michael Ballhaus und Gerhard Baier diskutieren dabei mit dem Publikum über verschiedene Aspekte der digitalen Cinematographie. Das dort Gesagte deckt sich weitgehend mit dem, was Michael Ballhaus in einem Interview mit www.film-tv-video.de erläuterte, das Sie hier als separaten Artikel finden.