Hands-On: Canon Event bei CBM in München
Bei einem ersten Hands-On bei CBM hatte die Redaktion die Möglichkeit, die C80 im Vergleich zur Canon C400 in Augenschein zu nehmen. Erste Eindrücke.
Nachdem die Canon C400 (Testbericht hier) nun schon einige Monate auf dem Markt ist, stellte Canon die kleine Schwester Canon C80 auf der IBC vor. Neben dem Formfaktor sind die technischen Unterschiede minimal.
Eckdaten
Die C80 hat den gleichen 6K BSI-Sensor, das Triple Base ISO und den Dual Pixel Autofokus II wie die C400. Größte Unterschiede sind die Anschlüsse und dass bei der C80 lediglich auf SD-Karte aufgezeichnet wird, was die Datenrate bei Raw-Aufzeichnung beschränkt.
Auf dem Hands-on Event bei CBM in München mit Martin Bilic von Canon konnte ich die Kameras schon mal antesten und ein spontanes Interview mit der C80 über die wichtigsten Eigenschaften drehen. Aus Mangel einer V90 SD-Karte wurde das Interview mit einer V60-Karte aufgezeichnet, deshalb war die Aufnahme lediglich in 4K Raw und mit Sensorcrop auf S35 möglich.
Das Gehäuse der C80 wirkt wie eine sehr wuchtige DSLM, mit dem typischen Griff fest auf der linken Seite. Der Griff ist sehr groß, und für mittlere Hände ist es etwas unkomfortabler, als ich es von normalen DSLM-Kameras gewohnt bin. Allerdings hat Canon hier einen guten Kompromiss gefunden, denn das Gehäuse ist vollgepackt mit Funktionstasten.
Für eine DSLM ist das Gehäuse ungewöhnlich groß, für eine Cinema-Kamera ist es ungewöhnlich klein. Es kommt zwar stark auf das Objektiv an, aber mit dem getesteten Canon 24-105 F2.8 Objektiv oder einer Sumire-Festbrennweite ist die Kamera eigentlich zu schwer, um länger aus der Hand zu filmen. Kurze Aufnahmen können so sicherlich gemacht werden, aber sobald man längere Handkamera-Drehs hat und sich dabei auch noch bewegen muss, ist ein Rig fast schon obligatorisch.
Die Bauform einer DSLM ist der größte Unterschied zur C400. Letztere hat ein modulares Konzept, bei dem sich der Monitor und der Griff entfernen und frei platzieren lassen. Bei der C80 fehlt die Arri-Rosette für den Griff. Letzterer ist fest verbaut, und der Monitor ist fest mit dem Body verbunden. Der Monitor der C80 ist aber stabil und wackelt nicht, wie es bei der ersten Generation der C70 der Fall war. Die C80 ist übrigens nicht der Nachfolger der C70 (Praxistest hier), diese wird erst einmal weiterhin im Markt verfügbar bleiben.
Insgesamt macht die C80 einen stabilen und soliden Eindruck. Canon hat 13 Nutzertasten auf dem Body untergebracht. Auffälligster Unterschied des zur Verfügung stehenden Vorserienmodells war im Vergleich zur C400, dass es keine fest belegte Taste für die ISO gab. Stattdessen lässt sich die ISO auf eine der Nutzertasten legen – oder sogar aufteilen: eine Taste, um ISO zu aktivieren, und eine, um das native ISO durchzuschalten.
Wie bei der C400 kann im Menü der C80 eine Automatik eingestellt werden, die immer das rauschfreie Basis-ISO für einen gewählten Wert verwendet. Welches die Basis-ISO Werte sind, hängt vom gewählten Aufnahmemodus ab. Die Werte 800/3200 und 12.800 gelten nur, wenn in Raw oder Canon Log 2/3 aufgezeichnet wird.
Werden MP4-Container aufgezeichnet, verfügt die Kamera über ein eigenes System, in dem Metadaten Frame-genau mit aufgezeichnet werden. Diese können dann laut Canon mit der kostenlosen Software ausgelesen werden.
Eine kleine, aber wichtige Verbesserung gegenüber der C70 ist, dass es jetzt ein 1/4 Zoll- und ein 3/8 Zoll-Gewinde für eine Stativplatte gibt – und nicht nur einen Pin zum Fixieren wie bei der C70. Ein kleiner Nachteil könnte sein, dass die C70 eine nominelle Dynamik von 16+ Blenden hat und die C80 »nur« von 16 Blenden. Da diese Angaben aber wahrscheinlich nur sehr theoretische Werte sind und der nutzbare Dynamikbereich in der Realität niedriger ist, sollte dieser Unterschied kaum ins Gewicht fallen.
Vor allem bei den Schnittstellen bietet die C80 weniger als die C400. Es gibt einen 12G SDI-Anschluss, aber keinen zusätzlichen 3G-SDI wie bei der C400. Zudem fehlt der DIN-Anschluss für Genlock und ein Return-Signal sowie der 12-Pin-Anschluss, um mit entsprechenden Objektiven zu kommunizieren und sie mit Strom zu versorgen. Außerdem kann der PL-Mountadapter an der C80 keine Cooke-Metadaten übermitteln.
Für die Stromversorgung mit einem Netzteil sorgt bei der C400 ein Standard XLR-4Pin und bei der C80 ein Barrel Connector. Das Netzteil kann separat bei Canon erworben werden. Daneben fällt natürlich auf, dass sich die Anschlüsse auf der linken Seite des Gehäuses befinden, wie bei einer DSLM, und damit eigentlich auf der »falschen« Seite.
Das Display lässt ich zwar auch bei angeschlossenen Mini-XLR Kabeln noch vollkommen drehen, trotzdem sind hier Kabel im Weg, wenn man das Objektiv bedienen möchte.
Der optionale Audio-Adapter von Tascam CA-XLR2d funktioniert auch auf der C80 und kommuniziert über den Zubehörschuh. So können die internen Mini-XLR durch zwei Standard XLR-Anschlüsse auf der rechten Seite ersetzt oder ergänzt werden. Wer ohne den Adapter vier Kanäle aufzeichnen will, kann ein Stereo-Signal über die zusätzliche Mini-Klinke einspeisen. Der Kopfhörerausgang, HDMI und SDI können einem auf der linken Seite dennoch im Weg sein.
Wer den Tascam CA-XLR2d auf den Haltegriff montieren will und nicht auf dem eigentlichen Zubehörschuh am Gehäuse, muss dafür bei Canon einen Adapter kaufen, sodass mit der Kamera kommuniziert wird. Die Kabel sitzen bei diesem Setup ziemlich nah an den Nutzertasten, sodass die Bedienung etwas frickelig sein kann. Das gilt übrigens auch für die manuellen Pegelräder auf der Rückseite, aber die Pegelräder sind allemal besser, als den Pegel im Menü einstellen zu müssen.
Bei der Aufzeichnung gibt es nur einen kleinen Unterschied: Es gibt keinen CFexpress 2 Slot, nur zwei SD-Karten-Steckplätze. Mit V90 SD-Karten ist es nicht möglich, die Datenraten von 6k Raw Light in 60 FPS aufzuzeichnen, so gibt es in 6K nur 30 FPS in der LT-Variante von Raw Light und in 4K Raw die Optionen LT und ST. Dabei wird das Bild auf einen S35-Sensor beschnitten. Die HQ-Option bietet nur die C400.
Erste kurze Tests des neuen Dual Pixel-Autofokus sahen vielversprechend aus. Der Fokusbereich deckt jetzt das ganze Bild ab, und wenn Personen ins Bild kommen, erfasst der Autofokus diese früher. Die Optionen für Gesichtserkennung und menschliche Gestalten erfassen auch Personen von der Rückseite. Gerade in sehr dunklen Szenen in Raw Light zeigte sich aber das übliche Bild, dann fing der Fokus an leicht zu pumpen, wie im Video kurz zu sehen ist.
Aufgefallen ist mir auch noch, dass es jetzt die Möglichkeit gibt, zur Zeitlupe auch einen Ton aufzuzeichnen. Wenn mit mehr als 120 Bildern aufgenommen wird, also 180 in HD oder 2K, wird nicht mehr der volle Sensor für die Aufnahme genutzt. Das gilt natürlich auch für den elektronischen Bildstabilisator, der für die Stabilisierung in den Sensor croppen muss.
Heimlicher Star bei der Präsentation von Canon war das einzigartige 24 – 105 mm Zoom mit Blende 2.8 (Newsmeldung hier). Praktisch ist die Funktion, dass der Stopp und Start des Autofokus auf eine Taste oben am Objektiv gelegt werden kann, sodass schnell zwischen manueller und automatischer Fokussierung gewechselt werden kann, während man die linke Hand am Schärfering hat. Zwar läuft der Fokus auch über einen Motor, aber es kann im Menü eine lineare Übertragung der Bewegung eingestellt werden, sodass die Geschwindigkeit des Drehens keine Rolle mehr spielt. Trotzdem erfordert das Ziehen der Schärfe mehr Fingerspitzengefühl als bei einem manuellen Objektiv.
Das Objektiv hat ein parfokales Verhalten, das durch elektronische Korrektur ermöglicht wird. Zoomt man sehr schnell durch den Brennweitenbereich, scheint der Fokus kurz verloren zu gehen. Das kann aber auch eine Sache der Firmware sein und fällt kaum auf. Für einen Arbeitszoom für dokumentarische Aufgaben macht das Objektiv einen sehr guten Eindruck, vor allem wenn man es mit anderen fototypischen Varianten vergleicht.
Das Denoising lässt sich in verschiedenen Varianten auch für Raw in der Kamera einstellen. Eine Flickerfrequenz lässt sich mit dem Clearscan auch scannen, sodass automatisch die richtige Frequenz eingestellt wird. Die Multi Camera Control App, um die Kamera zu steuern und über Wi-Fi ein Bild zu empfangen, gibt es momentan nur für iOS, nicht für Android. Alte Akkus der BP-A30 und BP-A60-Serie lassen sich übrigens weiter verwenden. Bei der C80 aber mit der Einschränkung, dass der Smart Shoe verwendetes Zubehör nicht mit Strom versorgen kann. Und bei der C400 können der Zubehörschuh und der 12-Pin Anschluss für Objektive dann nicht mit Strom versorgt werden.
Fazit
Das erste Hands-on hat einige Erwartungen bestätigt und einige neue Einsichten gebracht. So ist der Formfaktor etwas gewöhnungsbedürftig, und auch wenn die C80 den Formfaktor einer DSLM simuliert, machen das merkbar größere Gehäuse und das Gewicht die C80 nicht zu einer Kamera, mit der so einfach aus der Hand gedreht werden kann. Ein kleines Rig ist auch für die C80 zu empfehlen.
Für die Größe ist die Kamera vollgestopft mit Tasten und Anschlüssen, was die Bedienung einzelner Funktionen etwas erschwert. Die Mini-XLR-Anschlüsse sind wie bei der C400 ein echter Wermutstropfen.
Der Preis ist ein guter Einstiegspreis, nicht nur für eine Kamera aus der C-Reihe, sondern auch im Vergleich zu den günstigeren Modellen von Blackmagic Design. Sieht man die Summe an Features, die geboten werden, ist die C80 durch den Autofokus, die Bedienung, das Vollformat mit interner Raw-Aufzeichnung und dem Tripple Base ISO ein gutes Angebot.
Ob die C400 den Aufpreis wert ist, hängt vor allem davon ab, ob man die zusätzlichen Anschlüsse und die modulare Bauweise benötigt.