Audio, Live, Ü-Wagen: 22.11.2022

Tonzauber: Rollende Tonregie

In seinen Ton-Ü-Wagen baute das Audiostudio Tonzauber ein Lawo mc²36 MkII Pult ein.

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Der Ü-Wagen von Tonzauber in Wacken.

Seit 1998 widmet sich Tonmeister Georg Burdicek mit dem von ihm gegründeten Tonstudio Tonzauber mit Sitz in Wien professionellen Klassikproduktionen, ist aber auch in anderen Musikgenres von Jazz bis Metal unterwegs. Das Unternehmen stellt dabei Technik und Dienstleistungen bereit. Seit dem Frühjahr 2022 nutzen Burdicek und sein Team einen eigenen Ton-Ü-Wagen, den er mit einem Lawo mc²36 MkII ausstatten ließ.

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Georg Burdicek in seinem Ton-Ü-Wagen.

»Einen Ü-Wagen zu bauen, war mein langgehegter Wunsch – aber ihn gerade jetzt zu bauen, lag an den Entwicklungen, die Corona ausgelöst oder beschleunigt hat. Plötzlich gab es Aufträge für viele Livestreams, die oft mit kurzen Vorlaufzeiten umgesetzt werden mussten. Das betraf selbst sehr aufwendige mobile Produktionen, die dann auch gleich fertig gemischt sein sollten«, so Burdicek. »Irgendwann habe ich mir gedacht: Ich mag das jetzt nicht mehr jedes Mal alles einpacken, irgendwohin fahren, wieder auspacken, dort aufbauen und dann noch in irgendeinem Raum sitzen und mischen müssen, einer Abstellkammer oder bei Open-Air-Veranstaltungen in einem Zelt!«

Gleichzeitig hatte Burdicek festgestellt, dass »bei den Kulturproduktionen, die ich in Österreich betreue, der Trend zu immer kleineren Fernseh-Ü-Wagen geht — weil man nicht mehr Budget als für fünf oder sechs Kameras hat.« Das gehe heute mit jedem besseren Sprinter, auch in 4K und HD. »Einziges Problem ist, dass dort keine Tonregie eingebaut ist — jedenfalls keine, in der ich ein Orchester abmischen möchte«, erläutert Burdicek.

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Platz, Ruhe, gute Akustik und Equipment auch zum Abhören und Mischen für anspruchsvollste Immersive-Audio-Projekte.

Unter dem Eindruck der aktuellen Anforderungen und seinem eigenen, professionellen Anspruch, entschied sich Burdicek somit Anfang 2021 dafür, seinen Wunsch zur Wirklichkeit werden zu lassen und einen eigenen Audio-Ü-Wagen zu bauen. »Zumal die Technik bereits vorhanden war, um die herum ich nur noch den Ü-Wagen bauen musste«, schmunzelt Burdicek.

Tonzauber, Logo
Seit 1998 aktiv: Das Tonstudio Tonzauber in Wien.

Nach ersten Entwürfen im April und dem Durchspielen verschiedener Möglichkeiten – von Anhänger über Kastenwagen – ging es im August an die Detailplanung eines Ton-Ü-Wagens auf Basis eines ausgewachsenen Lkws. Bereits im Oktober 2021 ging es in die Bauphase. Hier arbeitete das firmeneigene Tonzauber-Team mit Kollegen des TV-Dienstleisters Euro-TV zusammen, die bereits umfangreiche Erfahrungen beim Bau von Ü-Wagen sammeln konnten.

Burdicek setzt für die Zukunft auf IP-Technologie: »Unser gesamtes Fahrzeug basiert auf Ravenna, wodurch ich eine bisher im Broadcast-Bereich ungekannte Flexibilität erreiche. Meine kleinste Stagebox hat eine Höheneinheit und bietet acht Mikrofoneingänge, vier Line-Ausgänge und wird mit PoE gespeist. Damit eignet sie sich für den dezentralen Einsatz und kann lange analoge Multicores ersetzen«, so Burdicek. »Die granularen Stageboxen, aber auch zusätzliche Geräte wie der Prodigy.mp von DirectOut zur Übernahme von Madi- und Dante-Signalen inklusive Taktentkopplung lassen kaum Wünsche offen.«

Der Anspruch an die Abhörumgebung war hoch: Auf einem Lkw-Chassis wurde ein Aufbau mit einer sehr aufwendigen Akustik montiert, bei dem die äußere Hülle und der Innenraum komplett voneinander entkoppelt und mit einer 10 cm starken Dämmung versehen wurden. Der Innenraum wurde für »Immersive Audio« gestaltet, um bei Bedarf auch im Format 7.1.4 optimal Dolby-Atmos-fähig produzieren zu können.

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Produktionspult Lawo mc²36 MkII.

Aufgrund seiner Erfahrung mit Mischpulten verschiedener Hersteller und seiner Arbeit mit Lawo-Pulten in den vergangenen Jahren entschied sich Burdicek für ein Lawo mc²36 MkII Produktionspult. Mit seiner A-UHD-Core-Technologie bietet es 256 Processing-Kanäle, die sowohl bei 48 als auch bei 96 kHz verfügbar sind, womit auch große Orchesterproduktionen gemeistert werden können. Das All-in-One-Mischpult unterstützt nativ ST2110, AES67, Ravenna und Ember+. Mit einer I/O-Kapazität von bis zu 864 Kanälen und seinen lokalen Anschlüssen bietet das mc²36 MkII eine weitreichende Konnektivität, darunter 3 redundante IP-Netzwerkschnittstellen, 16 Mic/Line-Eingänge in Lawo-Qualität, 16 Line-Ausgänge, 8 AES3-Ein- und Ausgänge, 8 GPIO-Anschlüsse und ein SFP-MADI-Port.

Seinen ersten Einsatz meisterte der neue Ton-Ü-Wagen bereits im Mai 2022 beim »Fest der Freude«, einem Open-Air-Konzert der Wiener Symphoniker, bei dem Burdicek die Mischung der Live-Übertragung für den ORF produzierte. Weitere Übertragungen und Aufnahmen von Konzerten von renommierten Orchestern folgten, darunter das London Symphonic Orchestra mit Sir Simon Rattle, das Bruckner Orchester Linz beim »Gmunden Open Air« sowie eine Fernsehübertragung der Operette »Im Weißen Rössl« beim Sommerarena-Event aus dem Stadttheater Baden.

Tonzauber, Ü-Wagen, Pult
»Das ist eben ein großer Vorteil bei Lawo, da ich alles sehr schön und einfach beschriften kann, von der Farbkodierung unterstützt werde und vom neuen mc²36 MKII auch mit Logos und Symbolen arbeiten kann.«

»Die bisher größte und aufwändigste Produktion war die Aufführung der Oper ‚Nabucco‘ von Guiseppe Verdi bei ‚Oper im Steinbruch‘ in St. Margarethen im Burgenland. Dort hatte ich 128 Kanäle zu mischen – da muss ich mir schon das Pult sehr schön strukturieren können, um noch den Überblick zu behalten. Nur so weiß ich im Live-Konzert, was ich mache und wo ich im Problemfall schnell hingreifen kann, ohne nachzudenken. Das ist eben ein großer Vorteil bei Lawo, da ich alles sehr schön und einfach beschriften kann, von der Farbkodierung unterstützt werde und vom neuen mc²36 MKII auch mit Logos und Symbolen arbeiten kann. Also alles, was einfach die Übersichtlichkeit drastisch erhöht.«

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Bei der »Oper im Steinbruch« in St. Margarethen.

Dass der neue Ton-Ü-Wagen von Tonzauber keineswegs nur für Klassik geeignet ist, bewies Burdicek beim Metal-Open-Air in Wacken. Dort realisierte er die Konzertproduktion für einen Kunden beim »Wacken Open Air«.

»Ich habe das Fahrzeug zwar in erster Linie für Klassikaufnahmen gebaut – das heißt aber nicht, dass ich nicht auch andere Leute da hineinlasse. So ist das bei Wacken, wo ich mich darum kümmere, dass die Technik im Backend gut läuft. Der Kollege, der die Produktion mischte, kam mit eigenen vorbereiteten Plug-Ins auf seiner eigenen Hardware, die binnen weniger Minuten in unser System integriert werden konnte. Darin zeigt sich die Flexibilität meines Ton-Ü-Wagens – audiotechnisch gibt es praktisch keine Einschränkungen.«

»Klanglich bin ich sehr glücklich mit Lawo, weil das Pult keinen Eigenklang besitzt – es liefert einfach das, was es soll, und reagiert auf das, was ich will. Ich möchte keine großen Klangfärbereien, sondern das, was vor dem Mikro passiert und aus dem Mikro herauskommt, soll am Ende mit meinen Vorgaben auf der Summe landen – wie beim Lawo«, so Burdicek abschließend.