Kameratest: Ursa Broadcast G2 von Blackmagic
Die neue Broadcast-Version der Ursa bietet dank 6K-Sensor mehr Auflösung, mehr Lichtstärke und dual-native ISO.
Ergonomie und Bedienung
Allein durch den Formfaktor ist die Ursa Broadcast G2 schon mal gut für den Betrieb von der Schulter geeignet. Das Gesamtgewicht aus Body (3,55 kg), Sucher (695 g), Akku plus Objektiv bietet eine gewisse Stabilisierung bei Drehs auf der Schulter und aus der Hand. Das ist nicht unwichtig, denn Broadcast-Zooms verfügen meist nicht über eine Bildstabilisierung.
Mit dem Handgriff eines Broadcast-Zooms liegt die Kamera aus Sicht des Testers meist besser und stabiler auf der Schulter als mit dem optionalen Handgriff des Shoulder Mount Kits der Ursa Mini Pro G2. Der Handgriff lässt sich an der Schulterstütze zwar an mehrere Positionen festschrauben, dennoch war es für den Tester etwas schwer, eine wirklich bequeme Position zu finden: Wenn die Schulterstütze eine gute Balance auf der Schulter und eine entspannte Haltung mit dem Objektiv erlaubte, lag der Schwerpunkt sehr weit vorne und saß dann nicht zentral über der Schulter.
Dem kann man mit einem sehr großen Akku (im Test mit 190 Wh) entgegenwirken und damit eine ganz gute Balance erreichen. Allerdings trägt man dann auch relativ viel Gewicht: Da fühlt man sich dann fast wieder an die Zeit von klassischen, früheren EB-Camcordern mit angeschraubtem Recorder erinnert… Einen ganzen Tag von der Schulter so zu drehen, ist anstrengend.
Das grafische Einstellmenü der Kamera kann nur über das Display eingestellt werden, was die Bedienung komplett von der Schulter sehr schwierig und unkomfortabel gestaltet. Andererseits muss man ehrlicherweise beim Drehen auch nicht allzu oft das Menü aufrufen, das ist eher im Vorfeld des Drehs nötig. Hat man die wichtigsten Einstellungen vorher eingestellt, geht der Rest in der Regel mit den Dip-Schaltern.
Die Bedienelemente im vorderen Bereich der Kamera sind auch im Schulterbetrieb schon nach kurzer Übung blind bedienbar. Die Schaltelemente geben auch eine taktile Rückmeldung. Nur das Einstellen der Empfindlichkeit und des Weißwertes ist mit dem Dip-Schalter oft zu langwierig, da es vergleichsweise lange dauert, wenn man den Wert stärker verändern will.
Üblich ist bei fast allen gängigen Broadcast-Kameras und auch den meisten Cine-Kameras, dass man zwei Weißwerte auf Speicherplätzen legen und mit einem Schalter schnell zwischen diesen wechseln kann. Daran hält sich dieses Ursa-Modell nicht. Stattdessen muss man immer ins Menü oder mit dem Dip-Schalter in 50 Kelvin Schritten wechseln. Gerade beim dokumentarischen Drehen kann das schnell mal nervig werden.
Als Ausweg könnte man prinzipiell zwei Funktionstasten mit Weißwerten belegen, doch die insgesamt eher knapp bemessene Zahl von Funktionstasten wird meist schon für andere Funktionen benötigt. Belegt man Peaking und Zebra jeweils auf eine Taste, bleibt nur noch die HFR-Taste auf der linken Seite. Hier kann man zwar einen Weißwert festlegen, doch muss dieser zuerst im Menü eingestellt werden. Das funktioniert nicht über die Weißabgleichstaste. Diese muss für einen Weißabgleich drei Sekunden und damit unnötig lange gedrückt werden. Benutzt man ein unterstütztes Broadcast-Objektiv, kann allerdings die VTR- und Return-Taste am Objektiv noch mit anderen Funktionen belegt werden.
Die Schwarzweiß-Anzeige auf der Außenseite des Displays zeigt alle wichtigen Einstellungen in einem Fenster. Neben dem Timecode sind FPS, Shutter, Weißabgleich, ISO und Blende sichtbar, und man kann auch ablesen, wie viel Raum noch auf der Karte frei ist. Dazu sieht man auch noch den Audiopegel beider Kanäle.
Das Ausklapp-Display weist leider nicht sehr viel Bewegungsfreiheit und Flexibilität auf: Man kann es in der Aufklappposition nur um +/-90 Grad drehen und somit nach oben und unten ausrichten, aber nicht etwa komplett gedreht und im geöffneten Modus wieder in den Body reinklappen.
Ein weiteres Designdetail bleibt leider auch bei der Ursa Broadcast G2 bestehen: Die Lüftungsschlitze auf der Ober- und Unterseite der Kamera sind ziemlich groß. Gerade bei Regen scheint dies nicht gerade ein sehr praktikables Design zu sein, denn Wasser kann hier ins Innere der Kamera eindringen.
Die wichtigen Audioeinstellungen für die XLR-Eingänge befinden sich unter dem Display, die beiden Lautstärkeregler sitzen auf dem Display. Diese lassen sich zwar ganz gut einstellen, sind aber nicht abgedeckt und können bei der Handhabung versehentlich verstellt werden.
Das 4-Zoll-Display ist nicht schlecht, aber bei schwierigen Situationen und viel Umgebungslicht zu klein, um die Schärfe oder Belichtung wirklich beurteilen zu können. Es ist aber hell genug, um bei Außenaufnahmen und bewölktem Himmel die Belichtung noch gut beurteilen zu können. Das kleine Histogramm am unteren Bildrand gibt einem da zusätzlich etwas Sicherheit. Um die Belichtung auf dem Display besser beurteilen zu können, ist die Falschfarben-Darstellung vor den Aufnahmen noch eine Option.
Der Sucher eignet sich aber viel besser, um die Belichtung und Schärfe zuverlässig beurteilen zu können.
Um die Schärfe besser beurteilen zu können, gibt es eine Kantenanhebung in der Peaking-Funktion und farbige Linien mit den »Colored Lines« in Rot, Grün und Blau. Der Sucher bietet dazu noch zusätzlich eine Ausschnittsvergrößerung, die per Knopfdruck zugeschaltet werden kann. Auch das Peaking oder die Colored Lines können beim Sucher mit einer Taste zu geschaltet werden.
Die Automatikblende lässt sich über den Iris-Schalter unter dem Display aktivieren. Dabei wird aber keine Vollautomatik eingestellt, sondern die Belichtung der Szene mit der Blende so justiert, dass die Highlights nicht überstrahlen. Der Fokus-Schalter funktioniert ähnlich, wenn diese Funktion von der Elektronik des Objektives unterstützt wird. Eine brauchbare Autofokusfunktion für die Schärfe während der Aufnahme gibt es nicht.
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Seite 2: Ausstattung, Konzept
Seite 3: Sensor, Auflösung, Formate
Seite 4: Anschlüsse, Menü
Seite 5: Ergonomie, Bedienung
Seite 6: Lichtstärke, Bildqualität
Seite 7: Ton, Fazit