Kameratest: Sony A7SIII
Gleicher Sensor wie die FX6, aber fast 2.000 Euro billiger? Die A7SIII von Sony ist eine Vollformat-Systemkamera für Filmer, die auch optimal mit der FX6 kombiniert werden kann.
Praxis
Manchmal hat man Glück: Unmittelbar nach der ersten Testphase der A7SIII konnte ich direkt noch zwei Drehs mit der Kamera durchführen. Außerdem hatte ich die Sony FX6 mit dabei. Der erste Dreh war tagsüber, der zweite fand in der Nacht statt. Perfekte Ausgangsbedingungen also.
Das Setup bestand bei beiden Drehs aus der A7SIII und den Sony 24-70 f2.8 GM sowie 70-200 f2.8 GM OSS Objektiven.
Da ich keine 100p-Zeitlupen geplant hatte, reichte für die restlichen Aufnahmeformate eine SD-Speicherkarte. Konkret verwendet habe ich eine Angelbird 300 MB/s, aktuell kostet die 256-GB-Version um die 490 Euro. Für Verfolgungen zu Fuß und aus dem Auto war der Einhand-Gimbal Ronin RS2 mit RavenEye (Praxistest) dabei.
Die Kamera lief sowohl bei Tag als auch bei Nacht mit S-Log3, eine LUT-Vorschau lässt sich im Menü einstellen. Damit sieht man das Bild im Display oder Sucher dann im Rec.709-Farbraum, was besonders beim Nachtdreh extrem wichtig war, da S-Log3 schon extrem flach ausfällt.
Das Filmen in einem Log-Profil ergibt jetzt mit der A7SIII auch endlich Sinn: Durch die 10-Bit-Quantisierung und 4:2:2-Farbabtastung hat man genug Spielraum zur Verfügung, um die Bilder in der Postproduction zu gestalten. Warum ich mich beim Nachtdreh ebenfalls für Log entschieden habe, liegt an der im Vorfeld festgelegten ISO von 12.800: Dadurch ist das Bild so hell, dass sich der Nachteil von Log bei dunklen Szenen, nämlich ein Dynamikverlust, nicht so sehr zeigen sollte.
Augenfälliger, positiver Aspekt der A7SIII: der Sucher. Ich weiß noch, wie überrascht ich damals beim ersten Blick in den Sucher der GH5 war: kristallklares Bild, besonders im Vergleich zu den Suchern, die ich sonst so kannte. Einen ähnlichen Effekt erlebte ich beim Blick in den großen Oled-Farbsucher der Sony: Der Eindruck übertrumpfte meine damalige Euphorie. Damit kann man wirklich sehr gut arbeiten, Schärfe kontrollieren und Bildeindruck beurteilen.
Auch das Menü finde ich benutzerfreundlich, obwohl ich nicht ständig mit Sony-Kameras arbeite, kam ich sofort damit zurecht. Sehr hilfreich: Foto- und Videoeinstellungen sind jetzt besser als früher bei der A7S voneinander getrennt.
Was mir bereits am ersten Tag mit der A7SIII Spaß machte, war der Autofokus und vor allem die Arbeitsweise damit. Speziell bei unseren Drehs, bei denen es um Fahrräder und viel Bewegung ging, war das sehr hilfreich.
Neu ist im Bereich Autofokus etwa, dass man die Übergangsgeschwindigkeit und das Ansprechverhalten in mehreren Stufen einstellen kann. Der Fokusübergang bietet sieben Stufen, das Ansprechverhalten fünf. Dadurch lassen sich jetzt schön langsame und ruckelfreie Übergänge hinbekommen.
An eine ausschlaggebende Szene kann ich mich noch gut erinnern: eine Parallelfahrt zu unserem Protagonisten auf dem Rad. Er ist damit über eine Brücke gefahren, wir mit dem Auto nebenher. Zwischen uns und dem Rad waren immens viele Pfeiler und Pfosten, auch der Abstand zwischen uns hat sich stets geändert. Die erste Fahrt haben wir mit manuellem Fokus gedreht, die zweite mit Autofokus und Tracking.
Das Tracking hat durchgehend funktioniert, selbst wenn es durch einen Pfeiler mal kurz irritiert war, sprang es immer wieder zurück. Da wir mit einem Einhand-Gimbal drehten, war das natürlich extrem hilfreich.
Das Tracking ist sehr einfach einzustellen: Man wählt es einmalig oben im Display an, das Symbol dafür ist eine Hand, die auf ein Kästchen zeigt. Danach tippt man nur noch auf das zu trackende Objekt. Sollte der Fokus mal verloren gehen, kann man ihm durch erneutes Antippen an der richtigen Stelle wieder auf die Sprünge helfen.
Möchte man eine Fokusverlagerung durchführen, geht dies ebenfalls per Touchscreen — je nachdem, welche Parameter man eingestellt hat, schnell oder langsam. Das Erreichen des Fokuspunktes wird dann durch grünes Aufleuchten der Fokusbox signalisiert.
Natürlich konnte ich es mir nicht nehmen lassen, damit sozusagen einen vollautomatischen Kameraroboter zu bauen: Ich kombinierte also Ronin RS2 mit RavenEye-Tracking (automatische Objekterkennung des Gimbals, weitere Infos im Ronin-Test) mit dem Fokus-Tracking der Sony. Damit automatisierte also der Gimbal den Bildausschnitt und hielt das definierte Objekt in der Bildmitte, und der Sony-AF führte die Schärfe nach.
Das hat erstaunlich gut funktioniert: Ich konnte auf einer Brücke mit offener Blende neben dem Fahrrad her rennen, nah ran gehen oder mich zurückfallen lassen und den Rest der Automation überlassen. Letztlich hätte ich fast gar nicht mehr auf das Display schauen müssen, solange ich die Kamera weiterhin in Richtung des Radfahrers hielt — was bei einem komplizierten, unebenen Laufweg durchaus hilfreich wäre.
Übrigens funktioniert das Fokus-Tracking auch bei Über- oder Unterbelichtung noch erstaunlich gut.
Der kamerainterne Stabilisator arbeitet bei Aufnahmen aus der Hand sehr solide. Dadurch konnte ich auch viel mit langer Brennweite von 200 mm drehen, ohne ein Stativ aufbauen zu müssen. Lediglich beim Gehen hakte es etwas — hier liegt Panasonic mit dem Stabilisator der GH5 und der S1H noch vorne und schlägt im Vergleich auch andere Hersteller wie Canon. Mit rund 700 g ohne Objektiv ist die A7SIII relativ leicht und gewohnt kompakt: Sie ist nur minimal größer als ihre Vorgängerin.
Im Test haben wir ja mit den großen Sony-Objektiven gedreht und gerade mit dem 70-200 mussten wir eher das Objektiv führen als die Kamera. Auf dem Gimbal haben wir sie dann mit der Objektivschelle befestigt und weit nach hinten geschoben: da die Kamera relativ leicht ist, reicht sie sonst nicht als Gegengewicht zur Linse aus.
Eine so kompakte Kamera hat aber natürlich auch viele Vorzüge — und man kann ja auch viele andere, kleinere Objektive adaptieren. Trotzdem arbeite ich persönlich eigentlich lieber mit etwas bulligeren, »griffigeren« Kameras, wenn ich sie aus der Hand führe. Der Griff der A7SIII wurde im Vergleich zur Vorgängerin aber überarbeitet und ist etwas größer geworden — was mir durchaus zusagt.
Apropos Änderungen zum Vorgängermodell: Die A7SIII hat jetzt einen großen HDMI-Ausgang.
Über diesen Ausgang kann man die Kamerasignale etwa auch auf einen externen Recorder ausgeben und dort dann in 16-Bit-Raw mit 4K bis zu 60 fps aufzeichnen.
Das Thema Kameraüberhitzung hat Sony ohne Ventilator gelöst. Bei den während des Außendrehs herrschenden Temperaturen in Hamburg bestand ohnehin keine Überhitzungsgefahr, aber auch beim Testen in der warmen Wohnung und im Studio erschien nie eine Warnmeldung und Zwangspause.
Es gab während des gesamten Tests der A7SIII keine Überhitzungsabbrüche.
Natürlich stellen Nachtdrehs besondere Herausforderungen dar, wie in einem früheren Artikel ausgeführt. Wie schlägt sich die A7SIII in diesem Aspekt?
Rauscharme Bilder bei ISO 12.800 ohne offizielle zweite Base ISO lassen unter diesen Bedingungen natürlich erst mal aufhorchen. Ich habe also im Vorfeld des geplanten Drehs einige Testaufnahmen durchgeführt. Die Zusammenfassung: Ja, es gibt einen Unterschied zur 640er ISO. Etwas mehr Rauschen, leichte Artefakte durch die interne Rauschminderung. Aber, und das hat mich erstaunt, man erhält wirklich sehr brauchbares Material.
De facto haben wir von den drei Aputure-300-Leuchten, die wir dabei hatten, nur einmal eine benötigt.
Um vom typischen Sony-Look etwas abzuweichen, habe ich mit einer Leeming-LUT gearbeitet. Die drückt das ganze Bild etwas in Richtung wärmerer Farben, ähnlich wie man es eher von Canon-Kameras gewohnt ist.
Im Schnitt ließ sich das A7SIII-Material wunderbar mit dem der FX6 (Kameratest) matchen — kein Wunder, denn in beiden Kameras arbeiten zumindest sehr ähnliche Prozessoren und Chips. Da wir alle Kameras auf ISO 12.800 gestellt hatten, konnte ich das Material gut vergleichen.
Hier bestätigte sich die anfangs erwähnte starke Rauschminderung bei der A7S3, während das Material der FX6 in der Post noch entrauscht werden musste, denn dort hatte ich die Rauschminderung abgestellt. Dadurch ließen sich etwas mehr Details retten, während der Bildprozessor in der A7SIII das Material eher etwas enthusiastischer »glattbügelt«. Der Unterschied fällt nicht wirklich drastisch aus, aber er ist schon erkennbar.
Das Zusammenspiel zwischen A7SIII und FX6 beim Dreh war absolut problemlos, während die kleine Kamera eher auf dem Gimbal Platz fand, führten wir die FX6 öfter mit langer Brennweite aus der Hand.
Bei unserem fünfstündigen Nachtdreh habe ich nur zwei von vorsichtshalber fünf mitgenommenen Akkus in der A7SIII benötigt. Sony gibt eine Akkulaufzeit von 80 min mit Sucher und 95 min mit Display an. Außerdem: Auch über ein USB-C-Kabel lässt sich die Kamera mit Energie versorgen. Man kann entweder eine Powerbank anschließen oder mit einem Handy-Ladegerät direkt an die Steckdose gehen.
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