Kamera, Test, Top-Story: 12.11.2020

Kameratest: Canon C70

Die Canon-Kamera C70 wandert zwischen den Welten: Eine Videokamera der C-Serie im Gewand einer DSLM — Praxistest und Video.






Testmaterial mit der C70 von Canon.

 

Canon, C70, Kamera, © Sas Kaykha
Der Handgriff erinnert an eine DSLR.
Bildqualität

Da es die C70 ermöglicht, Dateien in 10 Bit und 4:2:2 aufzuzeichnen, erwartet man per se ja schon, dass es sich wohl um qualitativ hochwertige Bilder handeln dürfte. Diese Hoffnung wird nicht enttäuscht, aber mindestens ebenso eindrucksvoll ist die »Colorscience« von Canon. Die Farbwiedergabe der C70 passt perfekt in die hochwertige Farbwiedergabe der jüngsten Modelle der C-Serie von Canon.

Wenn man mit dem »großen« XF-AVC-Codec in All-I filmt, hat man zusätzlich noch den Vorteil von sehr flüssig laufenden Video-Files. Ich musste im Schnitt keine Proxys erstellen. In Premiere wurden die Thumbnails sofort angezeigt, während  es bei 4K-H.264-Files durchaus etwas dauert, bis alle geladen sind.

Canon, C70, Kamera, © Sas Kaykha
Die Farbwiedergabe der C70 passt perfekt in die hochwertige Farbwiedergabe der jüngsten Modelle der C-Serie von Canon.

Die C70 bietet keine Raw-Option, allerdings sollte man vielleicht nicht komplett ausschließen, dass Canon hier in Zukunft auf die Wünsche der Benutzer möglicherweise  eingeht … Da aber selbst viele größere, aufwändigere Produktionen mit höheren Budgets mittlerweile mit der Arri Alexa in ProRes drehen, fehlt eine Raw-Option aber vielleicht auch gar nicht wirklich. Bis auf einige Sonderfälle wird man wahrscheinlich auch gut ohne auskommen.

Apropos Arri: Der Dual Gain Output der C70 an sich ist keine vollkommen neue, unbekannte Entwicklung. Arri etwa nutzt diese Technik in seinen digitalen Kameras mit Alev-Sensor schon lange, das kann man hier auch auf der Arri-Website nachlesen. Vielleicht hat Canon das Grundprinzip von DGO also vielleicht gar nicht erfunden und nicht einmal exklusiv im Angebot — aber das in einer Cine-Kamera für 4.500 Euro umzusetzen, das hat Canon als bisher einziger Anbieter umgesetzt.

Canon, C70, Kamera, © Sas Kaykha
Ein sehr sauberes Bild liefert die C70 bis ISO 3.200.

Zurück zur Bildqualität: Das Grading des Materials verlief sehr einfach, der hohe Dynamikumfang ließ es fast immer zu, ein angenehmes Gleichgewicht aus nicht-ausgebranntem Himmel und rauscharmen Schatten zu schaffen, auch wenn es augenscheinlich keine vollen 16 Blenden Dynamikumfang sind, mit denen wir es hier zu tun haben.

Ein sehr sauberes Bild liefert die C70 bis ISO 3.200, ab 6.400 fängt es leicht an zu rauschen. ISO 12.800 sollte man unter vernünftigen Lichtverhältnissen auch noch entrauschen können.

Die C70 nutzt einen CMOS-Sensor mit Rolling Shutter. Dessen negative Effekte sind präsent, man kann sie auch provozieren. Besonders auffällig oder präsent ist diese Problematik in der C70 aber nicht, was wir gesehen haben, bewegt sich im absolut nutzbaren, tolerierbaren Rahmen.

Canon, C70, Kamera, © Sas Kaykha
Die C70 ist zwischen einem DSLM-Body und einer professionellen Cine-Kamera einzuordnen.

Das mitgelieferte RF-Objektiv bietet per se schon einen Stabilisator, der etwa beim längeren Filmen aus der Hand sehr sinnvoll ist. Mit dem zusätzlich eingeschalteten digitalen Stabilisator der Kamera wird das Bild noch stärker gepuffert. Kamerafahrten aus der Hand lassen sich also gut realisieren. Mehr Stabilisierung, aber auch die damit verbundenen Probleme im weitwinkligen Bereich, bringen Kameras mit stabilisiertem Chip. Wer mit der C70 dreht, wird aber für aufwändigere Fahrten wahrscheinlich ohnehin auf einen Gimbal zurückgreifen.

Canon, C70, Kamera, © Sas Kaykha
Die C70 füllt eine Marktlücke.
Fazit

Die C70 füllt eine Marktlücke, die bis jetzt leer geblieben war: Den Bereich zwischen DSLM-Body und einer professionellen Cine-Kamera.

Bisher schreckten die meisten Kamerahersteller davor zurück, diese eigentlich naheliegende Kombination anzugehen. Sie wollen eben ihre größeren, teureren Cine-Kameramodelle schützen. Seit aber Blackmagic mit Kameras wie der PCC 6K auf den Markt gekommen ist oder Panasonic mit einer Kamera wie der S1H, ist nun vielleicht (endlich) ein weiteres Feld für Kameras eröffnet — in dem eben auch Canon einen Marktanteil gewinnen und ausbauen will.

Wer regelmäßig dreht, aber erst mal nicht in all zu teures Equipment investieren kann oder will, wird sich über die neue Canon C70 definitiv freuen. Sie ist sofort einsatzbereit, weiteres Zubehör ist nicht unbedingt nötig. Bei anderen Kameras in dieser Preisklasse muss erst mal ziemlich aufgeriggt werden, um überhaupt ernsthaft arbeiten und realistisch drehen zu können.

Man muss kein Hellseher sein, um zu erkennen: Die C70 wird einen erklecklichen Marktanteil erringen.

Man muss kein Hellseher sein, um zu erkennen: Die C70 wird einen erklecklichen Marktanteil erringen. Ein so gutes Bild in einem so kompakten Body für diesen Preis  — das ist eine Kombination, bei der viele Kameraleute zugreifen dürften. Auch als B-Kamera im Zusammenspiel mit der C300 Mark III oder C500 Mark II bietet sich die C70 an, da sie wunderbar auf Gimbals montiert oder an engen Orten verwendet werden kann. Durch den RF-Mount kann man auch kompakte Objektive adaptieren und die C70 fast auf DSLR-Größe halten.

Wünschenswert wäre in meinen Augen eigentlich nur noch ein anamorphotischer Crop … Und in Sachen Raw bin ich gespannt.

 

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