Kameratest: Canon C70
Die Canon-Kamera C70 wandert zwischen den Welten: Eine Videokamera der C-Serie im Gewand einer DSLM — Praxistest und Video.
Praxis
Die Software der C70, die wir im Test verwendeten, befand sich auf dem neuesten Stand, es handelte sich aber in puncto Hardware um ein Vorserienmodell. Möglicherweise haben sich kleine Änderungen in der Serienproduktion ergeben und es gibt eventuell kleine Abweichungen bei den Geräten, die im Handel verfügbar sind. In aller Regel ist das aber nicht der Fall.
Neben dem etwas klobigen Top-Handle liegt der Kamera auch eine seitliche Handschlaufe bei. Mit dieser habe ich die Kamera ohne Probleme auf einem Spaziergang mit mir herumgetragen.
Mit dabei war das Canon RF 15-35 2.8. Das ist ja nicht gerade ein kleines Objektiv, aber in der Kombination mit der C70 konnte ich problemlos handheld filmen, die Ergonomie stimmt — zumindest für meine Hände. Bei den RF-Objektiven kann man selbst entscheiden, welche Funktion man auf den vorderen Drehring legen will: so stehen etwa Blende, Weißabgleich oder ISO zur Auswahl. Das Ganze funktioniert leider nicht ohne Klicken, was ich einfach mal als Sicherung wegen der exponierten Lage des Rings betrachte.
Insgesamt findet man sich gut zurecht und kann relativ schnell alle Funktionen blind bedienen. Da ich alle Modi mal durchtesten wollte, habe ich mir auf einen Fn-Knopf die HFR-Option gelegt.
Der HFR 120P Modus läuft allerdings nur in Long-GOP, somit muss man dies auch immer umstellen. Aber dennoch ist dieser Shortcut schlau, denn im HFR-Modus kann man ab 60p die Zoom-In-Funktion nicht mehr benutzen, um die Schärfe zu beurteilen. Somit konnte ich bei höheren Framerates über den Fn-Knopf schnell auf 25p umstellen, um den Zoom zu nutzen. Dieser funktioniert übrigens auch bei laufender Aufnahme.
Es stehen zwei Peaking-Einstellungen zur Verfügung. Wählt man hier eine andere Einstellung als Weiß, etwa Rot, färbt sich das ganze Bild immer ganz leicht in dieser Farbe ein.
Die Audioabteilung ist hinter dem Display versteckt. Hier kann man wie gewohnt die Audioeingänge pegeln. Über den Audio-Status-Knopf kommt man direkt in ein Menü, in dem man sieht, welcher Kanal wie belegt ist, und man kann dies rasch und einfach ändern. Die Rückseite der Kamera erinnert insgesamt stark an die 5D. Allgemein hat man den Eindruck, so etwas wie eine etwas größere 5D in der Hand zu halten.
Insgesamt wirkt die Kamera wertig, bis auf einen Aspekt: Das Display hat, wenn es zugeklappt ist, leider etwas Spiel im Gehäuse. Das verursachte zwar keine Probleme, aber es fühlt sich nicht gut an.
Neben den ganzen Markierungen, die man sich über das Bild legen kann, fand ich im Menü auch einen anamorphotischen Modus mit 1.5x und 2x Entstauchung. Die Kamera hat aber gar keinen 4:3 Modus — es bleibt also spannend, ob sich hier in kommenden Updates noch etwas tut. Vielleicht ein 4:3-Sensorcrop wie bei der Blackmagic PCC 6K (Test) ?
Als Karte stand mir eine Lexar 64 GB V90 300 MB/s zur Verfügung. Das Zusammenspiel mit der Kamera funktionierte aber leider nicht zu 100 %. Besonders bei HFR und normalen Aufnahmen gemixt, brach die Karte öfter die Aufnahme ab. Eventuell war das nur bei dem verwendeten Vorserienmodell der Fall, denn die Karte besitzt eigentlich die nötige Geschwindigkeit.
Gespeist wurde die Kamera in unserem Fall von einem BP-A30 3100 mAh Akku. Dieser wird übrigens auch von vielen weiteren Modellen der Cinema-Line genutzt. Nachdem die 64-GB-Speicherkarte gefüllt war (19 min im XF-AVC-Modus), zeigte die Akkuanzeige keinerlei Veränderung. Canon gibt für diesen Akku eine Laufzeit von 200 Minuten an.
Der Autofokus hat eine Gesichts-Tracking-Funktion, die — solange es nicht gar zu dunkel ist — hervorragende Dienste leistet. Die Tracking-Funktion ist neu in Canons Cinema-Linie, sie wurde zuerst in der 1DX Mark II angeboten. Dahinter steckt ein Deep-Learning-Algorithmus, der im Zusammenspiel mit dem AF-System Gesichter verfolgt und Köpfe auch dann weiter scharf hält, wenn sich die Gesichter abwenden. Auch wenn eine Person kurz aus dem Bild verschwindet, springt das Fokuskästchen sofort wieder zurück auf das Gesicht, sobald es wieder im Frame ist. Der Autofokus deckt bei der C70 rund 80 Prozent des Bildes ab. Ein paar Autofokustests sind im eingefügten Video (auf der nächsten Seite) zu sehen.
Ansonsten hat mich bei Sonnenlicht lediglich die Abwesenheit eines Suchers gestört. Auch ist man dadurch geneigt, die Kamera öfter in Bauchhöhe zu halten (das Red-Camera-Syndrom).
Einen lustigen Nebeneffekt habe ich im Praxistest im Zusammenhang mit der Lüftung der C70 festgestellt: Hält man die rechte Hand in Arbeitsposition, zielt der Luftstrom direkt in deren Richtung. Handheizung im Winter oder schwitzige Hände im Sommer vermeiden: das liefert die C70 gleich mit. Ein anderer, letztlich viel wichtiger Aspekt: Die C70 hat einen Ventilator und in der Folge gab es keinerlei Thermo-Limit.
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